Hearthstone Test – Blizzards neuer Geniestreich

hearthstone

Als ich unter anderem bei TotalBiscuit die ersten Gameplay Videos von Hearthstone gesehen habe, dachte ich noch „Naja, weniger komplex als Magic und daher vermutlich auch lange nicht so gut“.

Weit gefehlt! Seit ein befreundeter Blizzard-Mitarbeiter so nett war mir einen Beta-Code zu schicken (Danke Marcus!) und ich das Game selbst ausprobieren konnte, hat sich meine Meinung grundlegend geändert. Und leider auch mein Schlafrhythmus, denn Hearthstone ist ein mega krasses Suchtspiel. Das Motto auf der offiziellen Hearthstone Seite trifft tatsächlich den Nagel auf den Kopf: Täuschend einfach. Wahnsinnig unterhaltsam.

Ich fange mal vorne an: Wer damals verstohlen wie ein Drogen-Dealer über den Schulhof geschlichen ist, um Magic Karten zu tauschen und seine neusten Decks auszuprobieren, der weiß noch um den Spaß und den Suchtfaktor dieses Sammelkartenspiels. Nun, Hearthstone ist all das nur ohne die Nachteile und die Notwendigkeit die eigene Wohnung zu verlassen.

Natürlich ist Hearthstone lange nicht so komplex wie die Mutter aller Sammelkartenspiele, Magic the Gathering, aber trotzdem nicht notwendigerweise weniger strategisch und spannend (siehe auch weiter unten der MtG-HS-Vergleich). Was es an wahnwitzigem Kartenreichtum und Komplexität weniger als Magic bieten kann, macht es dafür auf vielen anderen Ebenen wieder wett. Und es ist so hübsch anzuschauen! Das gesamte Artwork ist nicht nur für World of Warcraft-Fans ein Fest für die Glubscher und alle Karten die gespielt werden haben stimmige Effekte und Sounduntermalung, die ungemein zur Atmosphäre beitragen.

hearthstone gameplay

Außerdem kann aus 8 Charakteren der WoW-Welt ausgewählt werden, die sich alle ganz unterschiedlich spielen. Jeder Char hat eigene Basiskarten und eine einzigartige Fähigkeit, die nur er für 2 „Manakristalle“ jederzeit einsetzen kann. Das macht es sehr abwechslungsreich und verleiht dem Game viel Flair.

Doch trotz der größeren Char-Auswahl habe ich, wie auch schon damals bei WoW, einen kleinen Mage-Fetisch, weshalb meine großbusige Jaina Proudmoore nun schon 21. Stufe mit Platin Medaille ist. Junge, macht es einen Spaß, wenn der Gegner sich mit 10 Lebenspunkten und ein paar Taunt-Kreaturen halbwegs sicher fühlt, das Emote „Meine Magie wird euch in Stücke reißen“ und kurz danach den Pyroschlag rüber zu schicken. Der Bildschirm verdunkelt sich kurz und BÄM!

Doch die meisten Spiele gewinne ich mit dem Hexenmeister, da seine eingebaute Fähigkeit das Kartenziehen ist. Und wie damals bei Magic gilt auch bei Heartstone „wer mehr Karten zieht, gewinnt in der Regel“. Zwar kostet ihn seine Fähigkeit 2 Leben, doch durch Hexendoktoren und andere Karten, die Leben zurück geben, lässt sich dieser Preis leicht kompensieren. Und am Ende ist ohnehin nur die Lebensspanne zwischen 1 und 0 entscheidend. Aber wo wir gerade bei den Charakteren und ihren Spezialfähigkeiten sind, hier mal alle aufgelistet, damit ihr euch von Machtgrad und „Flavor“ selbst ein Bild machen könnt:

Alle Hearthstone Hero Powers:

  • Druid Malfurion Stormrage
    Hero Power „Shapeshift“: +1 attack this turn. +1 armor.
  • Hunter Rexxar
    Hero Power „Steady Shot“: Deal 2 damage to the enemy hero.
  • Mage Jaina Proudmoore
    Hero Power „Fireblast“: Deal 1 damage.
  • Paladin Uther Lightbringer
    Hero Power „Reinforce“: Summon a 1/1 silver hand recruit.
  • Priest Anduin Wrynn
    Hero Power „Lesser Heal“: Restore 2 health.
  • Rogue Valeera Sanguinar
    Hero Power „Dagger Mastery“: Equip a 1/2 dagger; or give your weapon +1 attack this turn.
  • Shaman Thrall
    Hero Power „Totemic Call“: Summon a random totem (jede Runde +1 health für Spieler und Diener ODER 1/1 Angriffs-Totem ODER +1 Zaubermacht).
  • Warlock Gul’dan
    Hero Power „Life Tap“: Draw a card and take 2 damage.
  • Warrior Garrosh Hellscream
    Hero Power „Armor Up!:“ Gain 2 armor.

Hat Blizzard mit Hearthstone eine brutale Cash Cow gezüchtet?

Ja und nein. Natürlich kommt auch Blizzard im Zeitalter der „free to play but pay later for ingame goodies-games“ nicht umhin auch so was auf den Markt zu schmeißen, besonders da irgendwann, in ferner Zukunft, selbst der Koloss WoW sein letztes Todesröcheln abgeben wird. Da macht es natürlich Sinn, wie damals beim Schritt vom Strategiespiel „Warcraft“ zum MMORPG „World of Warcraft“, wieder auf der Fanbase und der etablierten Welt aufzubauen und all die Murloc-Lover mit einem Online Sammelkartenspiel zur Kasse zu bitten.

Well played, Blizzard, lässt sich wirklich kaum anders sagen.

hearthstone kartenAber es ist halb so wild. Die Basiskarten jedes Charakters lassen sich in Übungsspielen freischalten und für 100 Goldmünzen kann sich der Sammelsüchtige neue Packs kaufen, in denen immer mindestens eine seltene Karte drin ist. Mehr Goldmünzen bekommt man durch Daily Quests in der Art „Gewinne 2 Spiele mit oder gegen Charakter X“ (WoW lässt grüßen) oder einfach durch gewonnene Spiele. Wer ungeduldig ist, kann natürlich auch die sogenannten „Profi-Packs“ einfach kaufen… BÖSE, Blizzard … daran werden die sich DUMM UND DÄMLICH verdienen. Die Leute kaufen denen ja schon in der Beta die virtuellen Regale leer.

Übrigens TIPP für alle, die noch an einen Beta Key kommen oder schon einen haben: Kauft das kleinste Angebot für echtes Geld (ca.2€ oder so?). Dann bekommt ihr 2 Päckchen und als Dankeschön die echt witzige Legendary „Gelbin Mekkatorque“, den Gnom, der eine Random Erfindung spawnt. Außerdem bekommt ihr bei Release des Spiels natürlich alle Päckchen wieder, die ihr in der Beta gekauft habt. Schon in der Beta so viel Kohle abgreifen … ein Geniestreich, Blizzard. Ich bin beeindruckt und angeekelt zugleich.

Magic the Gathering – Hearthstone Vergleich

Wieso ich immer wieder krampfhaft den Vergleich zu Magic suche?

  1. Weil es das erste größere und global erfolgreichste Sammelkartenspiel seiner Art ist und alle nachfolgenden Games zwangsläufig einem Vergleich standhalten müssen.
  2. Weil sich die Grundmechanik sehr stark ähnelt.
  3. Weil ich immer noch eine Rechtfertigung suche bzw. bieten möchte, wieso man ein Sammelkartenspiel ONLINE zocken sollte…

Also, was macht Hearthstone aus und wo sind seine Nachteile bzw. Vorteile gegenüber Magic?

Nachteile:

  • Hearthstone ist weniger Komplex. Magic gibt es schon gefühlte 100 Jahre und mit seinen ebenfalls gefühlten 1000 Erweiterungssets ist die Anzahl möglicher Kartenkombinationen und Strategien ins nahezu Unendliche gestiegen.
  • Bei Hearthstone gibt es keine Instants bzw. Spontanzauber, d.h. gehandelt werden kann immer nur in der eigenen Runde. Es ist dadurch berechenbarer, weil man den Gegner nicht so schön mit Sätzen wie „ich blocke Deine Mega-Kreatur nicht, aber durch diesen Zauber hier bekomme ich statt Schaden Leben und danach stirbt dein Drecksvieh“ demoralisieren kann.
  • Manche Legendaries, also sehr mächtige und teure Zauber oder Kreaturen, erscheinen mir bei Hearthstone zu stark, weil es nicht wie bei Magic 5 verschiedene Mana-Sorten gibt und alles immer bezahlt werden kann, sofern die richtige Spielrunde erreicht ist.
  • Keine Ahnung, ob Blizzard mit dem Gedanken spielt vielleicht eines Tages echte Karten drucken zu lassen, aber für uns Nostalgiker ist das Gefühl echte Karten zu mischen und auf den Tisch zu legen unverwechselbar.
  • Kein Reden mit dem Gegner. Um Trollen und sexuellen Avancen von vornherein einen Riegel vor zu schieben, gibt es lediglich 6 Emotes, mit denen ihr euren Charakter etwas sagen lassen könnt. Diese beschränken sich jedoch auf „Danke, ich mach dich fertig, Entschuldigung“ etc. Viele Äußerungen, die einem manchmal auf der Zunge brennen … oder ein einfaches LOL … fehlen schlicht. Hier sollte Blizzard entweder die Emotes einfach ganz weglassen oder deutlich erweitern.

Vorteile:

  • Da die Spieler bei Hearthstone jede Runde automatisch immer einen Manakristall mehr zur Verfügung haben (bis zu einem Maximum von 10), gibt es nie das „mir fehlt das richtige Mana“-Problem.
  • Später im Spiel, wenn die Hand leer ist und man dringend einen starken Zauber braucht, um das Spiel noch rum zu reißen, kann es nicht passieren ein blödes Mana-Land zu ziehen.
  • Das Artwork ist grandios und gerade für Kenner und Liebhaber der WoW ist das Game super atmosphärisch.
  • Soundeffekte, bunte und effektvolle Optik bei Zaubern und Mechaniken, die nur bei einem Onlinespiel möglich sind.
  • Kein nerviges Tauschen von Karten und bei Sturm und Regen zum örtlichen Comicladen latschen. Als ich damals mit Magic angefangen habe, gab es – man höre und staune – noch kein ebay. Da musste man noch hardcore mit pickligen Kindern oder größenwahnsinnigen Besitzern von Riesensammlungen feilschen, um an fehlende Karten zu kommen. Bei Hearthstone ist das viel entspannter: Nicht benötigte Karten lassen sich einfach entzaubern, zu Arkanstaub zermahlen und für die Erschaffung jeder beliebigen anderen Karte verwenden.
  • Die Einfachheit des Spielprinzips: Schnell zu erlernen und doch können knifflige Situationen entstehen. Jede Kreatur kann jederzeit dem gegnerischen Spieler die Fresse polieren, es sei denn dieser hat ein Monster mit „Taunt“ („Spott“).
  • Und das vielleicht stärkste Argument im Zeitalter des Internets: 24/7 Gegner für Duelle finden. Wann kommt man schon dazu Magic zu spielen?

Fazit:

Hearthstone macht extrem viel Spaß, mehr als ich jemals gedacht hätte. Keine Ahnung, wie lange es bei mir persönlich dauern wird bis die Luft raus ist, aber derzeitig unterhalten mich die verschiedenen Charaktere und die interessanten Spiel-Modi äußerst gut. Besonders ein Arena-Run mit spontan zu wählenden Karten und einem fetten Belohnungspaket am Ende (Arkanstaub, Goldmünzen, Päkchen …) ist mega spannend und motivierend.

Wer Sammelkartenspielen, bzw. Fantasy Card Games mit leichtem strategischem Anspruch allgemein, etwas abgewinnen kann, sollte Hearthstone definitiv spätestens bei Release mal testen. Es ist free to play und ob ihr später richtiges Geld investiert, liegt ja an euch. Seid ihr stark genug? 😉

Über Thilo (1210 Artikel)
Hi, ich bin der Gründer dieses bekloppten Blogs. Außerdem Realitätsflüchter, Romantiker, Rollenspieler, Gamer, Fantasynerd, Kneipenphilosoph und hochstufiger Spinner. Manchmal jogge oder schwimme ich, doch meistens trinke ich Bier.