Entenparty mit Zombies

Es gibt doch eigentlich nichts Schöneres, als Samstags aufzuwachen mit der vergnüglichen Aussicht abends auf einer wilden Wohnheimsparty geladen zu sein, die sich über drei Etagen und den Garten erstrecken soll. So zumindest lautete das Versprechen meines Lieblingspärchens, Lady Xtown und Anhang, die mich zu diesem Zwecke gegen halb neun mit ihrer Ente aufzusammeln gedachten.

Am Arsch…!

Was jetzt folgt, liest sich wie das Drehbuch zu Final Destination 4 und ist nichts für schwache Gemüter. Sollten sie ihr Kind in just diesem Augenblick am Rechner beim Lesen dieses Artikels erwischen, greifen sie sich den nächstbesten stumpfen (wichtig, nicht spitz, hier liegt der Teufel im Detail!) Gegenstand und strecken sie es damit nieder. Eine Gehirnerschütterung ist nichts gegen die irreparablen Psycho-Schäden, die durch ein Weiterlesen verursacht werden könnten.

Ok, ganz so schlimm war es natürlich nicht und als Freund des Makabren finde ich ja bekanntlich immer etwas Amüsantes an überraschenden Wendungen, wenn sie sich auf der Katastrophen-Skala im noch akzeptablen Bereich bewegen.

Die erste „Wendung“ des Abends sollte uns gleich auf der Hinfahrt zur Party ereilen. Dass eine Ente unter einer Zuladung von 4 Personen und 2 Kästen Bier durchaus mit dem kompletten Unterboden auf der Strasse aufsetzen könnte, liegt rein theoretisch betrachtet im Bereich des Möglichen. Viel spassiger ist es natürlich sich erstmal in die Karre zu quetschen und dann auf halber Strecke zu realisieren, dass die lauten Schleifgeräusche nicht vom Tinitus oder aus dem Radio kommen, sondern von der Ermüdung des Materials künden…. Ohnehin schon eine Frechheit von der Karre nur auf der rechten Seite, wo „Karmataxi“ und ich saßen, mehr als empörte Laute von sich zu geben. Es hatte fast schon etwas Cartoon-artiges, als wir uns in Linkskurven auf die Lady und ihre bessere Hilfe warfen, um keinen Funkenregen auf der Strasse zu erzeugen.
Aus der Warmduscher-Angst heraus es mit dem heiligen Gerstensaft nicht mehr bis zur Party zu schaffen, beschlossen wir, dass Karma und ich zu Fuß weitergehen durften. War aber halb so wild, da wir uns beim Schlendern unseren American Dad-Fanboy-Status eingestanden und uns so bis zur location der Party voran lachten.

Kommen wir zur zweiten unerwarteten „Wendung“ des Abends. Natürlich beschränkte sich die rauschende Party auf eine winzige Wohnung mit ebenso winzigem Suizid-Balkon für mutige Raucher. Da wurde irgend ein Typ, den ich noch nichtmal kannte 30, und hielt es für eine prima Idee einfach jedem geladenen Gast aufzutragen noch viele Freunde und ebenso viel Bier mitzubringen. Klar, wenn ich in einem Palast wie dem seinen wohnen würde, hätte ich vermutlich das Selbe gemacht. Auf dem arschkleinen Balkon zusammengefercht scannten wir dann die übersichtlich aufgereihte Horde mediumprächtiger Gäste. „3 Chicks sind ok, der Rest ist alptraumhaft“ war schnell der Konsenz. Besonders die Herren der Schöpfung setzten sich aus derart blassen und langweiligen „In-der-Ecke-Rumstehern“ zusammen, dass man sich wie auf der Casting-Party zu Michael Jacksons Thriller vorkam.

Richtig funny waren auch die Schildchen, die sich jeder Neuankömmling auf die Brust pappen sollte. Eingedenk meiner wallenden Haarpracht hatte ich mich schnell dafür entschieden an diesem Abend Vin Diesel zu sein. Spätestens nach dem dritten „Ej, das passt, Vin Diesel hat auch keine Haare“ hinterfragte ich meine Entscheidung aber nochmal kritisch. Die meisten Partygäste waren eben nicht nur wegen den illegalen Substanzen, die im Nebenzimmer konsumiert wurden, sehr … zombiehaft. Ich finde den Vergleich passend, denn diese Sorte wankender Volltrottel sagt auch immer das Selbe: „Braiiiiiin…“ Außerdem möchte man mit ihnen nicht näher assoziiert werden und meint durch die Aura der Langeweile einen intensiven Würgereiz in sich aufsteigen zu spüren.

Über die verzweifelte, flachbrüstige Journalistin, die sadistische-bekloppte Lehramtsstudentin oder die anderen albernen Gestalten der Party verliere ich deswegen besser überhaupt keine Worte. Diese gnadenlose Zurschaustellung menschlichen Versagens ließ mich erneut den Stachel meiner Fernbeziehung in der Seele spüren.

Irgenwann blickten sich die Lady, ihr Freund und ich frierend auf dem Balkon an und einer von den beiden meinte „Ob wir das durchstehen?“
Mit einem stoischen und todesverachtenden Blick sagte ich zu den beiden „klar irgendwie schaffen wir das schon“, während sich gleichzeitig ein Bild von unseren Eltern oder Großeltern in meine Gedanken mogelte, wie sie mit Dreck und Tarnfarbe beschmiert in einem Schützengraben das selbe Gespräch führten…

Durch diesen frappierenden Kontrast ermutigt, die Situation tatsächlich meistern zu können, schulterten wir uns einen Weg in die Küche frei, stopften uns mit Nudelsalat und Wodka-Wackelpudding voll und verließen die Party fluchtartig in Richtung Parkplatz. Einer Party, auf der der attraktivste Ort das Klo ist, kann man, glaube ich, getrost den Rücken kehren.

Gott sei dank hatte die Lady ja noch 2 Kästen Bier im Kofferraum stehen und auch die Musik war in der Ente deutlich besser. Ich hatte zudem noch ein Chipssortiment von der Party mitgehen lassen und gab mich nun zu Elvis Presley meinem Bier-Fressflash hin. Irgendwann konnte ich jedoch das Zeug nicht mehr sehen und plazierte die beinahe leere Packung auf dem Dach des Nachbarautos. Als diese dann von einem Windstoß emporgewirbelt die restlichen Chips auf der Strasse verteilte, lachten wir hysterisch los wie 3 Teenager aus einem Softporno, die Sascha Hehn dabei beobachtet haben, wie er auf einer Bananenschale ausrutscht. Mir war klar: So lachen und abgehen wegen einer davongewehten Chipspackung kann man auch nur auf Grund von akutem Sauerstoffmangel in einer zugequalmten Ente und einigen Promille. Alles in allem war die übersichtliche Einzimmerwohnung in der Ente jedoch wesentlich geräumiger und bequemer als die Zombie-Stehparty nur wenige Meter entfernt.

Wir beendeten schließlich den Abend damit das Dach der Ente zu öffnen und trunken in die Sterne zu blicken, während die Lady bemüht war mit ihrem neuen Fotohandy möglichst alberne Schnappschüsse von uns zu machen. Was mal wieder beweist: Alles was man zu einer gelungenen Party braucht sind die besten Freunde und einen (mehrere) Kasten Bier…

Über Thilo (1196 Artikel)
Hi, ich bin der Gründer dieses bekloppten Blogs. Außerdem Realitätsflüchter, Romantiker, Rollenspieler, Gamer, Fantasynerd, Kneipenphilosoph und hochstufiger Spinner. Manchmal jogge oder schwimme ich, doch meistens trinke ich Bier.