Filmkritik: Limitless

Limitless

6 von 10 NZT-Pillen

Wie häufig passiert es mir, dass großartige Ideen in meinem Kopf umher fliegen wie bunte Schmetterlinge, die nur darauf warten in die Welt entlassen zu werden. Dann sitze ich vor einem leeren Dokument und meine Finger liegen angespannt auf der Tastatur. Doch ich bin irgendwie gehemmt. Ein lästiger Stupor umgarnt mein Gehirn wie ein warmer, klebriger Verband, der die gedankliche Bewegung einschränkt. Meine Kreativität will sich einfach nicht in Eloquenz ergießen, egal wie vorwurfsvoll ich auf den blinkenden Cursor schaue.

Kein Wunder, dass so viele berühmte Schriftsteller Drogen nahmen, um ihrer Imagination auf die Sprünge zu helfen und das Korsett der geistigen Trägheit abwerfen zu können. Der Konsum von Opium für visionäre Gruselgeschichten oder Alkohol für die allgemeine Redseligkeit (in Schriftform) waren keine Seltenheit. Mir ist gut in Erinnerung geblieben, dass Goethe über E.T.A. Hoffman gesagt haben soll: “Er trank, um zu schreiben, und er schrieb, um zu trinken.”

Doch was wäre, wenn es eine Droge gäbe, die mich mein Gehirn zu 100% nutzen lässt? Eine Pille, die mich vom monströs dummen Mr.Hyde in den genialen Dr. Jekyll verwandelt? Mit dieser Superpille könnte ich ohne jegliche Nebenwirkungen eine verbesserte Version von mir selbst sein. Könnte ich der Versuchung wiederstehen? Nein, könnte ich natürlich nicht.

Auch ein herunter gewirtschafteter Schriftsteller mit chronischer Schreibblockade, Eddie Morra (Bradley Cooper), kann dieser Versuchung in “Limitless” nicht wiederstehen. Filme wie “Phenomenon” oder “Der Rasenmähermann” haben sich schon der Thematik eines unbegrenzten menschlichen Geistes angenommen und mit interessanten Möglichkeiten experimentiert, doch wie schlägt sich Limitless?

Wie meine neue Frisur und meine leuchtenden Augen belegen, habe ich nun endlich den Durchblick!

Der Film startet ungemein spannend mit der Prämisse, dass Morra durch einen geheimen Durchbruch in der Wissenschaft, die mysteriöse NZT-Pille, endlich sein altes Leben hinter sich lassen und wirklich etwas in der Welt bewegen kann.

Wie erwartet geht er ab wie eine Rakete: Nachdem er erstmal seine Wohnung ausgemistet hat, schreibt er in Rekordzeit einen Bestseller und wird schon bald zum Millionär an der Wall Street. Nach Einnahme der transparenten Superpille leuchten seine Augen vor Intelligenz und er ist mit seiner teuflischen Beredsamkeit für Frauen unwiderstehlich. Es macht Spaß ihn bei seinem neuen Leben als Dandy, Partykanone und Besserwisser zu begleiten.

Doch natürlich ist nicht nur alles Friede, Freude und Eierkuchen mit der neuen Superdroge. Durch seine neuerliche Bekanntschaft mit dem Megamogul Carl Van Loon (De Niro) werden viele kriminelle Subjekte auf Morra aufmerksam, die ihm das Geheimnis seines Erfolgs aus den Rippen schneiden wollen. Der Film bezieht den Großteil seiner Spannung durch den limitierten Vorrat an Tabletten, den Morra mit sich führt. Er schafft es durch seine überragende Intelligenz stets jedem Unglück, egal in welcher Form, aus dem Weg zu gehen bis er auf eine einzige Tablette runter ist.

Und genau da setzt der fade Beigeschmack ein, der mir nach “Limitless” auf der Zunge verblieben ist. Man fragt sich natürlich, warum Morra seine übermenschliche Intelligenz nicht dazu nutzt, eine Lösung für seine Nachschubprobleme zu finden. Und tatsächlich endet der Film mit der einzigen vorhersehbaren Lösung, die auch mein Gehirn als erstes ausspuckte: Er hat die Formel entschlüsselt und weiß wie man den Wirkstoff selbst herstellt. Er kandidiert für das Amt des Präsidenten und seine Exfreundin hat er auch wieder. Ende gut alles gut.

BOOOORING. Ich meine, erstens: Warum zum Teufel möchte seine Freundin nicht auch eine Göttin sein und von seinen Superpillen naschen? Immerhin durfte sie Ihre Wirkung vorher im Film schon erfahren und Morra hat mittlerweile alle Nebenwirkungen beseitigt. Zweitens und viel wichtiger: Wäre da nicht ein etwas mystischeres Ende drin gewesen? Ich meine, 100% des menschlichen Gehirns zu benutzen, ist für uns – wie soll es auch anders sein – kaum vorstellbar. Ich erwarte ja nicht das Standard-Szenario mit plötzlichen Superkräften wie Gedankenlesen oder Telekinese, aber irgendein Aha-Effekt hätte dem Film schon gut getan.

Eigentlich wollte ich dem Film nur 5 Punkte in der Endwertung geben. Da er jedoch gut in Szene gesetzt ist und es tatsächlich geschafft hat, dass ich mal wieder mein Leben kritisch beäuge und mich (zumindest) frage, was ich alles erreichen könnte, wenn ich nur den Arsch hochbekommen würde, nenne ich ihn mit 6 von 10 Punkten geradeso überdurchschnittlich.

Über Thilo (1200 Artikel)
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