Spoiler! Wir müssen mal über das Finale von Game of Thrones quatschen

Arya und Jon wirken angesichts dieser Folge ratlos… © HBO

Falls jemand die 8. Staffel Game of Thrones und das dezent platzierte SPOILER in der Überschrift nicht gesehen haben sollte:

S P O I L E R ab hier. Das soll eine Episoden-Analyse werden.

Zunächst möchte ich aber etwas loswerden.

Ich glaube, jeder GoT-Fan stimmt damit über ein, dass die Story und die Charaktere aus der Feder von George R. R. Martin seit ziemlich genau 2 Staffeln nicht mehr dieselben sind. Da gab es schon Mecker-Potenzial. Und zwar genau aus dem Grund: Weil sie eben nicht mehr aus seiner Feder sind. Er hat zwar noch grobe Anweisungen gegeben, hinkt jedoch mit seinen Büchern genauso schmerzlich hinterher wie Patrick Rothfuss mit den genialen Kingkiller Chronicles. Bildet doch mal eine Schreibgruppe, ihr zwei. Und ladet Stephen King dazu ein, um etwas über Tempo zu lernen.

Trotzdem schaue ich nun nicht voller Reue und Verbitterung auf GoT zurück. Ich denke, die Autoren der letzten beiden Staffeln haben ihr Bestes gegeben, um den Zuschauern gute Unterhaltung zu bieten. Es ist eben nicht jeder ein G. R. R. Martin. Wäre es jeder, wäre es ja keiner mehr, wenn ihr versteht, was ich meine. Was passiert ist, ist passiert, und was gesagt wurde, wurde gesagt (oder besser: nicht gesagt). Es ist für mich nicht mehr so genial wie einst, aber „ok“. Ich werde sicher irgendwann einen Rewatch der ganzen Serie starten.

Allerdings werde ich bei den ersten Staffeln so viel mehr Spaß haben! Wenn ich bei einem schönen Glas Chianti und Käsewürfeln Tyrions politischer Philosophie lausche, bevor ich dann für den platten Dragon Porn der letzten Staffeln zu Bier und Mettbrötchen wechsle.  

Hach, das waren noch Zeiten mit Tyrion und mir… © HBO

Ja, der Kontrast ist schon frappierend teilweise. Sarlacc-artige Plot-Löcher und Charaktere, die eindimensionale, berechenbare Pappkameraden geworden sind, zieren Westeros in den letzten beiden Staffeln. Und auch, wenn besonders die vorletzte Folge der finalen Staffel ein monströses Stöhnen bei den Fans ausgelöst hat, will ich mich nun ausschließlich mit der finalen Folge beschäftigen.

Daenerys‘ Nervenzusammenbruch und das vollkommen unnötige Töten von tausenden von unschuldigen Frauen und Kindern bilden dabei sowas wie das Silbertablett, auf dem sich das antiklimaktische Finale ausbreitet wie lauwarme Bratensoße. Auch wenn Drogon schon tot sein müsste wie seine beiden anderen Drachenbrüder, wenn man der lückenlosen Narrative der Ballistas folgt. Doch beim Angriff auf King‘s Landing kann die Drachenmutter natürlich plötzlich jedem Schuss locker ausweichen und scheint in keiner Weise besorgt, dass ihr Drache erneut nach zehn Sekunden Kampf vom Himmel genagelt wird…

Seufz. Beginnen wir mit der ersten Szene der finalen Folge.

Obwohl wir als Zuschauer schon vom unwürdigen Ende des Inzest-Pärchens wissen, wollen uns die Macher nochmal in die Gruft führen, damit wir zusammen mit Tyrion ein paar Krokodilstränen weinen können. Warte, nachdem Drogons Feuerodem den ganzen Palast zum sprichwörtlichen Platzen gebracht hat (was ist das eigentlich für ein Feuer?), sollte da doch alles eingestürzt sein, oder? Also, komplett unzugänglich? Ne, im Gegenteil, unser Lieblingszwerg muss gerade mal 2 oder 3 Steinchen aus dem Weg räumen, um die fast unversehrt aussehenden Leichen von Jaime und Cersei beheulen zu können. Is klar. More bad writing. Das zu zeigen war sogar eher ein Schnitt ins eigene Fleisch der Schreiber. Denn da wurden für mich sinnbildlich zwei emotionale Geschichten und komplexen Charakterentwicklungen unter einem Haufen uninspirierter Steine begraben…

Dann sehen wir Daenerys Hitler-Born, die vor ihren Unsullied steht und versucht die Schuld auf andere zu schieben. Sie bedankt sich für die Mithilfe ihrer Soldaten beim Einreißen der Häuser und Töten der… WAIT… das hat Mental Daeny doch alles alleine gemacht!? Ziemlich schwacher Versuch ihre Blutschuld hier gleichmäßig auf alle ihre Untertanen zu verteilen. Als sie dann „wollt ihr den totalen Krieg“ schreit (so klang es jedenfalls… woher die Schreiber bloß ihre Inspiration gezogen haben?) und ihre Armee dazu auffordert mit ihr den Rest der Welt zu erobern, musste ich an Zapp Branigan aus Futurama denken, der mal eine Horde aufständischer Killer-Roboter besiegte, indem er so viele seiner eigenen Männer von ihnen töten ließ, bis das einprogrammierte Tötungslimit der Roboter erreicht war und sie sich selbst abschalteten. Anders kann ich Daenys Vorhaben nicht deuten, da sie schon zwei Drachen, fast alle Dothraki und tausende ihrer anderen Soldaten am Widerstand aufgerieben hat.

Die Legende Zapp Branigan: Seid ihr dabei, Männer? © Fox

Natürlich sieht es majestätisch aus wie Drogon seine Flügel hinter Daeny ausbreitet und sie damit kurz zu einem gefallenen Engel macht. Doch sie steht auch ganz alleine da. Jon lehnt lässig an der Wand. Die beste Assassine des Landes, Arya, schaut aus dem Verborgenen zu. Und Tyrion stellt sich sogar neben die Tyrannin. Hätte nicht einer von den dreien, nach allem, was sie mitansehen mussten, jetzt versuchen müssen sie zu erdolchen?

Ne, stattdessen lässt sich Tyrion einfach so von ihr verhaften. Ohne groß zu reden. Worte und Diplomatie waren ja noch nie so seine Stärken. Lieber geht er erst mal in eine Zelle und erklärt dem zweiten enthirnten Hauptcharakter, warum es gar nicht FEINI war, was die böse Drachenmama da gemacht hat. Die Art, wie Jon sich Tyrions Apell wie ein dummer Schuljunge anhört, ließ mich schon vermuten, dass er bei der Schlacht ein Schädeltrauma erlitten hat.

Und dann kommt er. Der große Moment, auf den wir alle gewartet haben, weil er durch die vorausgegangene Episode nahezu unausweichlich war: Jon umarmt seine ach so tolle Queen und ersticht sie dabei. Ende.

Echt jetzt? Zwei der größten Bedrohungen für Westeros, bekommen derart unbefriedigende Abgänge spendiert? Obwohl sie die Personifikationen des Liedes von Eis und Feuer sind?

Erst wird der Night King von Aria mal kurz weggedolcht (wenigstens in einer coolen Szene), worauf hin seine „Droiden-Armee“ ebenfalls zusammenklappt. Und dann wird die Dragon Queen ebenfalls einfach umgemessert wie in einer käsigen Schulvorführung eines Shakespeare-Stücks. Koitus Interruptus. Zwei Mal.

Das ist Game of Thrones, verdammt noch mal! Mehr Blut, Feuer und Nudity! Erlaubt mir kurz ein Beispiel zu geben, wie die Szene auch hätte ablaufen können:

Nachdem Daeny Jonny mit ihrer Nazi-Ideologie zu gesülzt hat, weicht der Wolf dem Kuss des Drachens aus. Zu aufgewühlt sind seine Emotionen nach dem Massaker, um jetzt mit der bekloppten Blonden zu speicheln. Wir sehen, wie sich seine Augen mit Tränen füllen, als endlich seine Eier nachwachsen und er einen Entschluss fasst. Daenys Augen weiten sich in Horror, als Jon sein ikonisches Schwert Longclaw zieht, um es zu beenden. Die Drachenkönigin taumelt, teils Beschwichtigungen faselnd, teils mit Feuer und Blut drohend, rückwärts, während wir im Hintergrund den Schatten Drogons landen sehen. Flinker als es Jon für möglich gehalten hätte, läuft Daeny schreiend auf ihr rettendes Dragon Mount zu und Jon ahnt, dass er nur diese eine Chance haben wird. Als der Drache landet wirft Jon sein Schwert. Drogon antwortet mit einem Flammenodem. Klinge und Odem rasen aufeinander zu, Daeny in der Mitte. Dann hüllt Drogons Feuerstrahl Daeny und Jon komplett ein. Als der Feuersturm zu Ende ist, stehen die Targaryens nackt im Schneegestöber. Als Drachenblütige konnten die Flammen ihnen nichts anhaben. Daeny streckt ihre Arme nach Drogon aus, als plötzlich Blut aus ihrem Mund läuft. Ein Blick nach unten offenbart, dass Longclaw sie wohl doch noch durchbohrt hatte, bevor es von der Hitze geschmolzen wurde. Blut und Valyrischer Stahl fließen aus Löchern in Bauch und Rücken als sie kollabiert. Drogon flippt daraufhin kurz aus, brüllt, spuckt Feuer, aber muss am Ende akzeptieren, dass nur noch ein einziger Targaryen lebt, der nun sein neuer Herr ist. Als der wütend schreiende Grey Worm mit seinen Unsullied in den Raum flutet, springt Jon schnell auf den Rücken von Drogon. Da er nun auf der mächtigsten Massenvernichtungswaffe von Westeros sitzt, sehen die Unsullied zunächst davon ab ihn anzugreifen. Jon fliegt weg, um nicht noch mehr unnötiges Blut zu vergießen, und geht damit in die Geschichte ein als heldenhafter Bastardsohn und wahrer Erbe des Throns (Anstatt als „You are my Queen“-Zombie ohne Rückgrat). Die Unsullied tragen unterdes jammernd und wehklagend ihre Queen aus dem Raum, um irgendwo in der Stadt ein nicht verbranntes Stück Erde für ihr Grab zu finden. Feuerbestattung geht ja nicht…

Ja, ok, das geworfene Schwert ist auch auf seine Art cheesy und könnte auch aus einem Conan-Film stammen. Aber alles ist besser als der vorhersehbare Dolch bei der Umarmung…

Nun aber mal weiter in den Szenen dieser Episode.

Drogon schmelzt noch den eisernen Thron ein, bevor er mit seiner Mama verschwindet. Warum auch immer. Trotz aller Symbolschwere mag mir das vielleicht mal einer erklären? Warum sollte der Drache das tun? Gibt für mich überhaupt keinen Sinn.

Es wird vorgespult zu einem entrüsteten Grey Worm, der Jon Snow nun für seine Taten bestrafen möchte. Wait, what? Wieso ist er nicht sofort mit seinen Truppen reingestürmt und hat Jon getötet? Ich meine, seine Unsullied standen in dichten Reihen am Palast. Drogon schrie und spie Feuer, als seine Queen getötet wurde. Da sind die nicht mal gucken gegangen? Tolle Leibgarde hatte die Drachenkönigin.

Ne, er hat lieber Jon in den Knast gesperrt und bis zum Business Meeting der letzten Autoritäten des Landes gewartet.

Die wollen nun einen neuen König wählen. Und am Anfang gefällt mir diese Versammlung noch sehr gut. So witzig, wie der Tully-Typ aufsteht und sich erst mal selbst empfiehlt. Nach dem Motto: Versuchen kann man es ja mal. Dementsprechend demütigend fordert Sansa den Douchebag dazu auf, sich gefälligst wieder hinzusetzen. Fast so witzig wie Samwell, der mal die Möglichkeit einer Demokratie in den Raum wirft und einfach ausgelacht wird. In einer Fantasywelt wie Westeros wäre das aber auch einfach zu albern. Ich hab laut mitgelacht.

Und dann wird Bran gewählt. Ok.

Sein Rollstuhl lädt bestimmt überhaupt keine Assassinen dazu ein, sich den Thron von einem Krüppel zu holen. Oder war das wieder eine politisch motivierte Botschaft, dass auch gehandicapte Menschen solche Positionen ausfüllen können?

Natürlich können sie das, aber wären aus Sicht der Charaktere nicht andere für die Position besser gewesen? Ich meine, mehr als mystisch daher reden, konnte Bran bisher nicht, oder? Sind die sich überhaupt sicher, dass der Three-Eyed Raven seine Umgebung vollständig mitbekommt, so stoned wie er da immer sitzt?

Ok, zugegeben, ich wollte auch unbedingt Tyrion auf dem Thron sehen. Da wäre die Botschaft auch gut gewesen. Man muss nicht groß sein, um groß zu sein…

Und warum wird dann der Retter der Welt trotz allem verurteilt? Jon hat die Welt gerettet. Punkt. Ich kann es gerne nochmal sagen. Jon verdient die Krone, sämtliche Orden und den Dank aller Anwesenden, weil sonst eine komplett Wahnsinnige immer noch alle mit Feuer und Blut vernichten würde.

Und warum geht er dann zur Knights Watch zurück? Wieso gibt es die überhaupt noch? Was bewachen die denn? Die White Walkers wurden „deaktiviert“ und die Wildlings sind Verbündete. Ich schnall es nicht.

Und zu guter Letzt klappt Brienne of Tarth das Buch zu, ohne auf das Trocknen der Tinte zu warten! :-O. DAS WAR DAS ALLERSCHLIMMSTE! Haha. Zumindest sehr lustig, was das Netz schon an Memes dazu ausgespuckt hat.

Liebes Tagebuch… © HBO

Zusammenfassend überlegt: Warum regen sich jetzt so viele Leute über GoT auf?

Weil Menschen das Ende einer Story immer besser in Erinnerung haben, als die Anfänge… der farblose Tyrion, die oft unbefriedigenden Abgänge interessanter Charaktere und das Ende, das sich scheinbar nicht zwischen Happy End und Drama entscheiden kann. Zumindest an der Stelle ist man dem Grauzonen-Freund Martin treu geblieben.

Über Thilo (1195 Artikel)
Hi, ich bin der Gründer dieses bekloppten Blogs. Außerdem Realitätsflüchter, Romantiker, Rollenspieler, Gamer, Fantasynerd, Kneipenphilosoph und hochstufiger Spinner. Manchmal jogge oder schwimme ich, doch meistens trinke ich Bier.