Ich war am Freitag, den 13., bei Orkan auf dem Blocksberg
Yap.
Weil ich mir dachte, am Freitag, den 13., bei Nebel, Regen UND Orkan mit dem Hogwarts Express auf den Blocksberg fahren – besser geht’s einfach nicht.
Zumindest wenn man unter maximal mysteriösen Umständen von der Bildfläche verschwinden – sprich, fortgeweht, gekocht, gehäutet oder von brunftigen Trollen im dunklen Wald missbraucht werden will. 😅💀
Na gut, ganz so geplant bin ich meine eigene Vernichtung nicht angegangen.
Eigentlich ist dieser Trip zum berüchtigten Hexentanzplatz nur im Rahmen eines kurzen Harz-Urlaubs zu Stande gekommen.
5 Tage lang wollten wir verschiedene Ausflüge machen und die Gegend erkunden. Auf den berühmten Brocken, alias Blocksberg, fahren und von oben die Aussicht genießen, stand natürlich auch auf dem Programm.
Doch niemand fährt in den Hexen-Harz und erlebt einfach so ein paar sonnige Tage.
Oh nein.
Da haben die Wetter-manipulierenden Zauberinnen was dagegen. Und die bösen Geister. Und die schwarze Magie, die den gesamten Harz durchdringt wie die dunkle Seite der Macht.
Zumindest kam es uns so vor, nachdem es seit unserer Ankunft 3 Tage durchgeregnet und übelst gestürmt hatte. Trotzdem war es in unseren Hotelzimmern so warm und schwül, dass wir nur mit offenen Fenstern schlafen konnten. Windgeheul, Wassergeplätscher und allgegenwärtiges Rabengeschrei konnten mich jedoch trotzdem nicht vom Schlafen abhalten. Bier ermöglicht so vieles.
So kam es also, dass wir bei strömendem Regen und heftigem Nebel zum Brocken gefahren sind. Auch eine Orkanwarnung konnte uns nicht davon abhalten. Unsere Logik: Dann ist da oben keiner! Wer wäre schon so verrückt? HARHARHARHAR!
Jo, der Plan ging auch auf. Wobei man sich streiten kann, ob es wirklich so schlau ist, am Freitag, den 13., bei Orkanwarnung und dichtem Nebel auf den Blocksberg zu fahren.
Aber tatsächlich haben es all diese Rahmenbedingungen zu einem unglaublich atmosphärischen Erlebnis gemacht. Ich bin sehr froh, dass wir nicht auf besseres Wetter gewartet haben.
Allein die Fahrt mit der alten Dampflock, der „Brockenbahn“, war den ganzen Ausflug schon wert. Mit diesem „Hogwarts Express“ durch den nebligen Wald zu fahren war einfach grandios. Hatte was von einem Ravenloft-Trip oder einer Gothic Novel-Verfilmung.
Immer gut, wenn der Heizer plötzlich anhält und mitten im Nirgendwo anfängt an der Lock rumzudoktorn… (schwitzender Smiley)
Da die Bahn nicht so schnell fährt, kann man während der Fahrt wunderbar sein Abteil verlassen und draußen zwischen den Wagons balancieren. Mit dem Regen im Gesicht, dem Pfeifen der Lock in den Ohren und den Rauchschwaden in der Nase hatte ich ausufernde Glücksgefühle.
Ich meine es ernst, wenn ich sage: DAS ist noch Reisen.
Da spürt man noch, dass man lebt. Und dass man Boden gut macht. Umso moderner Transportmittel werden, desto abstrakter wird die Reise. Weil immer mehr „Reibung“, bzw. körperliches Erleben wegfällt. Rappelt so eine Dampflock noch ganz schön rustikal vor sich hin, merkt man im ICE ja kaum noch was von den Schienen. Extrapoliert und zu Ende gedacht, ist dann das Reisen in Zukunft so schnell und bequem geworden, dass man kaum noch von „Reisen“ sprechen kann. Spätesten bei Star Gates, Beamen und ähnlichen Technologien ist die Romantik wohl auf der Strecke geblieben. Pun intended.
Auf dem Brocken angekommen, konnten wir erstmal die Aussicht genießen.
Blickreichweite: 30 Meter.
Tja, die Brocken-Webcam hatte nicht gelogen: Wir glotzten ringsum in eine weiße Nebelwand.
Hinzu kam, dass die Gastwirtschaft noch nicht geöffnet hatte und der Wind immer stärker wurde. Trotzdem hätte ich mir kein anderes Wetter für den Rundwanderweg wünschen können.
Der Nebel war einfach so mystisch, wie er die Gebäude und Strukturen verschleierte. Das war schon sehr Twilight Zone.
Was auch immer da im Dunst aufragte, wirkte für mich fast wie ein Ufo… oder irgendein vergessenes Tesla-Konstrukt:
Glücklicherweise öffnete dann irgendwann der Gasthof und wir konnten uns etwas aufwärmen. Denn so langsam drohte uns der Wind wirklich von den Beinen zu holen. Irgendwen muss es auch wirklich fortgeweht haben, da ein Krankenwagen kam.
Schnell noch das Goethe-Häuschen mit seinen vielen Faust-Zitaten bewundert, einen albernen Hexen-Zinnbecher als Erinnerung gekauft und schon ging es wieder zurück. TUFF TUFF TUFF…
Nach dem Urlaub meinte ein guter Kumpel und Testleser, dass ich den Trip von der Steuer absetzen sollte als Recherche für meine Hexenhammer-Romane. Vielleicht mache ich das. Inspirierend war es auf alle Fälle.
Quedlinburg
Sturmbedingt verbrachten wir die meiste Zeit des Urlaubs indoor. In Hotel-Pool, Sauna und einmal ging es runter in die Bergbaugrube „Samson“. Passend zum Halloween-Grusel-Thema des Urlaubs durften wir uns dort von den Arbeitsbedingungen der früheren Bergleute schockieren lassen, die 600 Meter unter der Erde mit Raumangst, brüchigen Leitern und Balrogs zu kämpfen hatten.
Am letzten und einzig sonnigen Tag unseres Urlaubs haben wir uns noch Quedlinburg angeschaut. Die Stadt mit ihrer riesigen Fläche von Fachwerkhäusern und lauschigen Kopfsteinpflaster-Gassen wurde wohl mal von japanischen Reisebüromitarbeitern zu einer der 10 schönsten Städte der Welt gewählt.
Keine Ahnung, ob ich das unterschreiben würde. Vielleicht habe ich als Mittelalter-Nerd auch nur einfach schon zu viele solcher Städte gesehen…
Atmosphärisch und zum Rest unseres Hexen-Urlaubs passend, war Quedlinburg aber auf jeden Fall. Straßennamen, allgegenwärtige Hexenpuppen und Bauwerke wie der „Schreckensturm“, in dem in düsteren Zeiten nach Herzenslust gefoltert wurde, beschwerten mir eine angenehme Gänsehaut.