Filmkritik: Dredd 3D
+ Vergleich: Judge Dredd (1995) vs. Dredd 3D (2012)

7 von 10 Vollstreckern

Dredd 3D ist ein weiteres Remake der Serie „Drang zum Realismus“. Man könnte auch sagen Dredd 3D verhält sich zum Judge Dredd von ’95 wie Tim Burtons Batman zu Christopher Nolans Batman. Die Welt ist weniger bunt und die Schulterpolster der Street Judges weniger gülden und albern. Manchen gefällt das, anderen eher weniger. Mir hat es gefallen.

Dredd 3D bietet dem Zuschauer schnörkellose Action der alten Schule und kann mit kompromissloser Gewalt im dreckigen Ghetto-Ambiente punkten. Die Handlung spielt dabei beinahe komplett in einem gewaltigen Wolkenkratzer von Megacity, einer Stadt, die durch massive Überbevölkerung wie ein einziger gewaltiger Slum wirkt.

Eine Story ist bei Dredd 3D im Prinzip nicht vorhanden. Wir haben es vielmehr mit etwas zu tun, was mich an Reality-TV-Shows aus den USA wie „Cops“ erinnert hat. Der Zuschauer erhält Einblick in eine beliebige Episode aus dem Polizeialltag in einer tristen und düsteren Zukunft. Er darf Street Judge „Dredd“ dabei beobachten, wie dieser seine neue Praktikantin einem Feldtest unterzieht, um ihre „Straßentauglichkeit“ zu testen. Dabei geht definitiv eine Art „Leon der Profi und sein Babe“-Vibe ab.

Dieses simple Prinzip wird durch die gleichermaßen simple Handlung und das „überschaubare Handlungsareal“ untermauert. Das Gesamtkonzept geht auf in meinen Augen: Es macht Spaß mit Dredd und seiner weiblichen Begleitung in einem Wolkenkratzer voll mit schießwütigen Gangmitgliedern eingeschlossen zu werden. Es wird meist erst geschossen und dann gefragt. Das ist Actionkino, welches mich an die simpleren Zeiten der Actionblockbuster aus den 80ern und 90ern erinnert.

Auf Rotten Tomatoes hat Judge Dredd von 1995 mit gerade mal 18% vollkommen verkackt, während Dredd 3D von 2012 mit 77% überraschend gut abgeschnitten hat für einen doch recht „simpel gestrickten“ Film. Grund genug für mich die beiden Streifen mal näher unter die Lupe zu nehmen. Da es bei beiden Filmen keine ohne nur eine lächerliche Story gibt, werde ich mich auf folgende Punkte stützen:

Wer hat den besseren Judge Dredd?

Schwierig zu entscheiden, da die beiden Dredds ein wenig unterschiedlich angelegt sind. Während Stallone auch mal den Helm ausziehen und sogar mal einen lockeren Spruch aufsagen darf, scheint Urban der Helm am Kopf festgewachsen und er kann nur über Stimmlage und Handlungen Atmosphäre aufbauen. Beide machen Ihren Job ganz gut, auch wenn Stallone mit seinem „EI ÄM DE LAAAAAAAAW“ bisweilen fast lächerlich wirkt. Trotzdem gefällt er mir rein optisch mit seiner schiefen Boxerfresse (Man sieht unter dem Helm ja ohnehin nur den Mund) und den stahlblauen und gesetzestreuen Augen als Dredd am besten. Ach ja, und dann wäre da noch die Sache mit dem Helm von Urbans Dredd. Gehen die roten Striche über seine Augen? Sieht der überhaupt was unter dem Helm? Und wenn nicht, soll das an die blinde Justitia erinnern? Keine Ahnung… Gleichstand.

Der Female Sidekick

Der süße Blondschopf Olivia Thirlby, bietet als nicht-behelmter Judge einen angenehmen Kontrast zum grimmigen Dredd. Die Sexfantasien eines Bandenmitglieds, in denen sie integraler Bestandteil ist, tun ihr Übriges. Dagegen kann die deutlich ältere Diane Lane im Stallone-Dredd einfach nicht mithalten. Sitzung geschlossen.

Der Villain

Hier zeigt sich, dass eine wilde Narbe im Gesicht noch lange keinen glaubwürdigen Bösewicht macht. Denn so eine ziert zwar den halben Kopf von Lena Headey als Ma-Ma, doch außer Drogen nehmen und Befehle äußern unterstreicht nichts ihren Status als böse Anführerin. Hier kommt Armand Assante als Dredds Bruder Rico im alten Dredd deutlich furchteinflößender rüber. Statt einer Narbe reichen ihm bloße Blicke, um einen Eindruck von seiner Boshaftigkeit und Morallosigkeit zu vermitteln. Punkt für den Alten Dredd.

Die Props

Unvergessen der leicht ulkige, aber dennoch amüsante Kriegsroboter und Bodyguard von Riko, der sich auf Arme und Beine ausreißen spezialisiert hat. Im Urban-Dredd gibt es außer einer riesigen Minigun und ein paar glitzernden Drogenbehältern wenig Besonderheiten oder Hingucker. Punkt für Stallone.

2 Punkte Kategorie: Die Action

Wer den Comic Judge Dredd verfilmen möchte, muss die Action als wichtigsten Punkt auf dem Tacho haben. Leider beschränkt sich die einzig coole und gnadenlose Lawgiver Action des alten Dredds auf die ersten 5 Minuten des Films. Danach fordert das „Comichafte“ seinen Preis, alles wird deutlich unbeschwerter und die Action ist “angeschnallt”. Dazu trägt natürlich auch maßgeblich Rob Schneider als Dredds „komischer Sidekick“ bei. Im Dredd mir Karl Urban finden wir stattdessen kompromisslose Action von Anfang bis Ende, inklusive Rambo-„Ich nähe mich selbst wieder zusammen“- Szene. Hier pfeifen die Lawgiver und andere Waffen eine anhaltende Symphonie der Leichen und der Zerstörung. Die Punkte gehen eindeutig an Dredd 3D.

Special Effects

Trotz des wieder einmal vollkommen überflüssigen und brachial wie lieblos draufgezimmerten 3Ds hat der neue Dredd hier klar die Nase vorn. Auch wenn die Effekte beim alten Dredd für ihre Zeit nicht schlecht waren, kommen sie natürlich lange nicht an die genialen Slomo-Effekte der gleichnamigen Droge heran. Hier scheint das gesamte Budget gelandet zu sein.

Darstellung von Megacity

Hier kann ich für keine Seite eine Lanze brechen, da beide Versionen gut zum Flair des jeweiligen Films passen. Die Bladerunner-Corruscant-Skyline des alten Dredds passt genauso gut zu dessen comichaften Grundton, wie die gigantischen Wohnsilos zur Ghetto-Atmosphäre des neuen Dredd. Gleichstand.

Insgesamt:

Dredd (1995): 4 Punkte (I am the law…!?)

Dredd (2012): 6 Punkte (But I am the Winner.)

Über Thilo (1210 Artikel)
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