Der Bienenwolf
Was gibt es Schöneres, als sich Samstag abend Desperados in den Kopf zu schütten und dabei im Kino epischen Sagenstoff verfilmt zu sehen, der alle Grundbedürfnisse des Mannes befriedigt: Ausufernde Gewalt, nackte Frauen und eine Prise Humor.
Ich muss sagen, dass ich von Robert Zemeckis (Der Mann hat echt einen albernen Namen) Interpretation des altenglischen Heldenliedes recht angetan war. Man muss dem Regisseur zunächst einmal zu Gute halten, dass er sich an einen Stoff gewagt hat, der nicht leicht zu verfilmen ist. Da sich nordische, germanische und jede Art von altertümlicher Heldensage dem Mittel der Hybris bedient wie Rainer Calmund an Rahmschnitzeln, muss der Möchtegern-Blockbuster-Regisseur erstmal einen Weg finden, die mit Drachen jonglierenden und Götter verprügelnden Superhelden auf eine halbwegs erträgliche und nicht allzu albernde Weise dem Publikum zu präsentieren.
In diesem Zusammenhang hat mir Wolfgang Petersens Herangehensweise an Troja sehr gut gefallen. Die Überlegung den ganzen Götterkram rauszulassen und sich nur auf die Helden und ihren Ruf zu fokussieren, hat diesen Streifen zu einem meiner Lieblings-Poserfilme des Genres werden lassen. Götter und Prophezeihungen werden köstlich auf den Arm genommen und einmal mehr sind es letztendlich nur die Entscheidungen von Sterblichen, die Legenden entstehen lassen. Achilles war eben einfach nur eine verdammt coole Sau, der in seiner Freizeit leicht monomanisch Hanteln gestemmt und seinen Bruder Patroklos vermöbelt hat, um der gefürchtetste Kriegsherr aller Zeiten zu werden. Wer halt noch nie im Kampf was abbekommen hat, gilt schon mal leicht als unverwundbar…Menschen neigen ja so gerne zu Übertreibungen….aber zurück zu Beowulf.
Mit dem Beowulf von 1999 ist bereits eine Perle des Trashfilms mit Christopher Lambert „straight to DVD“ produziert worden. Ich weiß nicht warum, aber seit Higlander hat der dümmlich schielende Mann mit dem Silberblick und dem schauspielerischen Talent einer Unterseegurke einen festen Platz in meinem Herzen. Vielleicht ist das der Hauptgrund, warum diese postapokalyptische Variante der Sage mit der lustig qualmenden Fabrik-Burg ihren Weg in mein DVD-Regal gefunden hat. Hat auch nur 5 Euro gekostet…
Der neue Beowulf versucht sich jedoch näher an die Vorlage zu halten und spielt korrekter Weise in Dänemark. Story: Der dänische Herrscher, König Hrôthgar, hat leider einem sexy Dämon einen Balg namens Grendel angehängt, der ihn nun jede Nacht in seiner Methalle tyrannisieren kommt. Seine Männer können nicht mehr in Ruhe saufen und huren, was natürlich ein Unding ist – ein Held muss schnellst möglich her. Alsbald trifft der gleichermaßen angeberische wie starke Beowulf vom Volk der Gauten am Hofe ein und gibt Grendel Saures: Nachdem er ihm so richtig schön die Grütze aus dem Tank geprügelt hat, reisst er ihm einen Arm aus, woran dieser leider jämmerlich verblutet. Und jetzt trennt sich der Film von der Vorlage: Anders als im Lied, schaut nun nicht die aufgebrachte Dämonen-Mama vorbei und wird von Beowulf ebenfalls aus der Jacke gehauen, sondern es kommt wie es realistischer Weise auch in der Vorlage hätte kommen müssen: Beowulf poppt Angelina Jolie. Ich meine, wer würde das nicht tun, wenn der Dämon schon freiwillig eine äußerst „liebenswerte“ Form bei der ersten Kontaktaufnahme wählt? So geht der Fluch von Hrôthgar auf Beowulf über und von diesem am Ende des Films auf den nächsten König. Eigentlich kämpf Beowulf im Original in hohem Alter noch einmal gegen einen nicht weiter wichtigen Drachen, wobei er dann sein Leben lassen muss. Im Film ist dies jedoch mal wieder der eigene Sprössling, den der Held in einem schwachen Moment mit einem Abschaum aus den neun Höllen zeugte…sowas passiert eben.
Mir gefiel diese Schicksalkomponente aber sehr gut, da sie so herrlich ungeschminkt die einzige Verwundbarkeit eines wirklich starken Mannes zeigt. Außerdem wird der Film damit dem Geist der altertümlichen Sagen eher gerecht. Alle Recken aus den unterschiedlichen Heldensagen werden am Ende immer Opfer des Schicksals, ohne dass sie Einfluss darauf nehmen könnten, ganz egal wie stark sie sind oder wieviele Tarnkappen sie gesammelt haben. Bei Beowulf ist es die schicksalshafte Gier nach Reichtum, sowohl in der Schatzkammer, als auch im Schlafgemach. So zieht sich die Farbe des Goldes mit ihrer Symbolhaftigkeit wie ein roter Faden durch den Film und setzt so optisch immer wieder Akzente. Sehr nett gemacht.
Wirklich schade fand ich hingegen, dass der Film nicht wie der Trailer mit Heavy Metal Musik unterlegt war, doch die epische Wikinger-Mucke passte auch ganz gut. Viele Szenen waren offensichtlich geschnitten, was man optisch und anhand der Altersfreigabe von 12 (!) bemerken konnte. Die FSK muss mal wieder besoffen und bekifft gewesen sein als sie diesem Film ein rating verpasst hat. Ich sag mal, die 8-Jährigen, die es mystischer Weise in die Reihe vor uns geschafft haben, waren sichtlich aus dem Häuschen als eine güldene Angelina Jolie mit wippenden Titten durch die Höhle spazierte und nicht schlecht geschockt, als Grendel Beowulfs Mannen in der Mitte auseinander riß…
Ebenso schade, dass es meine blutrünstige Keltologen-Freundin auf Grund von Überstunden auf ihrer Arbeitsstelle leider nicht mehr ins Kino geschafft hat. Der manchmal Altenglisch faselnde, meistens nackte und ständig Blut vergießende Beowulf wäre sicher ganz nach ihrem Geschmack gewesen. Tatsächlich fand Beowulf immer einen Grund sich seiner Klamotten zu entledigen, damit der Zuschauer sehen konnte, wie geil ein Computer mittlerweile ein Six-pack darstellen kann. Die Effekte in dem komplett animierten Film waren sicherlich sehenswert und nochmal ne Ecke realistischer als in Final Fantasy (Besonders die Wassereffekte), doch trotzdem hätte der Film von mir eine höhere Wertung bekommen, wenn er mit realen Personen hätte aufwarten können. Der leicht artifizielle Look geht mir immer irgendwann auf die Klöten. Bald wird man sicher keinen Unterschied zur Realität mehr erkennen können, doch bis dahin gehören Probeläufe für Prozessorenleistung in Benchmark-Programme! Was bitte macht es für einen Sinn, Schauspieler wie Angelina Jolie oder Anthony Hopkins als Vorlage zu nehmen und dann zu animieren? Ich scanne ja auch kein buntes Bild ein und desaturiere es in Photoshop, nur um es dann nochmal per Hand auszumalen. WTF?
Fazit: Der Film hat mir als altem Sagen-Freak trotz seines manchmal leicht artifiziellen Looks sehr gut gefallen. Feine Monster, blutige Action wie sie der Brutalität der nordischen Heldensage gebührt und hin und wieder ein unerwarteter Lacher haben den Samstag Abend für mich gerettet. Ich werde mir definitiv den ungekürzten Director’s Cut ab 18 auf DVD besorgen. Da darf es der Bienenwolf dann nochmal so richtig knattern lassen, in jeder Hinsicht…
Wertung auf einer Skala von 1-10:
Für Freaks: 8
Objektiv: 7