Filmkritik: Sharknado – schlechtester Film und Internet Phänomen
1 von 10 fliegenden Haien
(2 von 10, wenn im Kino angeschaut, von lachenden und klatschenden Fans umgeben)
(3 von 10, wenn diese Fans selbst gebastlete Haiflossen-Hüte aus Alu tragen)
(4 von 10, wenn der Zuschauer dabei noch „1 Hefe im Kopp“ hat)
(5 von 10, wenn der Zuschauer dabei noch „2 Hefe im Kopp“ hat)
(6 von 10, wenn der Zuschauer dabei noch „3 Hefe im Kopp“ hat)
usw.
Sharknado ist eines der jüngeren Werke der für ihre Low-Budget-Filme und Mockbuster bekannten Schmiede „The Asylum“. Warte, was ist ein „Mockbuster“? Ich bin froh, dass ihr fragt! Das sind schlechtere Versionen aktueller Blockbuster. Beispiel: Als der ohnehin schon schlechte Abraham Lincoln: Vampire Hunter in die Kinos kam, hat Asylum zeitgleich ohne Budget und mit minimal begabten Schauspielern Abraham Lincoln vs. Zombies rausgebracht. Manchmal wird auch aus Transformers „Transmorphers“ oder Pacific Rim bekommt die Bmovie-Überarbeitung.
Nach Oscar-, Pulitzer- und Friedensnobelpreis-verdächtigen Perlen wie 2-Headed Shark Attack oder den Megashark-Teilen wird Sharknado nun als schlechtester Film aller Zeiten gehandelt, was ich nun, da ich ihn gestern „erleben“ durfte, nur allzu gut verstehen kann.
Der Film, den der Scyfy Channel da als direct to DVD/bluray in Auftrag gegeben hat, ist sogar so schlecht, dass er eine Art kultiges Internet Phänomen geworden ist. Deshalb fand z.B. gestern im Kinopolis in Bonn eine Bluray-Vorführung des Machwerks statt, zu dem allerhand schräge Vögel mit ihren selbst gebastelten Haiflossen-Hüten auftauchten. Allein der Anblick dieser Fanboys, plus Applaus und Gelächter haben den Kinobesuch schon zu einem trashig-witzigen Gesamterlebnis gemacht.
Da durfte natürlich auch eine kurze Verlosung zu Beginn des Films nicht fehlen. Irgendein gelangweilter Typ stiefelte plötzlich nach vorne und meinte „jo, ich hab hier Körperfresser 2 … wer als erstes den Regisseur ruft, gewinnt die Bluray…“ *Gespenstische Stille* „Echt jetzt? Volles Kino und keiner weiß das? Ok, wer hat die weibliche Hauptrolle?“ *Unzählige Männer wie aus einem Mund: TARA REID!!!* Herrlich …
Dann fing der Film an und mir fiel alles aus dem Gesicht. Die Kameraführung und Schnitt stammen offensichtlich von halbseitig gelähmten Schimpansen. Die Spezialeffekte, verwaschene Hai-ähnliche Schatten, waren vor über 30 Jahren schon besser. Kein Witz! Der Drachentöter stammt von 1981. Hatte glaubwürdigere Effekte. Dazu noch das grottige und charismalose Acting der abgehalfterten Beverly Hills 90210-Stars Tara Reid und Ian Ziering mit Dialogen auf Vor-Kindergarten-Niveau. Ich konnte scheinbar meinen Augen und Ohren nicht mehr trauen!
Und doch war die Handlung so lächerlich, an den Haaren herbei gezogen und grotesk und die Dialoge so sinnlos und albern, dass ich in einem durch gelacht habe. Meistens passte auch das Dargestellte überhaupt nicht mit den Reaktionen und Dialogen der Akteure zusammen. Häufig wird einfach panisch „Achtung! Sturmwelle! Haiangriff!“ geschrieen und gleichzeitig eine ruhige Szene von einem Verkehrsstau in sanftem Regen gezeigt. Man hatte streckenweise das Gefühl, dass hier einfach vorhandene Verkehrsaufnahmen aus Polizeiarchiven und Schnipsel aus anderen Filmen Ed Wood-artig zusammen geschustert wurden, um nur minimal Szenen selbst drehen zu müssen. Ich schwöre, die fahren einmal durch eine eingefrorene Draufsicht aus Google Maps!
Und dann diese absurde Prämisse der 3 Hai-gefüllten Tornados, „Wasserhosen“ im Film genannt, die sich über LA entleeren. Eine eigentlich nonexistente Bedrohung wird zum multiplen Tod für im Regen umher irrende Fußgänger. Selbst wenn es TAUSENDE von lebenden Haien regnet – wie hoch ist bitte die Chance, dass die mit offenem Maul auf jemanden drauf fallen und ihn oder sie verschlingen? Nun, laut Sharknado offensichtlich fast 100% …
Mir stand häufig angesichts des Dargebotenen der Mund offen und ein ersticktes Lachen ejakulierte sich über meine Zunge in die Freiheit. So was habe ich lange nicht (noch nie?) gesehen. Beispiele:
SPOILER!
Tuse sitzt im Hubschrauber und ein fliegender weißer Hai verbeist sich in der Kufe. Sie ist vollkommen sicher auf ihrem Platz, aber beschließt rauszuklettern, um nach dem hilflos da hängenden Hai zu stechen. Dabei wird sie von einem anderen weißen Hai verschlungen, der gerade zufällig vorbei geflogen kommt. Später im Film springt jemand mit laufender Motorsäge in einen herabstürzenden Hai und schneidet sich kurz darauf minutenlang und blutreich aus dem Magen in die Freiheit. Dann klettert er nochmal rein und zieht die blutverschmierte, aber weitgehend unversehrte Tuse aus der Hubschrauber-Szene raus.
Oder dieses Haus, welches sich ALS EINZIGES der Nachbarschaft plötzlich ohne Grund mit Wasser füllt, damit Haie durch die Fenster rein fliegen können (vor dem Fenster ist es zu dem Zeitpunkt wolkenlos btw). Der Stiefvater eines Typen wird gefressen. Reaktion der Mutter und anderen Anwesenden „Ach mist… ok weiter“. Dann überlegen sie, am Fuß einer Treppe sitzend, die nach oben (also in SICHERHEIT) führt, wie sie an dem Monster vorbei durchs Wasser zur Ausgangstür kommen…
Später zündet noch einer den Pool vor einem Altersheim an, der daraufhin explodiert.
Ja, ich habe gerade diesen Satz geschrieben, ich weiß selber, wie das klingen muss.
Ok Fazit-time: Ich kann nur sagen, wenn alle Asylum-Filme solche Nonsense-Dialoge und -Szenen haben, bin ich gestern zum bekennenden Fan geworden und werde demnächst einen volltrunkenen Asylum-Abend veranstalten.