D&D 5th Edition Monster Manual Review – Geschichten & Abenteuer sind wichtiger als Regeln & Werte.
A W E S O M E !
Obwohl mein Pen & Paper-Regal bereits unter der Last verschiedener Monster Manuals ächzt, kann ich von Bestiaries, wie sie schon im Mittelalter zusammengestellt wurden, nie genug bekommen. Dementsprechend habe ich mir natürlich sofort bei Erscheinen das 5th Edition Monster Manual von D&D unter den Nagel gerissen und ich kann nicht glauben, wie sehr es mich vom Hocker reißt!
Beim Durchblättern des wunderbaren Artworks habe ich mich gleich wieder so gefühlt, wie damals, als ich als kleiner Junge mit großen Augen mein erstes Dinosaurier-Buch durchgeblättert habe. Ich hatte schon immer eine Schwäche für Monster und wollte schon als Kind irgendwann meine eigene Geisterbahn besitzen. Nicht, dass ich jetzt eine hätte. Leider.
Das neue Monster Manual macht wirklich einen großartigen Job, wenn es darum geht, in uns allen wieder dieses verzückte Kind hervor zu kitzeln. Aber das liegt nicht nur an den großen und wunderbar gemalten Monstern, sondern auch daran, dass es die beiden wichtigsten Maximen fortführt, die auch schon für das großartige Player’s Handbook der 5th Edition maßgeblich waren: Das Beste aller bisher erschienenen D&D-Regelwerke kombinieren und dabei Geschichten und Abenteuer mehr gewichten als Regeln und Werte.
Was jedoch nicht heißen soll, dass letztere vernachlässigt wurden und das MM zu einem reinen Bilderbuch für Monster-Lover reduziert worden wäre, im Gegenteil. Alle Stats sind sehr kompakt und auf einen Blick zu erkennen. Dabei ist besonders der Teil zu loben, der in bisherigen Manuals eigentlich eher der Vollständigkeit halber abgehandelt wurde: Die Hintergrundgeschichte, bzw. die „Ecology“ der Monster. Hier wurden wohl durchdachte Textblöcke geliefert, die als grandiose Abenteuerideen dienen können und den Spielleitern die richtigen Ideen geben, wie ein Monster in ein Abenteuer und die Welt eingebunden werden kann. Jeder Paragraph hat zusätzlich eine kurze, aussagekräftige Überschrift, damit auf einen Blick die grundlegenden Eigenschaften und Verhaltensweisen eines Monsters erkannt werden können. Wenn ein SL beispielsweise unter „Harpy“ von „Divine Curse“, „Harpy Song“, „Sadistic Cowards“ und „Gruesome Collectors“ liest, hat er schon eine grobe Vorstellung von Funktion und Verwendbarkeit des Monsters.
Wunderbar ist auch, wie vollständig sich das Buch anfühlt. Ich hatte nicht das Gefühl, dass irgendein wichtiger Critter vergessen worden wäre. Alle einzelnen Klassiker wie Beholder, Mind Flayer oder Mimics haben es ins Buch geschafft. Aber auch alle Monster, von denen es verschiedenste Unterarten gibt, wie Riesen, Drachen, Dämonen, Teufel, Engel, Golems, Elementare, Genies, Werwesen, Oozes oder Yuan-Ti sind natürlich in der wunderbaren Freak Show mit an Bord.
Planescape-Fans wie ich freuen sich zudem über planare Exoten wie die astralreisenden Githyanki und Githzerai, die chaotischen Slaadi, die bösartigen Yugoloths oder die lustigen Modrons aus dem gigantischen Uhrwerk von Mechanus.
Wie auch schon im Player’s Handbook wurden zudem hin und wieder Bezüge zu Romanen gesucht, um Neulingen wie Langzeitfans eine lebendige Welt voller Legenden zu präsentieren. So wird z.B. als bekannter Todesritter Lord Soth erwähnt und Graf Strahd von Zarovich (die D&D-Variante von Dracula) darf als Paradebeispiel eines berühmt-berüchtigten Vampirs dienen. Einige oldschool Nerds werden vielleicht sogar noch den Demi-Lich Acererak aus Gary Gygax‘ Tomb of Horrors von 1978 wieder erkennen. Da musste selbst ich passen und nachschlagen. Der letzte Demi-Lich, der mir das Wasser in die Augen getrieben hat, war Kangaxx in Baldurs Gate 2 … Ein furchtbarer Group Wipe war das.
Natürlich sind in den Anhängen auch wieder alle Tiere, Ungeziefer und riesige, sowie Schwarm-Varianten derselben zu finden.
Doch vollkommen von den Socken war ich angesichts der äußerst praktischen Liste von immer wieder auftretenden NPCs, die jeder Spielleiter gerne schon fertig ausgestattet zur Hand hätte. Früher habe ich unendlich viel Zeit damit verbracht NPCs mit Werten auszustatten oder musste improvisieren, wenn meine Gruppe spontan beschlossen hatte dem Priester im Tempel, der sie gerade geheilt hat, eins mit der Keule zu geben. Da ist so eine Liste von menschlichen Gegnern wirklich ein Segen! Von der einfachen Stadtwache, über Banditen, Kultisten und Ritter, bis hin zum Erzmagier scheint so ziemlich jeder vorhanden zu sein, mit dem die Spieler spontanen Streit suchen könnten.
Das ist eine tolle Idee, ganz im Spirit der 5th-Edition, in der unkomplizierte, cineastische Action im Vordergrund steht. Dementsprechend wurden auch von vielen Monsterrassen wie Orks, Hobgoblins und dergleichen verschiedene Varianten für unterschiedlich schwere Herausforderungen mitgeliefert. So befindet sich beispielsweise bei den Dunkelelfen nicht nur ein Template, sondern konkrete Erscheinungsformen, die sofort verwendet werden können: „Normaler“ Drow (CR ¼), Drow Elite Warrior (CR5), Drow Mage (CR7), Drow Priestess (CR8). Sehr praktisch.
Und auch wohl überlegt und spannend sind…
Legendäre Monster mit legendären Aktionen!
Einigen Monstern, wie alten Drachen, Kraken, mächtigen Untoten und anderen epischen Gesellen, wurde besondere Aufmerksamkeit gewidmet. Da solche Kaliber meistens als Kopf einer gesamten Organisation des Bösen und somit im Kampf als epische Endgegner verwendet werden, hat Wizards ihnen sogenannte „legendäre Aktionen“ spendiert, die sie außerhalb ihrer eigenen Runde einsetzen können. Damit kann die Taktik einer Heldentruppe ganz schön durcheinander gebracht werden, wenn jeweils am Ende der Runde eines PCs das Monster noch eine unerwartete Aktion einstreuen kann. Beispiel: Um dessen unmenschliche Geschwindigkeit darzustellen kann der Vampir z.B. zwischen den Runden einfach noch eine Move-Action einstreuen (natürlich ohne Attacks of Opportunity auszulösen), um sich neu zu positionieren.
Außerdem haben alle legendären Monster „legendary resistance“, die Fähigkeit 3 Mal einen Rettungswurf als geschafft zu behandeln. Also keine heulenden Spielleiter mehr, wenn der von langer Hand vorbereitete, epische Endkampf vorzeitig durch einen Disintegrate des Magiers beendet wird.
Die dritte Besonderheit bei den Legendären Monstern sind die sogenannten “Lair Actions”. Auf dem Initiative-Count von 20 kann ein Drache in seinem Hort z.B. Steine von der Decke fallen oder einen heißen Geysir empor schießen lassen. Außerdem verändert die Behausung eines Legendären Monsters auch die Region, in der es lebt. So lässt die Präsenz eines weißen Drachen auch im Hochsommer örtliche Brunnen und andere Wasserstellen gefrieren.
Als Fazit kann ich sagen, dass mich das 5th Edition Monster Manual als oldschool D&D-Nerd wunschlos glücklich macht.
Das einzige was fehlt und von einigen bemängelt wurde ist, dass es im Anhang keine Liste der Monster nach Challenge-Rating sortiert gibt. Allerdings glaube ich auch nicht, dass man eine braucht. Denn ein guter Spielleiter schaut ja nicht auf die Stufe seiner Spieler und auf leere Dungeon-Räume und füllt diese dann mit Monstern der entsprechenden Stufe. Er überlegt sich vielmehr welche Monster und Bedrohungen im Rahmen des Abenteuers und bestimmter Lokalitäten Sinn machen. Dabei muss das Challenge Rating eines Monsters erst mal egal sein. Hat ja nie jemand behauptet, dass immer alles mundgerecht zusammenfaltbar sein muss und Helden nicht auch mal improvisieren oder im Zweifelsfall weglaufen dürfen. Doch gerade durch das neue und realistischere Treffer- und Rüstungsklassen-System sind die Monster in ihrer Verwendbarkeit ohnehin näher zusammen gerückt. Eine Horde Banditen kann auch für höher Stufige PCs eine Gefahr darstellen, aber gleichermaßen können ein paar Noobs auch einen Frostriesen in den Staub schicken. Das geht jetzt endlich, weil hochstufige Monster keine unerreichbaren Rüstungsklassen mehr haben. Es kommt dem World Building sehr zu Gute, dass nun mehr auf Atmosphäre und Sinnhaftigkeit geachtet werden kann, als auf Challenge Ratings von Monstern.
Hardcore Listen-Lover können sich aber hier das PDF ziehen: 5th edition Monsters by Challenge Rating, das Wizards mittlerweile auf Ihrer Seite nachgelegt haben. Scheinbar soll es aber auch im Dungeon Master’s Guide zu finden sein, der im Dezember erscheint.
PS: Ich entschuldige mich übrigens für die schlecht abfotografierten Bilder. Aber ich bin ja auch kein Fotograf, sondern eine Labertasche. Hier sind noch ein paar Teaser: