Filmkritik: Chappie – Mit Blomkamp zurück ins Ghetto
6 von 10 Neuralhelmen
Vor meiner Glotze liegt eigentlich immer ein kleiner Stapel Blu-rays, die darauf warten endlich von mir durchgezogen zu werden. Seit Blu-rays in den vergangenen Jahren immer günstiger geworden sind, habe ich es mir zur Angewohnheit gemacht mir alle Filme, die ich im Kino verpasst habe, irgendwann einfach per Amazon schicken zu lassen, um sie peu à peu nachholen zu können. Auf Aggregatoren wie gutscheinpony.de findet man ja schnell die passenden Amazon Gutscheine, um sich günstig einzudecken.
Irgendwie wird dieser Stapel jedoch nie wirklich weniger, weil der Postbote schneller neue Filme oben drauf legt, als ich sie mit meiner begrenzten Zeit als Blogger, Superheld und Vater anschauen kann. Neulich bin ich immerhin mal zu Chappie gekommen, dem dritten Teil aus Neill Blomkamps Cyber-Ghetto-Trilogie. Ernsthaft, der Mann hat sich wirklich in afrikanische Ghettos in Kombination mit Robotern und/oder Außerirdischen verliebt. Da er Südafrikaner ist, überrascht mich das natürlich nicht sonderlich, doch so langsam könnte er mal andere Gefilde aufsuchen und uns von seiner Flexibilität überzeugen.
Denn die Wahrheit ist: Die Kombination ist mittlerweile ein wenig ausgefranzt. Während Elysium schon ein deutlich schlechterer zweiter Aufguss des genialen District 9 war, ist auch Chappie leider kein würdiger District 9-Nachfolger. Doch anders als der langatmige und streckenweise geradezu langweilige Elysium ist Chappie wirklich unterhaltsam und hat einige Lacher zu bieten. Dies ist allerdings einzig und allein dem von Sharlto Copley gespielten Chappie zu verdanken (er wurde dann später durch den CGI-Effekt ausgetauscht – kein Motion Capture), der mich mit seinen Helm-Antennen ein wenig an ein Cyber Bunny erinnert hat. Der Rest der Schauspieler ist komplett austauschbar. Sigourney Weaver ist vermutlich nur im Film zu finden, weil sie als ehemalige Nostromo-Pilotin positiv auf jeden Scifi-Film abfärbt. Einzig Hugh Jackman wäre noch zu nennen, der einen herrlich schmierigen Unsympathen in Form eines fanatischen Ex-Militärs spielt. Allerdings resultiert sein „Hau mir in die Fresse“-Charisma auch maßgeblich aus seiner grauenhaften Frisur und dazu gehöriger Kleidung.
Chappie spielt in einer nahen Zukunft, in der Polizeiroboter im Verbrechenssumpf von Afrika für Recht und Ordnung sorgen. Während sich der maßgebliche Entwickler der Roboter, Deon, im Ruhm seiner funktionierenden Roboter-Armee sonnt, wartet in den Schatten ein eifersüchtiger Vincent (Jackman) darauf endlich seinen über einen Neuralhelm ferngesteuerten Mech namens MOOSE zum Einsatz bringen zu dürfen. Deon rüstet derweil eine defekte Robotereinheit mit einem neuen Chip aus, der „Chappie“ sofort ein menschliches Bewusstsein beschert. Doch natürlich gerät der Cyberhase, der nun erst mal wie ein Kleinkind die Welt erforschen und verstehen muss, in die Hände der Gangster Yolandi und Ninja. Erstere erkennt Chappie als seine Mutter an und lernt fortan wie sich ein intelligenter Roboter in Gang-Kreisen zu bewegen hat.
Es macht von Anfang an Spaß dabei zuzuschauen, wie Chappie sich in der Welt der Gangster zurecht findet. Die gesamte Atmosphäre lebt dabei von der typischen Blomkampschen Ghetto-Kulisse mit ihren verfallenen Fabrikhallen und Graffitis. Doch leider kratzt Chappie für mich bei allen angestoßenen Themen zu Robotik, Menschlichkeit, Unsterblichkeit und allen philosophischen und moralischen Implikationen nur an der Oberfläche. Wir müssen uns damit abfinden, dass Chappie seine tadellose Moral von der einmaligen Bitte seines Erbauers niemandem zu schaden und einer Folge He-Man verinnerlicht hat. Und obwohl er rasend schnell lernt und das Wissen des Internets quasi auf Knopfdruck in sich aufnehmen kann, bleibt er bis zum Ende des Films auf beinahe erfrischende und infantile Weise naiv. Da macht es dann auch nichts mehr aus, dass Chappie einen Weg findet mittels irgendeines nicht näher definierten Neuralhelms das Bewusstsein eines Menschen oder Roboters beliebig zu transferieren. Es zählt nur, dass sich Vincent wie ein Kleinkind freut als er endlich seinen Moose ins Gefecht fliegen darf und sich dann austobt, als hätte er zu Weihnachten von Mama und Papa endlich das geile Mech-Game für seine Playstation bekommen. Und es zählt die Befriedigung, die wir empfinden, als Chappie ihm dafür die Beine bricht.
Also letztendlich sollte niemand hier Tiefgang erwarten, den das Robotik- und AI-Thema durchaus verdient hätte. Doch Chappie macht trotzdem auf seine kindlich unschuldige (und blutige) Weise Spaß und weiß mit seiner Roboter-Ghetto-Kombi, deren Haltbarkeitsdatum jedoch auf fünf vor zwölf steht, noch einmal zu überzeugen. Kein Highlight, aber nett mal gesehen zu haben.