Filmkritik: Mad Max: Fury Road – Die Hölle auf Rädern
9 von 10 War Boys auf dem Weg nach Valhalla
Im Vorfeld des Films hatte ich irgendwo gelesen, dass Mad Max: Fury Road das Ergebnis sei, wenn jemand den Cirque du Soleil ein Bild von Hieronymus Bosch nachspielen ließe. Viel besser kann ich es eigentlich auch nicht sagen. Das ist kein Film, sondern Kunst. Brutale, infernale Kunst mit beinahe schmerzhaft übersaturierten Explosionen.
Für auch nicht vollkommen abwegig halte ich die Vorstellung, dass George Miller einfach ein paar junge Filmemacher mit einem Sack Koks, zwei Kisten Crack und einem Koffer voll Geld für Stunts und Pyroeffekte in die Wüste von Namibia geschickt und aus dem entstandenen Rohmaterial irgendwie den Film zusammengeschustert hat. Denn das ganze Spektakel wird nur von einem hauchdünnen roten Faden von Handlung zusammen gehalten. Doch das ist im Rahmen des postapokalyptischen Gesamtbildes vollkommen in Ordnung und auch erst später in Retrospektive überhaupt spürbar, denn die ausdrucksstarken Rollen der Furiosa (eine glatzköpfige Charlize Theron) und Max (Tom Hardy ohne viele Worte) lassen die Zeit in diesem Roadmovie des Wahnsinns wie im Flug vorüber explodieren.
Immerhin hat der Film mehr Story und Tiefe zu bieten als Mad Max 2, der Vollstrecker, auf dessen berühmter Verfolgungsjagd mit dem Öl-Truck diese Inkarnation des Stoffes eindeutig fußt. Während Mel Gibson noch in einer Welt ums Überleben kämpfte, die sinnloserweise ausschließlich um Benzinreserven kämpfte, interessieren jenseits der Fury Road immerhin noch Wasser, Grünflächen und gesunde Frauen zur Reproduktion.
Doch die Story ist, wie gesagt, nur ein äußerst dünn aufgetragener Kleber, der das rasante Gemälde aus Wahnsinn, Tod und Feuer zusammenhält. Irgendwie schafft es Miller den Film zu gefühlten 90% auf dahin rasenden Trucks, Panzern und anderen Kampf-Vehikeln spielen zu lassen. Man wurde fast das Gefühl nicht los, dass die Bewohner der Endzeit-Wüste ständig in Bewegung bleiben müssen, um nicht mit der Kargheit des Hier und Jetzt konfrontiert zu werden. Wer im Ödland rastet, der rostet, verdurstet oder kommt vor Langeweile um. Mehr als Grund genug also durch übertriebenen Aktionismus und ausufernden Wahnsinn für ein letztes feuriges Aufflackern in der Vorhölle zu sorgen, bevor man mit einem Knall hoffentlich in einer besseren Welt aufwacht.
Und genau das ist es auch, was die Warboys, die Untergebenen des Hauptschurken, in erster Linie herbei sehnen: Die Hölle zu überstehen und nach Valhalla zu fahren. Diese Aussicht ist selbstverständlich eine Lüge, denn Lügen ist das Spezialgebiet des kultisch verehrten Tyrannen Immortan Joe. Ihn sofort als personifizierten Teufel der brennenden Wüste zu stempeln viel mir nicht schwer. Denn dieser Skeletor-artige Darth Vader der Endzeit mit Schädelmaske und Atemgerät erhebt sich im Film über die blassen Warboys wie der Fürst der Dunkelheit über seine verlorenen Seelen. Zumindest solange er von seinem Wüstenplateau herab zur Masse spricht und mit kostbarem Wasser geizt, das er aus der Tiefe empor pumpt.
Doch die Szenen im Hauptquartier des Wahnsinns sind eher spärlich und dienen nur kurz dazu Mad Max als Blutbeutel zu versklaven. Der Rest des Films ist eine einzige atemlose Verfolgungsjagd, die mit ihrem nahtlosen Ineinandergreifen von realen Stunts und Spezialeffekten derzeitig ihresgleichen sucht. Dabei ist die Action so intensiv, so HEAVY METAL, dass der Soundtrack des Films in Form von Trommlern und einem unermüdlichen Gitarristen einfach auf den Autos mitfährt. Sowas hat man(n) und die im Kino falsch abgebogene Frau noch nicht gesehen.
Ich kann diesen Film nur wärmstens als feuriges Erlebnis empfehlen. Einen Punkt ziehe ich lediglich deswegen ab, weil Endzeit nicht mein Lieblingsgenre ist und vielleicht hier und da noch ein zartes Pflänzchen von Handlung durch den Wüstenboden des Wahnsinns hätte dringen können.
Aber insgesamt ist das ein optischer Orgasmus vom Allerfeinsten. Kranker Scheiss. Viel zu geil.