Brettspiel Test: Kill Doctor Lucky

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8 von 10 albernen Mordwerkzeugen

Ich hasse Brettspiele, deren Regelwerke so umfangreich sind, dass man mit der bloßen Lektüre einen Bachelor und anschließend den Master machen kann. Natürlich brauchen halbwegs interessante Brettspiele auch ebenso halbwegs komplexe Regeln, das liegt wohl in der Natur der Sache. Doch der feine Unterschied besteht dann eben darin, ob die Regeln redundant, repetitiv und langatmig sind wie bei Dungeonquest oder leicht verständlich und gut unterteilt wie in Last Night on Earth.

Darum bin ich immer wieder freudig überrascht und von den Socken, wenn man mir ein Brett- oder Kartenspiel vor den Bug knallt, dass unkompliziert und trotzdem MORDS spaßig ist (pun intended). Kill Dr. Lucky ist zwar nicht so simpel wie ein Bier und Brezel Spiel (wie z.B. das geniale Guillotine), aber auch nicht so seicht, dass man zu schnell die Lust daran verliert. Seinen besonderen Charme gewinnt es in meiner Wahrnehmung dadurch, dass es eine wunderbare Spielprinzip-Umkehrung und Parodie vom langweiligsten Spiel der Welt ist: Cluedo.

Denn während man bei Cluedo in zombiehafter und ermüdender Manier durch ein großes Haus schleicht, um einen bereits verübten Mord aufzuklären, darf man bei Kill Dr. Lucky selbst handgreiflich werden. Das ist natürlich viel spaßiger und hat Eier.

Grundvoraussetzung des Spiels ist, dass man einen nicht weiter spezifizierten Groll gegen Dr. Lucky hegt. Darum versucht jeder Spieler in dessen Haus eine Waffe zu improvisieren, um den garstigen, alten Sack um die Ecke zu bringen. Einziger Haken: Die anderen Spieler dürfen nicht Zeuge der Tat werden. Das ist mitunter – besonders bei vielen Mitspielern – gar nicht so leicht, da im Haus durch offene Türen manchmal gleich 3 oder 4 Räume überblickt werden können.

In jeder Runde können die Spieler das Haus durchsuchen (Karten ziehen) oder einen Anschlag auf Dr. Lucky verüben. Die gefundenen Waffen sind unterschiedlich tödlich und entfalten ihr wahres Potenzial erst in einem bestimmten Raum, der die jeweilige Waffe begünstigt. Wenn z.B. jemand Dr. Lucky im Billardzimmer mit einem Queue erschlagen möchte, dann macht das besonders viel Schaden. Die anderen Spieler können dann Gegenschlag-Karten spielen, um den Anschlag zu verhindern. Kommen nicht genug dieser „Konterkarten“ zusammen ist Dr. Lucky Geschichte und der Attentäter hat gewonnen. Wer seine eigenen Gegenschlagkarten zu gierig zurückhält läuft Gefahr, dass die anderen Spieler nicht genug haben und das Spiel vorbei ist.

Es ist einfach sehr spannend zu sehen wie Dr. Lucky, der sich auf einem festen Parcours durchs Haus bewegt, immer wieder von den Spielern beharkt wird, bis er endlich den Löffel abgibt. Interessanter Weise ist das Spiel sogar im Duell unterhaltsam, weil durch deutlich weniger Gegenschlagkarten, die im Umlauf sind, die Spannung auch größer ist. Mit der richtigen Kartenkombination auf der Starthand kann dann Dr. Lucky auch schon mal in der ersten Runde an vergifteter Sahne ersticken oder einen Schirmständer auf den Kopf bekommen.

Sehr vorzeigbar finde ich auch das Konzept des Truant Verlags das Spiel in einer rudimentären Version ohne Figuren und in Schwarzweiß, dafür aber deutlich günstiger, zu veröffentlichen. Würfel, Spielfiguren und ähnliche Materialien hat ja ohnehin jeder zu Hause. Wir haben mit der Schwarzweiß-Version gespielt, was dem Spielspaß keinen Abbruch getan hat. In Gegenteil: Da die Karten und der Spielplan auf das Wesentliche, also Namen und Spielwerte, beschränkt sind, behält man einen glasklaren Überblick. Sehr kurzweiliges und amüsant-makabres Spiel!

Über Thilo (1205 Artikel)
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