10 magische Dinge aus dem Wunder-Kiosk meiner Kindheit, dem BÜDCHEN

Wir 80er Kinder sind schon ziemlich speziell.

Gibt es überhaupt noch eine andere Generation, die das wichtigste Jahrzehnt ihrer Kindheit so romantisiert vergöttert wie wir?

Vermutlich nicht. Aber ich will hier im Folgenden mal nur für mich sprechen, denn ich komme mir manchmal wie eine Art Vampir vor: Die Welt um mich herum hat sich verändert, aber ich bin derselbe (Kindskopf) geblieben.

Vielleicht erscheint uns 80er Kindern alles von „damals“ auch nur so magisch, weil es nur VOR dem Zeitalter des popkulturellen Überflusses, also dem Internet, seine Daseinsberechtigung hatte. Oder habt ihr in letzter Zeit mal Kinder auf der Straße gesehen, die mit Knallteufeln rumgeworfen oder sich über das neuste Gimmick im Yps einen Ast gefreut haben? Ne, ich auch nicht. Weil die alle im Raid sind. In World of Warcraft. Oder Papas Pornosammlung durchstöbern. Oder ein Youtube-Video von sich drehen. Bekloppte, neue Welt.

Aber als es noch nicht für jedes Bedürfnis eine virtuelle Befriedigung im Netz gab, haben Kinder ja auch die Nachmittage rumbekommen. In den 80ern gab es ja viel Spannendes zu erleben. Zumindest wir hatten nie Langeweile.

Als wir noch so klein waren, dass wir gerade so ohne Eltern rausgehen durften, gab es ein paar Straßen weiter einen wahrhaft magischen Ort. Wir nannten den kleinen, langgezogenen Laden, der von normalen Wohnhäusern eingekeilt war, einfach nur „das Büdchen“. Dieser Shop, woanders vielleicht auch Kiosk oder Trinkhalle genannt, war für uns das Wunder in der 8. Straße, der Adventurer’s Mart aus Baldur’s Gate 2, einfach unser Grisworld mit den geilen Items.

Da konnten wir mit ein paar DM in der Tasche noch riesige Schätze looten und nach Hause schleppen. Besonders weil alles nur Pfennige gekostet hat. Allerdings bestanden die übersichtlichen Reste unseres Taschengeldes auch meist nur aus Pfennigen. Das war die Zeit, als Erwachsene Kindern einen unvergesslichen Nachmittag voller Luxus und erfüllter Wünsche bescheren konnten, indem sie ihnen einen sogenannten „Heiermann“, ein 5-Mark-Stück, die größte Münze damals, in die Hand drückten. Dann hieß es Eis, Gummi-Mischung, Cola, nochmal Eis, Brause und Magenschmerzen. Es war glorreich!

Doch es gab im „Büdchen“ noch so viel mehr, was unsere nerdigen Kinderherzen höher schlagen ließ. Hier sind 10 davon, an die ich mich noch gerne zurück erinnere.

  1. Knallteufel.

Wir konnten unserer Sensationslust noch nicht Herr werden, indem wir einem Cyber Demon eine BFG in den Hintern schoben und uns am resultierenden Gedärme-Regen erfreuten. Wir mussten noch kleine Schwarzpulverbeutelchen auf den Boden werfen und uns über das zarte „Piff“ und „Paff“ freuen. Manchmal hat meine Mutter vor dem Waschen meiner Hosen noch zentnerweise schwarzes Pulver aus meinen Hosentaschen rieseln lassen. Doch im Büdchen gab es nicht nur Knallteufel. Manchmal auch richtiges Feuerwerk, wie „Bienen“ oder „Fliegen“, die richtig angezündet werden mussten und eigentlich nur zu Silvester verkauft werden durften. Aber den knallharten Ladies, die das Büdchen betrieben, war das egal. Die haben für uns alles rausgehauen. Wahrscheinlich hatten die auch Maschinengewehre, Koks und Pornos unter der Ladentheke. Für Frühreife.

  1. Comics.

Die gehörten natürlich zu den offensichtlichsten Geldanlagen in unserem Alter. Besonders, als die Masters of the Universe-Comics erschienen, war ich Feuer und Flamme. Die fühlten sich so rebellisch und erwachsen an gegen Asterix oder die Abenteuer aus Entenhausen. Doch der Stein der Weisen, um Kinderherzen zu erobern, war natürlich das Yps! Obwohl die Comics rückblickend eher lame waren, rissen es doch die Scherzartikel und anderen Gimmicks locker raus. Und ich hatte sogar die legendäre Ausgabe mit dem Stormtrooper! Was die wohl heute wert wäre? Ich denke mal Milliarden. Vergleichbar mit Bitcoins.

  1. Knallplättchen.

Ein weiteres charmantes Feature des „Büdchens“ war sein Sortiment an Plastik-Waffen für Karnevalszwecke. Die Besitzer hatten wirklich ihre Hausaufgaben in Kinderpsychologie gemacht. Da gab es immer irgendwelche Säbel und Spielzeugpistolen, inklusive Munition. Doch das geilste waren diese Papierrollen mit Knallplättchen drauf. In den zugehörigen Pistolen von uns verlacht, weil nicht laut genug, hatte der Macgyver unseres Freundeskreises schnell eine epischere Verwendung dafür gefunden. Wir haben rollenweise davon mit den Knallflächen nach innen um Geldstücke gewickelt, dick mit Tesafilm abgedichtet und dann durch Hinwerfen zum Explodieren gebracht. Ich erinnere mich noch an die bewundernden Blicke und unseren Schock, als ich es endlich geschafft hatte, mein größtes Werk, ein 5-Mark-Stück, das vor lauter „Sprengstoff“ schon fast eine Kugel war, endlich zum Zünden gebracht hatte. Der Knall hallte durch die Siedlung. So wie unser Gelächter.

  1. Wundertüten.

Muss man zu denen wirklich noch mehr sagen? Darin gab es bunte Bildchen, Aufkleber, Kaugummis und Spielzeug wie kleine Raketen, Autos oder Plastiksaurier. Wahnsinn, womit man uns damals noch eine Freude machen konnte. Heutzutage versuchen ja verschiedene Firmen den Nervenkitzel der Wundertüten mit diversen „Loot Boxen“ wieder aufleben zu lassen.

  1. Styroporflieger.

Kennt die noch wer? Wie viele wir davon schon beim Zusammenstecken geschrottet haben. Doch alle vernünftigen Segler (nicht alle flogen gleich gut!) haben wir Nachmittage lang, wie die Besessenen, im Park unseres Viertels rumgeworfen. Wobei wir die Hälfte der Zeit damit beschäftigt waren Stöcke zu suchen, mit denen wir die Flieger wieder aus den Bäumen holen konnten. Ich erinnere mich noch genau, wie ich dabei meinen Lieblings-Styroporflieger mit einem Direkttreffer zerfetzt habe und hängenden Hauptes nach Hause geschlurft bin.

  1. Sammelkarten.

Noch lange vor Magic the Gathering oder anderen Sammelkartenspielen, haben wir Karten einfach so gesammelt. Um des Sammelns wegen. Weil uns die Bildchen gefielen und man bis aufs Blut feilschen und tauschen konnte. Denselben Zweck erfüllten übrigens die Aufkleber in Duplos, Hanutas oder Kaugummis. Dazu gab es dann häufig Sammelalben, die man natürlich nie voll bekommen hat, weil immer ein SCH*** Aufkleber gefehlt hat. Ich weiß noch, wie ich mich durch eine ganze Packung Hanutas durchgefressen und furchtbare Magenschmerzen hatte, nur um mein fehlendes Bild danach immer noch nicht zu haben. Anzeige ist raus.

  1. Wunderkugeln und andere alberne Süßigkeiten.

Erwachsene nachahmen und in zukünftigen Welten schwelgen, war natürlich für uns Dreikäsehochs eine beliebte Beschäftigung. Lässig neben der Murmelbahn an der Wand zu lehnen und dabei Kaugummi- und Schokoladenzigaretten „zu rauchen“ war genauso angesagt, wie der Konsum von Esspapier, Knister-Kaugummi, Lutschmuscheln oder Ahoi Brause. Eine Zeitlang rannte auch jeder mit so einem Petz-Spender durch die Lande. Damit konnte man eine bekannte Comicfigur durch Knopfdruck dazu bewegen ein kleines, rechteckiges Stück Traubenzucker hervor zu würgen, das man dann essen konnte. Echt seltsam eigentlich. Doch die für mich ekligsten, aber auch geilsten Süßigkeiten waren die Wunderkugeln. Die eigentlich viel zu großen „Teile“ (auch so ein Wort aus den 80ern), die man kaum in den Mund bekam, wechselten beim Lutschen die Farbe, so dass man sie ständig unter ekligen Speichelfäden aus dem Mund zog und stolz den Freunden präsentierte. Ich hatte aber häufig keine Geduld und hab die letzten drei, vier Schichten mit Gewalt durchgebissen, um endlich beim Kaugummi anzukommen. Man hatte ja auch noch was anderes zu tun. Schabernack z.B.

  1. Überraschungseier.

Der Klassiker. Schon ewig. Gefühlt zumindest. Seit 1974 sagt Wikipedia. Besonders, weil es ja dann irgendwann in jedem siebten Ei so eine blöde Figur für den Setzkasten zu Hause gab. Wenn ich die noch alle hätte. Auch hier wieder: Milliarden wert.

  1. Eis!

Fast hätte ich eine profan anmutende, aber elementar wichtige Verwendungsmöglichkeit für unser Taschengeld vergessen: Eis! Wobei es sich dabei gerade im Sommer häufig um das ultra günstige Wassereis handelte. Das waren dann so umständlich auf zu fummelnde Plastiktütchen, in denen Wasser mit Farbstoff und Zucker eingefroren war. Die professionellere Variante hieß Calippo und hatte den Vorteil, dass man am Ende den geschmolzenen Siff mit Stil aus dem Pappzylinder saufen konnte. Gut erinnern kann ich mich auch noch an Bumbum, ein Eis mit einem Kaugummistil. Damals war die Welt noch Charlies Schokoladenfabrik auf Koks.

  1. Scherzartikel.

Ebenfalls ein geiles Feature des Büdchens waren die verschiedenen Scherzartikel. Wenn gerade nicht das neuste Yps zur Hand war, konnten wir z.B. so seltsame Tabletten kaufen, die man anzünden und auf diese Weise „kacken“ lassen konnte. Ich schwöre, dass das genau so aussah, wenn sich diese „Wurst“ emporschraubte und über den Boden schlängelte. Juckpulver, Streichholzschachteln mit eingebauter Mäusefalle oder Plastik-Kot waren bei unseren Eltern gern gesehene Mitbringsel aus dem legendären „Büdchen“. Hach.

Hattet ihr auch so ein Büdchen in eurem Ort? Damals, vor 100 Jahren?

Über Thilo (1210 Artikel)
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