Einmal ist immer das erste Mal

Das kostenintensive Fest des faulen Fettes (für ganz Blöde: Weihnachten) steht mal wieder vor der Tür und was macht meine Waschmaschine? Madame beschliesst nach all den Jahren unserer soliden Beziehung einfach mal, von einem empörten Brummton begleitet, abzurauchen. Damit hat mich das Biest ohne mit der Wimper zu zucken zu einem längeren Aufenthalt in der Weichspülerduft-geschwängerten Luft eines Waschsalons verdonnert. Vielen Dank auch…
Da aber Rumzetern bekanntlich nur Energie verbraucht und keinesfalls die Macht besitzt Geschehenes ungeschehen zu machen, habe ich mich vergangenen Samstag das erste Mal in die Zentrale des Kleingelds und der zerplatzten Träume gewagt. Bisher war ich immer nur in respektvollem Abstand mit dem Auto an der Wäscherei vorbeigefahren. Manchmal musste ich allerdings an einer roten Ampel gleich auf Augenhöhe stehenbleiben und war so gezwungen einen Blick in die fahlen Gesichter der Wäsche-faltenden Hungerleider zu werfen.

Da gibt es diese käsigen Hausfrauen, die stoisch das x-te Mal männliche Unterhosen falten, gefangen in einem niemals endenden Kreislauf von Waschen, Trocknen, Falten und wieder Waschen, während ihr treusorgender Ehegatte nach einem harten Tag auf dem Bau das Geld für eine Waschmaschine mit den Kollegen verzecht. Ich glaube, es gibt auf diesem Planeten nur ausgesucht wenig Tätigkeiten, die an die kostbare-Lebenszeit-verschwendende Sinnlosigkeit von Unterhosenfalten heranreichen. Mir hat zumindest noch nie jemand gesagt „Kompliment, heute liegt ihre Unterhose aber besonders glatt an ihrem Gesäß an!“

Demgegenüber nur so strotzend vor Motivation und Lebensfreude wuseln auch immer einige Erstsemester durch die Waschküche und genießen ihren Aufenthalt als Teil des studentischen Lebensgefühls. Da sie sich noch Lichtjahre vom unbarmherzigen Arbeitsmarkt entfernt wähnen, lächeln sie unentwegt und freuen sich auf das abendliche Wegschädeln. Die Wasch- und Trockenzeit nutzen sie durch emsiges Schmökern in furchtbar bahnbrechender Literatur, über welche sich später beim kühlen Bier noch bahnbrechendere Gespräche führen lassen…

An diesen Hort des sozialen Abschaums hatte es mich also verschlagen, doch ich beschloß die Prüfung erhobenen Hauptes durchzustehen. Und es half ja auch nichts: Wer vögeln will, muss nach Kuschelweich riechen.
Zunächst war ich verblüfft ob der Größe der Maschinen und fragte mich, ob sie vielleicht so konzepiert waren, dass man die zu reinigenden Kleidungsstücke einfach anbehielt und in der Trommel platz nahm. Coole Idee eigentlich, nur der Drehwurm wäre enorm. Da ich zu den Leuten gehöre, die im Phantasialand auf der Krake gekotzt haben, verdrängte ich die Vorstellung jedoch schnell wieder.
Als ich dann meine Wäsche in die Maschine verfrachtet hatte, vernahm ich rechts neben mir ein leises Fluchen. Da stand ein entrüsteter Student vor einem Automaten, der über einen kleinen Ausgabeschacht Waschmittel absondern konnte. Doch anscheinend hatte eine leichte Fehlfunktion dafür gesorgt, dass sich der angepisste Kunde nun lamentierend weißes Pulver von der Hose klopfen durfte, welches immer noch teilweise in Form einer kleinen Wolke vor ihm in der Luft hing. Der Apparat spotzte derweil noch ein wenig blächern vor sich hin, was  wie das asthmatische Lachen eines neunzigjährigen Opis klang.

Amüsiert grinsend beglückwünschte ich mich dazu, dass ich wohlweisslich mein eigenes Waschpulver mitgebracht hatte. Leider offenbarte sich mir zu diesem Zeitpunkt keine Möglichkeit die Maschine damit zu befüllen. Wo war denn nur diese scheiss Einfüllschublade?
Plötzlich meinte eine mütterlich-besorgte Studentin zu meiner Linken: „Du musst erst hinten am Automaten Geld einwerfen und die richtige Nummer wählen, sonst läuft der Trockner nicht.“
„Ah, gut…vielen Dank“, stammelte ich und kam mir mit einem Mal nicht mehr ganz so weise vor. Durch ein lautes Räuspern bedeutete ich der Frau, dass ich jetzt alleine klar käme und wartete geduldig bis sie aus meinem Sichtfeld verschwunden war. Dann räumte ich peinlich berührt meine Wäsche aus der vermeintlichen XXL-Waschmaschine in eine handelsübliche Schleudertrommel im hinteren Teil des Raumes und begab mich zum „Hive-Mind“. Und nachdem das dreiste Verarsch-Panel aus dem 2.Weltkrieg meine ersten Münzen ohne erkennbaren Effekt geschluckt hatte, konnte ich dann mit weiteren 2,50 Euro Maschine 23 aus dem Kollektiv dazu bewegen ihre Arbeit aufzunehmen.

Leise nörgelnd begab ich mich daraufhin zur Fensterfront, wo sich die einzigen Sitzmöglichkeiten befanden. Aus dem Augenwinkel konnte ich erkennen, dass sich so richtig lässige Studenten im Ninja-Schneidersitz auf die Waschmaschine setzen, um dort, gelegentlich mystisch um sich blickend, ihre Reklam-Heftchen zu studieren.

Um meinen Aufenthalt im sozialen Brennpunkt „Waschküche“ jedoch voll auszukosten, setzte ich mich tapfer auf den Präsentierteller, namens Panorama-Fensterscheibe. Irgendwie erinnerte mich die Lokalität an diese „Nutten-Schaufenster“ in Amsterdam, mit dem kleinen Unterschied, dass mir wohl niemand mit einem Ständer in der Hose dabei zuschauen würde, wie ich meinen mitgebrachten Oxford World Classic Roman lese. Oder doch? Es gibt ja für alles den passenden Perversen…

Ich habe dann aber recht schnell mein Buch zur Seite gelegt, weil es für mich als Abschaum-Neuling einfach zu viel zu begaffen gab. Das fing bei den lustig bemalten Studentendrahteseln an, die draußen an der Scheibe angelehnt waren (jeder mit einer schmückenden Plastiktüte auf dem Sattel, damit nach einem Regenguß das zukünftige Elite-Popöchen nicht naß wird) und hörte irgendwo bei den Waschküchen-Ninjas wieder auf.

Irgendwann war dann meine Wäsche auch fertig und ich konnte sie endlich in den Supertrockner befördern. Das Warnschild mit diversen Katastrophenschilderungen, die immer mit einem brennenden Waschsalon endeten, führten jedoch dazu, dass ich meine teilweise aus Wolle bestehende Wäsche nicht heiß genug und damit gleich dreimal trocknen durfte. Ich verbrachte die Zeit damit auf die hypnotische Drehtrommel des Trockners zu starren und dabei meinen sexuellen Phantasien freien Lauf zu lassen:

Da war dieses brünett-gelockte Vollweib, welches schwitzend vom Joggen den Laden betreten hatte, um sich nun gleich vor Ort ihrer Sport-Klamotten zu entledigen und splitternackt auf deren Säuberung zu warten. Dabei saß sie stöhnend auf der rappelnden Waschmaschine und fieberte dem Schleudergang entgegen. Während sie ihre Wäsche dann trocknete, schleuderte ich sie noch ein wenig durch die Gegend…

Schließlich entnahm ich dann die immernoch leicht feuchte Wäsche dem Trockner und stapfte nach einem 6,50 Euro Waschsalon-Besuch leicht genervt zu meinem Auto zurück. Heute ist, Gott sei Dank, meine neue Waschmaschine geliefert worden und ich habe mich gefreut wie ein Schneekönig. Wie man Sachen doch neu zu schätzen lernt, wenn man sie mal kurz entbehren mußte. Da fällt mir ein, dass ich es schon lange keiner Frau mehr auf einer Waschmaschine besorgt habe. Zumindest kann so ein Besuch im Waschsalon auf Grund der Langeweile-verdrängenden Kompensations-Serotoninausschüttung im Hirn durchaus „inspirierend“ wirken…

Über Thilo (1210 Artikel)
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