Netflix‘ Miniserie Dracula ist einfach köstlich

© Netflix

Gruselig, blutig und triefend von schwarzem Humor!

Aber der Reihe nach.

Unter den klassischen Schauerromanen aus dem englischen Sprachraum fand ich Bram Stokers Dracula eigentlich immer am schlechtesten. Gegen Mary Shelleys Frankenstein, Gregory Lewis’ The Monk oder William Beckfords Vathek wirkt es geradezu schlecht geschrieben und langweilig.

Dennoch hat die Gothic Novel Dracula die mit Abstand ikonischste Monster- und Schurken-Figur für Film und Fernsehen hervorgebracht: Den gestaltwandelnden Grafen mit ausgeprägtem Blutfetisch.

Nun haben sich die Sherlock-Macher Steven Moffat und Mark Gatiss Stokers Material geschnappt und ihr Version in eine Netflix Mini-Serie gegossen. 3 Folgen mit je 90 Minuten, also im Prinzip drei komplette Dracula-Filme zum gierigen aufsaugen.

Das Ergebnis ist in jeder Hinsicht überraschend.

Dracula ist oldschool Gothic und erfrischend neu zugleich

Das beginnt schon bei der Erzählweise des Films, die wie ein Verhör auf einer Polizeistelle in Szene gesetzt wird. Nur dass die Bullen Nonnen sind, die einen schwer verletzten und ausgemergelten Jonathan Harker (John Heffernan) zu seiner Flucht aus Transsilvanien befragen.

Die Nonne Agatha (Dolly Wells) teilt dabei recht unverblümt Schläge gegen Religion und Gottesglauben aus, die mich, besonders im Kontext des Klosters, doch sehr zum Schmunzeln gebracht haben.

Überhaupt überraschen uns die Drehbuchschreiber mit ganz neuen Versionen einiger Charaktere, die erfrischend anders sind. Van Helsing in einem weiß-silbernen Disko-Outfit und dampfgetriebener, magischer Repetierarmbrust ist schon ein echter Hingucker. Ok, Scherz, aber ich will hier auch nichts spoilern.

Der reichhaltige Mythos um Vampire und ihren vermeintlichen Anführer wurde ebenfalls interessant erweitert, so dass sich ganz neue Story-Möglichkeiten ergeben.

Insofern ist Netflix‘ Dracula auch eher als „vom Quellmaterial inspiriert“ zu verstehen. Und dass, obwohl die erste Folge sehr klassisch und beinahe werkgetreu anfängt.

Draculas Burg ist wunderbar gruselig und wird durch seine Labyrinth-artigen Hallen und Gänge, die an Giovanni Battista Piranesis Carceri erinnern sollen, dem unglücklichen Harker sofort zum unüberschaubaren Gefängnis.  

Kann ich ihnen helfen? © Netflix

Doch der absolute Knaller, äh Sauger, ist Graf Dracula persönlich. Der Däne Claes Bang gibt mit seinen rabenschwarzen Haaren und seinen düsteren Augen schon rein äußerlich einen genialen Dracula ab. Ich frage mich, ob Claes noch auf irgendwelche Parties eingeladen oder überhaupt irgendwo reingebeten wird.

Und dann spielt er Dracula auch noch so wie ich bei Fluch des Strahd die D&D-Variante des blutgeilen Grafen spielen würde: als arrogantes, untotes Arschloch mit krankem Humor. Köstlich!

Da gibt es einige Szene, besonders später im Kloster, inmitten von Nonnen, die mich wirklich halb vor Unglauben keuchen und halb lachen ließen. Ich kann und will nichts spoilern, aber Dracula ist wirklich Unterhaltung pur: Blutig, gruselig und an den richtigen stellen selbstironisch und witzig.

Ich kann es nicht abwarten mir heute Abend die nächste Folge in Spielfilmlänge reinzuziehen.

Für Vampir- und Dracula-Fans eine dringende Empfehlung!

Dracula | Final Trailer | Netflix
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