Filmkritik: Total Recall – Superaufzug gegen Mars

6 von 10 Aufzügen des Todes

Wie die Vergangenheit gezeigt hat, sind Remakes häufig nur der Versuch aus einem gelungenen Konzept mit Hilfe von zeitgemäßen Special Effects noch etwas Cash zu melken. Doch leider vergessen die Macher vor lauter „State oft he Art-CGI“ den ursprünglichen Charme der Originale, die noch ohne tolle Effekte, dafür aber mit schauspielerischen Leistungen, Humor und einer guten Story arbeiteten. Und auch, wenn sich durch eine schicke Optik bei den Remakes eine sehr authentische und dichte Atmosphäre erzeugen lässt, haben die Originalwerke dafür meist unfreiwillige Komik und/oder einen amüsanten Trash-Faktor auf ihrer Seite.

Jetzt aber mal Butter bei die Fische! Wer zieht im direkten Vergleich den Kürzeren: Paul Verhoevens Version mit Arnold Schwarzenegger, Rachel Ticotin und Sharon Stone oder Len Wisemans Version mit Colin Farrell, Kate Beckinsale und Jessica Biel?

Spoiler!

Wie Arnie zu seiner Zeit, spielt auch Colin Farell den gelangweilten Fabrikarbeiter Douglas Quaid, der trotz regelmäßiger Besäufnisse und einer spärlich bekleideten Kate Beckinsale, die zu Hause auf ihn wartet, mit seinem Leben extrem unzufrieden ist. Doch was für viele von uns bereits Glück in Vollkommenheit bedeuten würde, kann Herrn Quaid morgens nicht aus dem Bett locken. Deshalb lässt er sich entgegen aller Warnungen seiner Freunde bei Rekall die Erinnerungen eines Geheimagenten einpflanzen, um mal so richtig auf die Scheisse zu hauen. Leider kommt es jedoch (scheinbar?) nicht dazu, da er plötzlich von der Polizei gejagt wird und mit einer ehemaligen Freundin und Rebellin, gespielt von Jessica Biel, gegen den korrupten Polizeichef Cohaagen antreten muss.

Obwohl ich großer Fan des trashigen Arnie Klassikers bin, habe ich dem Film mit Schönling Farell von Anfang an eine Chance gegeben, weil mich der Trailer irgendwie angesprochen hatte. Und tatsächlich konnte mich auch die erste Hälfte des Films in ihren Bann ziehen und hervorragend unterhalten. Maßgeblich dazu beigetragen hat die Entscheidung des Regisseurs die gesamte Handlung nicht auf dem Mars, sondern in 2 Riesenstädten auf der Erde spielen zu lassen, die durch einen gewaltigen Aufzug quer durch den Erdkern verbunden sind. Abgesehen von diesem Superaufzug, der passender Weise „The Fall“ genannt wird und den Power Tower auf der hiesigen Kirmes „Pützchens Markt“ wie eine Babyschaukel aussehen lässt, wusste auch das restliche Set-Design zu gefallen. Die extrem in die Höhe gebauten Megacities mit ihren multiplen Ebenen und teilweise scheinbar schwebenden Gebäuden, gewürzt mit einer kräftigen Prise asiatischer Stilelemente, haben eine tolle Atmosphäre erzeugt.

Doch leider wird im Verlauf der Handlung schnell klar, dass der Film in erster Linie eine Aneinanderreihung von wirklich gut gemachten und haarsträubenden Verfolgungsjagden ist, jedoch viel zu wenig „Mind Games“ enthält, was ich von einem Film, der von Gedankenmanipulation handelt, schon irgendwie erwartet hätte. Ungefähr nach der Hälfte des Films, als Quaid mit seiner Exflamme in die verstrahlte Umgebung jenseits der Stadt fährt, um den Rebellenanführer zu finden, wird deutlich das Tempo rausgenommen, und erste Gefühle von Langeweile keimten in mir auf. Das Finale, welches ich an dieser Stelle nicht vorwegnehme, war ebenfalls keine Offenbarung, so dass es insgesamt nur für eine mittelmäßige bis akzeptable Bewertung bei mir reicht. Wäre dies kein Remake, sondern ein First Shot, hätte der Film natürlich mehr Lorbeeren geerntet. Schaut man sich die Bewertungen auf Rotten Tomatoes an, darf man allerdings davon ausgehen, dass die meisten Zuschauer doch während des gesamten Films das Original mit Schwarzenegger vor Augen hatten.

Thilo, laber nicht, kann denn jetzt das Remake mit dem Schwarzenegger-Original mithalten, oder nicht?

Fazit: Auch wenn das Remake sich immer mal wieder vor einigen der lustigen Ideen des Originals verbeugt und dreibusige Frauen in die Fußgängerzone stellt, kann es natürlich nicht mit dem Charme des trashigen Kultklassikers mithalten. Trotzdem hat der Film auf Grund vieler eigener Stilelemente und der Entscheidung den Mars ganz außen vor zu lassen eine eigene Daseinsberechtigung. Wo Verhoevens Version blutiger war, hat das Remake bessere Effekte und wo bei Verhoeven eine alberne Jahrmarktspuppe ein Taxi fährt, gibt es im Remake eine ganze Klonarmee von Robo-Polizisten. Beides hat jeweils seinen eigenen Reiz. Ob ich jedoch Sharon Stone oder Kate Beckinsale für die bessere und/oder attraktivere Ehe-Intrigantin halte, kann und will ich jetzt nicht beantworten. Ich muss mir erst noch mal den Arnie-Streifen reinziehen. Lang ist‘s her.

Über Thilo (1210 Artikel)
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