Filmkritik: Escape Plan – Möchtegern-Retro-Action mit Opis
4 von 10 sadistischen Aufsehern
Da steht auf einem Filmplakat Sylvester Stallone und Arnold Schwarzenegger und schon schlägt mein Herz als Kind der 80er höher. Tatsache ist jedoch, dass die 80er schon lange her sind und „Sly“ und „Arnie“ mittlerweile zu faltigen und grauhaarigen Rentnern geschrumpelt sind. Bei einer solchen späten Liaison der Action-Ikonen, über die vor 20 Jahren alle noch gejubelt hätten, kommt dann eben kein „Terminator meets Rambo“-Flair mehr auf, sondern eher der Gedanke, dass man aufhören sollte, wenn es am schönsten ist. Denn wie uns bereits Indiana Jones 4 gezeigt hat, muss man bei einem „Film mit Opi“ einfach Abstriche machen.
Trotzdem gibt es natürlich in Escape Plan für Fans der beiden Kanten einige markige Sprüche und den verblichenen Glanz einstiger Blockbuster-Helden. Regisseur Mikael Hafström tut wirklich alles, um seine beiden für ihr Alter noch ansehnlich muskulösen Hauptdarsteller ins beste Licht zu rücken, da kann man nicht meckern. Es ist eher Hafströms Missachtung jeglicher Logik, die den Film die meisten Bewertungspunkte kostet. Das fängt schon bei der fragwürdigen Prämisse des Films an:
Ray Breslin (Stallone) ist eine Art Ausbrecherkönig, der sich von Berufswegen in Hochsicherheitsgefängnissen einsperren lässt, um bei einem spektakulären und im Prinzip fast unmöglichen Ausbruch die Mängel der Anlage aufzuzeigen. Doch was beweist es, dass Breslin, der scheinbar eine Mischung aus Macgyver und Batman ist, aus einem Hochsicherheitsgefängnis ausbrechen kann? Genau, nichts! Höchstens, dass es 99,9% der normalsterblichen Knastis nicht schaffen würde und der Bau somit im Prinzip Ausbruch-sicher ist.
Nur passend, wie ich fand, dass der freiheitsmüde Breslin dann von einem Geschäftspartner verraten und ohne Sicherheitsleine im neuen und auf dem Meer schwimmenden Superknast “Das Grab” weg gesperrt wird, welches ironischer Weise auch noch nach Breslins eigenen Verbesserungsvorschlägen gebaut wurde. Doch mithilfe eines ebenfalls überdurchschnittlich begabten Mitgefangenen namens Emil Rottmayer (Schwarzenegger) gelingt natürlich auch hier wieder mittels Glück und absurder Tricks der Ausbruch und die beiden Testosteron-Bomben können sich am Strand gegenseitig auf den Rücken hauen. Ne, is klar soweit.
Trotzdem möchte ich den Film nicht vollkommen verteufeln, denn für alle, die eine nostalgische Schwäche für Knastfilme haben, wird nach bewährter Formel Unterhaltung geboten. Wie bei früheren Vertretern des Genres, wie z.B. Fortress mit Christopher Lambert von 1993, gibt es wieder zu Unrecht eingesperrten Helden, die versuchen aus einer von Menschenhand geschaffenen Hölle auszubrechen oder bei dem Versuch zu sterben. Diese an „Survival Horror“-grenzende Handlung allein ist schon unterhaltsam genug. Und natürlich dürfen dabei auch der sadistische Gefängnisdirektor und seine gewissenlosen Handlanger-Wärter nicht fehlen, die für die notwendigen Folterszenen und die Missachtung jeglicher Menschenwürde sorgen. Im vorliegenden Streifen hält Oberhaupt Hobbs seine Gefangenen in entwürdigenden Glaskästen gefangen, während er in seinem Büro eine Sammlung von ausgestopften Schmetterlingen in kleineren Glaskästen pflegt. So viel sadistischer Wahnsinn muss schon sein.
Da es sich in den meisten Knastfilmen beim Gefängnischef ohnehin um eine Art Oberteufel und beim Gefängnis um eine Art Hölle handelt, wundert es mich, dass noch niemand den ultimativen Gefängnisausbruchsfilm gedreht hat: Dante z.B. (oder sonst wer) bricht aus der sprichwörtlichen Hölle aus. Gerade die „räumliche“ Distanz dürfte interessant werden bei dem Versuch aus dem Jenseits zurück in die Welt der Lebenden zu kommen. Gibt es so einen Film vielleicht schon?
Fazit: Auf Bluray oder DVD lässt sich Escape Plan, gerade für Fans des Knast-Subgenres, durchaus einmal genießen. Besonders, weil die anfänglich erst langsam Fahrt aufnehmende Handlung gegen Ende zumindest actiongeladener und blutiger wird. Jedoch sollte niemand eine Art lang ersehntes Zusammenspielen von Action-Legenden erwarten. Das wurde im Rahmen von Stallones Expendables schon deutlich besser auf die Leinwand gebracht.