Ich wünschte ich hätte Wonder Woman 1984 nicht gesehen
3 von 10 unüberlegten Wünschen
Als Familienvater schmeißt man nicht einfach so wertvolle Freizeit aus dem Fenster. Doch ich fürchte, die zweieinhalb Stunden Lebenszeit bekomme ich nicht zurück.
Ich hatte im Vorfeld schon viel Negatives über Wonder Woman 1984 gehört. Doch natürlich wollte ich mir selbst ein Bild machen. Da der erste Teil dank einer reizenden Gal Gadot sehr solides Popcornkino war, konnte der Nachfolger im Vergleich doch nicht so viel schlechter sein, oder?
“Halte meine Ahoi-Brause”, dachte sich da wohl die Regisseurin Patty Jenkins, “DAS kriege ich hin!”
Im Vergleich zu Wonder Woman 1984 wirkt Justice League wie DCs Endgame. Doch das Schlimmste daran ist: Gegen diesen Haufen unlogischen und unzusammenhängenden Schlonz waren selbst meine Bierhumpen mit Met-Einspritzung absolut machtlos.
Machtlos ist ohnehin die ganze Inszenierung.
Und das, obwohl ein Superheldenfilm, der in den 80ern spielt, so viel Potenzial gehabt hätte.
Bekommen wir passende musikalische Untermalung durch den geschickten Einbau einiger 80er Kult Hits? (Zack Snyders Watchmen von 2009 wäre da eine gute Vorlage gewesen.)
Nö, Fehlanzeige. Wieso auch so einfache Mittel nutzen, um Atmosphäre aufzubauen? Und auch sonst scheint die Regisseurin zu denken, dass die 80er nur aus Milchbremse-tragenden Macho-Arschlöchern, alberner Kunst und noch alberneren Frisuren bestanden.
Nichts an diesem Film lässt mich so wirklich das 1984 in Wonder Woman spüren.
Bis auf die Spezialeffekte. Die waren definitiv aus den 80ern. Manchmal bin ich regelrecht zusammengezuckt, wenn Diana mit ihrem Lasso durch einen Raum getragen wurde, weil scheinbar CGI zu teuer war…
Und dann die verworrene Handlung von WW84!
Hochstapler Maxwell Lord ist auf der Suche nach einem Dildokristall, der Wünsche erfüllt. Soweit so gut. Mit dem Movie Trope “Sei vorsichtig, was du dir wünscht” hätte man einiges anstellen können. Doch leider wurde hier extremer Murks veranstaltet.
Erstmal muss sich Maxwell (seltsam manisch-depressiv gespielt von Pedro Pascal) echt verbiegen, um der Wissenschaftlerin Barbara Ann Minerva den Stein abzunehmen, sich damit in seine leerstehenden Headquarters zurückzuziehen, um dann endlich den zu erwartenden “ich wünsche mir unendlich Wünsche”-Wunsch eines machtgierigen Möchtegern-Bösewichts zu äußern. Doch warum der ganze Aufwand, wenn man den Stein nur kurz berühren muss, um seinen Wunsch abzuschicken? Das hätte er beim ersten Besuch im Museum schon erledigen können.
Und ganz ehrlich: Wenn in meiner D&D-Runde ein Spieler einen 9. Grad-Wunsch zaubert und sich wünscht “der Wunschstein zu sein”, dann würde ich ihm diesen schlecht formulierten Wunsch aber sowas von erfüllen. “Yep, kein Problem, du bist jetzt ein Stein, have fun.”
Kurz vorher hatten Wonder Woman und Barbara den Stein natürlich auch mal in der Hand und sich jeweils die Erfüllung eines Herzenswunsches erbeten. Wie seltsam der Peniskristall die Wünsche in die Tat umsetzt, sei hier mal nicht verraten, aber ich musste lachen. Vor Fremdscham.
Wichtig ist nur, dass die Wunscherfüllung auch immer Opfer fordert. Weswegen Wonder Woman einen Teil ihrer Kräfte einbüßt. Unklar ist nur welchen… Außer einer blutenden Wunde, die unsere Superamazone aber nicht wirklich ausbremsen kann, scheint sie eher noch stärker zu werden. Plötzlich kann sie noch fliegen und Dinge, wie einen Düsenjäger, unsichtbar machen. Letzteren hatte sie vollgetankt und vollbewaffnet aus einem Museum gestohlen, in dem die Museumsleitung wohl auf alles gefasst sein wollte. Ich scherze nicht.
Doch wieso macht sie sich dann nicht mal selbst unsichtbar? Tja, das ist das Problem, wenn man die Comicvorlage aus einer Drehbuchschwäche heraus willkürlich abwandelt, ohne sich der Implikationen bewußt zu sein. Und überhaupt, was genau sind jetzt Dianas neue Schwächen?
Was auch immer sie sind, sie macht sie mehr als wett, mit ihren neuen Xena-Waffen. Kann sie in den Comics auch Gegner mit ihrer Tiara aus den Socken hauen, als ob der Stirnschmuck ein perfekt ausbalancierter Boomerang wäre?
Und wie lang ist bitte ihr Superlasso? Ich schätze es auf mindestens 10 Kilometer, wenn sie damit ein am Horizont davonfliegendes Flugzeug erreichen kann. Mal ganz davon abgesehen, dass das Lasso an Wolken und sogar Blitzen Halt findet. Why not.
Aber wisst ihr was?
All das wäre für mich keine Tragödie gewesen, wenn der Film nicht so langweilig und belanglos gewesen wäre. Ich habe das Gefühl, dass in der ersten Stunde des Films einfach NICHTS passiert ist. Sie wimmelt nur von Leuten, die sich belanglos unterhalten. Und es gibt einen wiedererweckten Steve Trevor (Chris Pine), der durch die 80er torkelt wie der letzte Idiot auf Lachgas. Ich meine, selbst als Kleinkind bin ich beim ersten Anblick von Rolltreppen nicht so ausgeflippt. Und wieso hat er noch nie eine U-Bahn gesehen, wenn die schon seit 1896 existiert? Hier hätten die Macher vielleicht mal kurz googeln sollen…
Puh. Am Ende gebe ich dem Film magere drei Punkte für die, wie immer, bezaubernde Gal Gadot, ein paar wenige unterhaltsame Szenen und eine halbwegs spannende Konfrontation mit Cheetah. Warum Barbara jedoch zwei Wünsche beim Kristall frei hatte und nicht nur einen, wie alle anderen Menschen auch, ist mir schleierhaft. Erst will sie so sein wie Diana. Und dann upgraded sie ihren Wunsch noch zum flauschigen Spitzenprädator. Ach, ist eben Magie. Vielleicht sollte ich mich nicht so aufführen…
Aber, wie gesagt, die inhärente Logik des Films wurde schon früh mit einem Windstoß zum Fenster rausgeblasen. Da fange ich von einem personifizierten Wunschstein, der die Weltbevölkerung über Satellit “berühren” und nur mit englischer Sprache davon überzeugen kann, sich irgendwas zu wünschen, am besten gar nicht erst an. Gekrönt von einer Szene, in der WW die Welt über die Wahrheit und die Schattenseite jedes Wunsches aufklären muss, die heroisch-ergreifend hätte sein sollen, doch leider nur als peinlicher CRINGE rüberkommt.
Ich bin immer noch fassungslos. Das alles hätte so viel Potenzial gehabt. Und eigentlich hatte die Regisseurin doch bereits im ersten Teil ein gutes Händchen bewiesen…?
Doch Wonder Woman 1984 ist leider komplett für die Tonne, die unser zurückgekehrter Spitzenpilot im Trailer noch für Kunst gehalten hatte.
Langweilig, unlogisch und schlecht inszeniert.
Ich kündige dann mal Sky, bevor ich es noch vergesse.