Dungeon Keeper-Kartenspiel in SNES-Optik: Boss Monster!
Zwei Wochen – die Haustürglocke klingelt und ich verspüre das erste Mal wieder Lust zum Aufstehen. Ich laufe dem Postmann entgegen, der gar kein Postmann ist sondern eine Postfrau – Ich bewege mich verstört in mein Apartment zurück. In meinen Händen halte ich dieses Paket. Es ist circa 150 Gramm schwer, in braunes Packpapier eingewickelt und mein Name ist darauf unschwer zu erkennen. Ich öffne es vorsichtiger als ein Typ, der heimlich auf die Frauentoilette geht, um sich mit Frauendeo einzusprühen. Ich lese in großen Lettern „Boss Monster“. Nach dem zärtlichen Entfernen der Klarsichtfolie nehme ich behutsam den Deckel von der Schachtel und inspiziere den Inhalt. Zunächst überprüfe ich das Regelheft auf Rechtschreibfehler und suche nach Schlupflöchern wie ich meine Freunde übers Ohr hauen könnte. Freunde – Die letzten hab ich gegen Bitcoins eingetauscht. Ich mache mich schnell auf den Weg in die Uni und nötige zwei meiner Kommilitonen gegen Kaffee mit mir Boss Monster zu spielen. Sie willigen überraschend ein. Wir lassen uns in einem kleinen Café nieder. Wir spurten zum nächsten Tisch, an dem ein Turnschuh von der Wand hängt. Nach einer Tasse Kaffee, einem Stück Käsekuchen und einem Schluck vom Bier des Monats bitte ich meine Begleiter ihre Hände zu waschen und man einigt sich auf ein Spiel. Nach dreißig Minuten sehe ich schon die ersten verdächtigen Blicke meiner Spielpartner auf das naheliegende Pärchen, das sich kichernd die Zeit mit UNO-Kartenspielen vertreibt. Ich kann in ihren Augen lesen: „Sieh‘ doch mal, die sehen so vergnügt aus.“ Nach weiteren fünfunddreißig Minuten haben wir bereits das Regelwerk fünfmal gelesen, eine Karte mit Kaffee bekleckert, mit der Bedienung geflirtet und mehrere Flaschen Bier getrunken. Kleine Zweifel an meinem Vorhaben beginnen aufzukeimen, doch das Spiel triumphiert.
Boss Monster ist ein Dungeon Keeper im Mini-Format und genauso viel Spaß macht es auch.
Die Mitte des Spielfeldes bildet die Stadt aus der Helden und epische Helden schlüpfen, die von den Schätzen, die es in den „Dungeons“ der Spieler zu holen gibt, angelockt werden. Die Aufgabe ist es die Seelen dieser Helden einzuheimsen und dabei so wenig Schaden wie möglich zu erleiden. Wie funktioniert das? Nun, mit Raumkarten legt man sich Runde für Runde seinen persönlichen Dungeon mit Level-Up Funktion zurecht. So wird aus der harmlosen „Construction Zone“-Karte mal der eher schlagfertigere „Crushinator“, der dem Helden zwei Herzen mehr aus der Brust reißt.
Außerdem lassen sich Kartenboni abgreifen, Helden verirren sich im „Minotaur’s Maze“ und dürfen die Reise noch mal antreten und manche Karten erlauben es dem Spieler, gezielt einen Helden aus der Stadt zu erledigen. Gewitztes „Dungeoneering“ ist also gefragt. Am Ende der Bauphase bewegen sich die Helden in klassischer Side-Scroll Manier – also von links nach rechts – durch den Kerker und erliegen dabei den beschriebenen Effekten der aufgedeckten Raumkarten.
Diese entscheiden, ob das Heldenmännchen oder -weibchen bis zum Boss gelangen wird oder auf der Strecke bleibt. Der Griff in die Zaubertruhe ermöglicht außerdem den Einsatz von Zauberkarten. Mit dieser Trickserei lassen sich totgeglaubte Helden im gegnerischen Dungeon auferwecken, Räume einfrieren oder gar zum Einsturz bringen – mitsamt Helden.
Für Lacher sorgen auch die Bosse, die am Ende eines Spielerkerkers warten. So erinnert Father Brain an den Obermotz aus Metroid Prime oder King Croak an Bowser aus Super Mario. Am vielfältigsten erweist sich Boss Monster in der Mannigfaltigkeit der Helden. Diese können entweder Diebe, Magier, Krieger oder Kleriker mit verschiedenen Fähigkeiten darstellen. Einfallsreich illustriert wissen diese auch mit ihrem Charme zu begeistern. Nach dem Aufbau des Spielfelds und dem Verteilen der ersten Karten gewinnt das Spiel an Tempo und man entwickelt recht zügig eine gewisse Routine. Die aber keinesfalls stört, denn sie ist notwendig, um sich voll und ganz auf die Architektur des eigenen Dungeons zu konzentrieren. Denn als Sieger geht nur derjenige hervor, der zehn Heldenseelen und weniger als fünf Wunden vorzuweisen hat.