Ist The Book of Boba Fett ein unnötiger 2. Aufguss?

© Disney

Wieso fühle ich mich, als würde ich bereits in der 4. Iteration der Matrix leben?

(schaut Matrix 4, er ist brillant)

Hmmm, vielleicht weil sich Dinge ständig wiederholen und mir von den Medienproduzenten meine eigene nostalgische Ader wie eine Peitsche um die Ohren gehauen wird? Und ich auch noch wohlig zitternd “JA! MEHR!” schreie?

Ein wenig ging es mir so, als ich mir gestern die erste Folge von The Book of Boba Fett ansah. Neben aller Verzückung über bekannte Orte und scheußlich schöne Wüstenmonster beschlich mich auch dieses “Seen it all, done it all”-Gefühl.

Zunächst wollte ich diesen Beigeschmack als altersbedingte Lebensmüdigkeit und Überdruss des Streaming-Zeitalters abtun. Doch bei näherer Betrachtung ist The Book of Boba Fett in gewisser Weise wirklich ein unnötiger 2. Aufguss.

Denn es gab bereits eine Boba Fett-Serie: The Mandalorian.

Natürlich ging es darin nicht sprichwörtlich um Boba Fett (zumindest nicht in Staffel 1), aber es wurde alles instrumentalisiert, was den berüchtigten Bounty Hunter so mysteriös und cool gemacht hatte.

Die Rüstung.

Die Gadgets.

Die wortkarge Coolness.

Einfach das ganze Paket.

Und ich muss sagen, dass mir die erste Folge Mandalorian deutlich besser gefällt, als die erste Folge Boba Fett.

Die Musik von Mando ist schon mal besser.

(Auch wenn mich das Stöhnen des Zillertaler Hoden-Chors in Begleitung der Boba Fett-Bilder weniger verwirrt hat, als auf YT. Ich werde mich daran gewöhnen.)

Aber auch alles andere war bei Mando irgendwie besser.

Warum?

Na, weil The Mandalorian das gemacht hat, was schlau war: es hat die ganze Mystik von Boba Fett genommen und die besten Aspekte davon in eine Person gegossen.

Et voila, wir hatten einen ultra coolen Gun Slinger, der sich weigerte seinen Helm abzunehmen und ganze Gegnerscharen nur durch seine überlegene Rüstung bezwingen konnte. Dazu mussten wir weder sein Gesicht sehen, noch den “Markennamen” Boba Fett lesen.

Und genau das ist imo das Problem an The Book of Boba Fett.

Entmystifizierung.

Wollten wir wirklich jemals wissen, wie der Typ aussieht, der wie ein kreischendes Mädchen im Sarlacc abgeschmiert ist?

In gewisser Weise wurde dieser Fehler ja schon bei Episode 1-3 gemacht.

Die “Macht” wird nur bestimmt durch eine Konzentration von Midi-Chlorianern im Blut?

Toll.

Lord Vader ist durch Kommunikationsprobleme entstanden?

Aha.

Manchmal ist weniger einfach mehr.

Umso mehr wir einen Aspekt beleuchten und die Schatten des Mysteriösen vertreiben, desto weniger spannend wird er.

Natürlich war The Mandalorian DIE Serie für alle Boba Fett-Nerds, die sich schon immer abends leidenschaftlich stöhnend in ihrem Boba Fett-Cosplay in den Schlaf masturbiert haben. Und für alle anderen auch.

Absolut legitim und großartig aus diesem Star Wars-Fetisch eine Serie zu machen!

Aber, wie gesagt, das wurde ja schon gemacht.

Ist Boba Fett demnach nicht nur ein Cash Grab der Matrix, äh, ich meine von Disney, um der geifernden Horde mehr von dem vorzuwerfen, was sie wollen, und damit mehr Emotionen (Likes, Clicks, Shares) zu generieren, die die Geldmaschine in Gang halten?

Wird hier das Nostalgie-Handtuch nicht über Gebühr ausgewrungen?

Besonders gut zu sehen an der Stelle der ersten Folge von The Book of Boba Fett wo…

SPOILER!!!

… der junge Tusken Boba Fett zur Feuchtfarm von Owen und Beru Lars führt, die kurz davor ist von Schergen in Brand gesteckt zu werden. (Update: Jemand hat mich drauf aufmerksam gemacht, dass das zeitlich nicht hinkommt. Ok, dann soll es eben an Beru und Lars erinnern. Kommt aufs selbe heraus)

Boba und die anderen schauen sich das an, zucken mit den Schultern und gehen wieder weg. Meine bessere Hälfte meinte nur: “Wieso zum Geier, hat der Junge ihn da hingeführt? Wieso sollte er das sehen? Das gibt doch gar keinen Sinn.”

Und ich meinte nur: “Der Zuschauer sollte das sehen. Darum.”

Wir sind also an einem Punkt der Selbstreferenz angekommen, den Matrix 4 so köstlich auf die Schippe genommen hat und die Jean Baudrillard in seinem Werk “Simulacres et simulation” bereits vor Jahrzehnten prophezeite: Wir ernähren uns von leeren Hülsen, die um ihrer selbst Willen existieren und keinen direkten Sinn mehr erfüllen.

Schöne neue Welt.

Damit wir uns nicht falsch verstehen: ich mochte die erste Folge Boba Fett und werde als braver Matrixbewohner und Star Wars-Fan auch alle weiteren gucken.

Aber Boba ist für mich nur ein Abklatsch vom Mandalorian.

Wollte ich jemals sehen, wie Boba dem Sarlacc entkommt? Wollte ich überhaupt wissen, wie Boba unter dem Helm aussieht? (Danke Episode 2!)

Ja und nein. Vielleicht.

Ich bin gespannt wie The Book of Boba Fett weitergeht. Ob die Macher uns nur einen Nostalgie-Braten nach dem anderen zum Fraß vorwerfen oder ob es auch ein paar interessante und überraschende Handlungsstränge gibt.

Eins steht fest: Boba Fett geht mit einem Malus ins Rennen. Außer einem klingenderen Namen hat er dem Mandalorian erst mal nichts voraus.

Leg dich ins Zeug, Klon!

Ach ja, der ist ja auch noch körperlich ein Klon…

*Facepalm*

Über Thilo (1200 Artikel)
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