Der Schacht ist Halloween-tauglich, völlig klar
8 von 10 Panna Cottas
Gespeeeeeenster am Feeeeeeenster, Vampiiiiiir an der Tüüüüüür… SKELETT IM BETT!
Ja, ist das schlimm? NEiiiiiiiin, es ist HALLOWEEN!
Selbst, wenn das Auftauchen von Kürbissen, buntem Laub und Eisfüßen unter der Bettdecke mich ahnungslos gelassen hätten, spätestens dieses Kinderlied, das mein Sohn rauf und runter jodelt, erinnert mich daran, dass das Kürbisfratzenfest naht und mal so langsam gruselige Beiträge in diesem Blog erscheinen sollten.
Beginnen wir also mit einem durchaus Halloween-würdigen Film-Review.
Der spanische Scifi-Horror-Thriller Der Schacht (Originaltitel El Hoyo, internationaler Titel The Platform) ist bereits 2019 erschienen und mir neulich empfohlen worden.
Und, OIDA (wie Öschis sagen), hat der mich überrascht!
Das ist definitiv gutes Halloween-Material. Merkt ihn euch vor, wenn ihr noch Filme für Halloween sucht.
Wer die Atmosphäre von Filmen wie The Cube, die Sozialkritik von Snowpiercer und den Ekel von Saw mag, ist hier wirklich bestens beraten.
Auch zu empfehlen für alle, die bei der nächsten Familienfeier spontan im Strahl über das liebevoll angerichtete Buffet kotzen wollen.
Worum gehts in Der Schacht?
Es geht um eine Art Gefängnis, das aus übereinander gestapelten Räumen besteht. Dabei ist unklar, ob es ein Turm oder ein vertikaler Tunnel in der Erde ist. Die Räume sind durch quadratische Löcher verbunden, durch die sich eine Plattform absenkt. Auf dieser ist ein festliches Essen mit allerhand Köstlichkeiten angerichtet. Der Haken: Während Etage 1 sich noch nach Belieben sattessen kann, müssen alle folgenden Level mit jeweils 2 Gefangenen mit dem Vorlieb nehmen was ihre Vorgänger übriggelassen haben.
Jetzt dürfte schon jedem klar sein, wie das gruselige Konfliktpotenzial von Der Schacht entsteht und woran hier nur allzu deutlich Kritik geübt wird.
In diesen kapitalistischen Alptraum wird unser Protagonist Goreng geworfen, der schon bald merkt, dass im “Vertikalen Zentrum für Selbstverwaltung” alles geschieht, nur keine menschenwürdige Selbstverwaltung.
Es wird nach oben gebuckelt und nach unten getreten. Seine Versuche mit den Insassen über und unter sich zu kommunizieren scheitern wie Don Quijotes Kampf gegen die Windmühlen. Plakativer Weise ist der Roman von Cervantes auch der Gegenstand, den Goreng mitgebracht hat. Jeder Gefangene hat so einen. Doch einige Insassen haben auch Waffen mitgebracht…
Ich möchte gar nicht so viel spoilern von diesem wirklich atmosphärisch dichten und auf verschiedenen Ebenen (sprichwörtlich! hahaha) funktionierender Film.
Neben dem Kapitalismus und einer Ackermann von Böhmen-artigen Sinnfrage, ob wir mehr sind als fressende und kackende Marionetten, drängte sich mir auch eine recht religiöse Metaphorik auf. Völlig klar: Ganz oben der Himmel mit dem perfekten Festessen. Auf den untersten Ebenen Hunger, Suizid, Kannibalismus…
Optisch war für mich vor allem das Setting reizvoll.
Regisseur Gaztelu-Urrutia präsentiert uns mit seinem Schacht eine Örtlichkeit, die in der Horizontalen der Zellen sowohl beklemmend ist, als auch weit und uferlos in der Vertikalen des scheinbar unendlichen Schachts.
Diese Atmosphäre hat mich sehr an einen Raumschiff-Horrorfilm erinnert, in dem die Passagiere ja auch einerseits örtlich begrenzt, andererseits von beinahe beklemmender Unendlichkeit umgeben sind.
Der Ekel von Blut und Essensresten rückte dabei fast in den Hintergrund.
Wie Goreng sind verändern und über sich hinauswachsen muss, um den Schacht zu überwinden – falls er es schafft – soll hier nicht verraten werden. Ich hatte meinen großen Spaß dabei.
Die Schnittchen, die ich mir gemacht hatte, blieben zwar liegen, doch das Bier floss dankbar in mich hinein.
Auch das eher offene Ende hat mir sehr gut gefallen. Es lässt verschiedene Interpretationen zu und sorgt für Mystik und Gesprächsbedarf.
Der Film hat auf jeden Fall sehr viel Symbolik, Metaphorik und versteckte Bedeutungsebenen zu bieten für diejenigen unter euch, die an seiner obersten Schicht aus morbidem Körperhorror vorbeisehen können.
Am besten spoilert ihr euch nicht großartig, sondern schaut den Film möglichst jungfräulich an.
Der Trailer nimmt schon einige Sachen vorweg, sollte von Zartbesaiteten jedoch als Probe in Betracht gezogen werden: