Darkest Dungeon: Geniales Old School RPG mit Lovecraft-Atmosphäre
When the senses are shaken, and the soul is driven to madness, who can stand? – William Blake
Ich werde immer ganz sentimental, wenn ich an früher und die ersten Fantasy-Rollenspiele denke. In den 80er Jahren drehte sich alles um die sogenannten „Dungeon Crawls“, in denen sich die Spieler durch düstere Kerker, verlassene Zwergen-Mienen und Monster-bewohnte Höhlen immer weiter und tiefer bis zur untersten Dungeon-Ebene vorkämpfen (vorsterben) mussten, um dort einen bösen Endgegner zu besiegen, eine eingekerkerte Maid zu befreien oder ein legendäres Artefakt zu bergen.
Nach diesem simplen Hack & Loot-Prinzip funktionierten damals sowohl die frühen Pen & Paper-RPGs, als auch die sehr Text-lastigen Computerrollenspiele, die sich heute „Roguelikes“ nennen. Rundenbasierte Kämpfe, permanenter Tod von Gruppenmitgliedern und recht simple Grafik hatten ihren ganz eigenen Charme für uns Nerds. Doch was passiert, wenn eine Spieleschmiede so ein Game heutzutage produzieren lässt, allerdings mit wunderschönem handgezeichnetem Gothic Art Style, grandioser Musik von “Prince of Persia”-Stuart Chatwood und einem düster-diabolischen Lovecraft-Einschlag?
Richtig! Dann kommt dabei eine düstere Perle wie Darkest Dungeon heraus, welche mir auf Kickstarter komplett durch die Lappen gegangen ist. Aber auch ohne meine bescheidene Hilfe haben die Jungs von ursprünglich benötigten 75.000 Dollar über 300.000 Dollar eingesammelt. Die Fangemeinde der „rundenbasierten Try & Error – Sterbespiele“ scheint groß zu sein.
Doch neben toller Optik und atmosphärischem Soundtrack hat Darkest Dungeon auch ein paar für das Genre neue Spielmechaniken auf Lager, die wunderbar zum Lovecraft-Setting passen und die ich äußerst unterhaltsam finde.
Geisteskrankheiten und romantische Lagerfeuer in Darkest Dungeon
Bei Darkest Dungeon kommt ein sogenanntes „Affliction Sytem“ zum Einsatz, welches die geistige Gesundheit der Abenteurer im Visier hat. Denn häufig ist die körperliche Anstrengung in düsteren Stollen weniger schädlich für eine Person als der blanke Horror, den der Geist im Angesicht des Unfassbaren verarbeiten muss. Dementsprechend müsst ihr in den rundenbasierten Kämpfen nicht nur mit körperlichem, sondern auch mentalem Schaden kalkulieren. Wird nämlich der Stress für ein Gruppenmitglied zu hoch, dann checkt das Spiel dessen Widerstandsfähigkeit. Bei Versagen stört der Charakter demnächst die Gruppenharmonie durch plötzliche Blutgier, Depressionen oder eine Vielzahl anderer Geisteskrankheiten. Wobei nicht jede geistige „Besonderheit“ zum Nachteil eines Charakters gereichen muss. Keinen Schmerz mehr zu spüren oder blutrünstig zu sein, kann im Kampf ja durchaus auch Vorteile haben.
Eine weitere interessante Mechanik sind die Ruhepausen, die vom Spieler strategisch geplant werden können. Im Schein eines wärmenden Feuers ist eine bestimmte Menge von Zeit-Punkten verfügbar, die durch verschiedene „Rast-Fähigkeiten“ der Charaktere ausgegeben werden können. So kann der Seuchendoktor Punkte aufwänden, um Wunden zuzunähen, die Barbarin kann Waffen schärfen oder der Kopfgeldjäger kann seinen Kumpanen trickreiche Kampf-Techniken einflüstern, die sich dann in besseren Werten äußern.
Ansonsten könnt ihr noch ein Dorf aufrüsten, um euren verwundeten und teilweise gestörten Helden zwischen den Einsätzen Möglichkeiten zur Regeneration zu bieten. Es kann dabei natürlich vorkommen, dass einige der Charaktere sich auf Grund von zu viel Stress einfach nur hemmungslos besaufen oder durch eine Schlägerei im Knast landen.
Überhaupt bietet Darkest Dungeon ganze 16 zum Setting passende Charaktere (aus denen ihr jeweils 4 für eine Erkundungstruppe auswählt), die vermutlich ohnehin schon einen an der Klatsche haben und nur darauf warten in einem düsteren Verlies vollkommen abzudrehen. Gesellen wie der Grabräuber, Okkultist, Leprakranker oder Pestdoktor passen nicht nur wunderbar in das morbide Setting, sondern bereichern das Gruppenerlebnis der anderen Antihelden durch eine genüssliche Prise Wahnsinn.
Leider wird das Spiel erst irgendwann Anfang 2015 auf Steam erhältlich sein. Dann werde ich mich jedoch sofort um einen Early Access bemühen.
Ich weiß nicht, ob diese Art von Browsergame-artigen Old School RPG jedermanns Sache ist. Aber mir macht rundenbasierter Taktik-Kampf Spaß. Schaut euch einfach mal einen Trailer…
…oder ein wenig Gameplay an. Allein die düstere Erzählstimme beschert mir Gänsehaut:
„Ein Teufel schleicht hier durch die Gänge. Nur Wahnsinnige oder Verzweifelte würden nach ihm suchen.“