Filmkritik: Jurassic World hat meinen Adrenalinspiegel erfolgreich nach oben gejagt
9 von 10 frechen Flugsauriern
Als Kind habe ich Dinosaurier geliebt. Meine Eltern waren so freundlich meinen Fanatismus so lange mit ständig neuen Dino-Büchern zu füttern, bis ich eine beachtliche Auswahl von ihnen auswendig beim Namen nennen konnte. Ebenfalls geliebt habe ich Freizeitparks. Aber welches Kind liebt nicht Freizeitparks? Es ist also kein Wunder, dass mir damals bei Jurassic Park, einem verdammten Freizeitpark voll mit Dinos, fast Freudentränen über die Wange kullerten, als ich meine „Lieblinge von einst“ auf eine erstmals sehr realistische Weise zum Leben erweckt sah. Die Vorstellung, es könnte wirklich einmal einen Vergnügungspark geben, in dem sich die Riesen der Urzeit hautnah erleben lassen, hat mich damals vollkommen umgehauen. Genau wie die Akteure des Films.
Leider verließen Jurassic „Park“ 2 und 3 das bewährte Konzept von „Dinosaurier, plus leckere Menschenhappen in einem Freizeitpark“. Keins des Sequels konnte mich vom Hocker reißen, geschweige denn, nochmal so verzaubern wie Spielbergs Urversion. Daher war ich auch sehr skeptisch, ob mich Dinosaurier im neuen Jurassic World überhaupt noch mal beeindrucken könnten. Denn gerade der Aha-Effekt der erstmalig so lebensecht dargestellten Saurier würde ja fehlen. Doch die Direktorin des Parks gibt dazu gleich zu Beginn des Films Entwarnung, als sie Raptorenbändiger Chris Pratt gesteht: „Dinosaurier hauen heutzutage niemanden mehr vom Hocker. Wenn wir weiterhin profitabel sein wollen, müssen wir ein richtiges Monster erschaffen, das den Leuten Angst einjagt.“
Was soll ich sagen? Well done. Es ist eine infernale Freude den Indominus Rex bei seinem Zerstörungszug durch den Park zu begleiten. Ich möchte hier nichts spoilern, aber es darf versichert werden, dass der Saurier-Hybrid mehr als einen fiesen Trick im Schuppenärmel hat.
Der Film beginnt mit einer eigentlich wunderschönen Lebensweisheit des Parkinvestors und Hobby-Hubschrauberpiloten, der die aufgekratzte und gestresste Park-Direktorin mit den Worten beruhigt: „Ein Grundpfeiler für Glück im Leben ist anzuerkennen, dass man im Prinzip nichts wirklich jemals unter Kontrolle hat.“ Unnötig zu erwähnen, dass die Fähigkeit aller Beteiligten „loszulassen“ schon bald auf eine harte Probe gestellt wird.
Die handfeste Saurier-Action, die dann folgt, hat mich an eine Mischung aus Predator, Deep Blue Sea und Aliens erinnert; im Kern durchflochten von einer Geschichte um zwei Brüder. Wenn ihr den Film selbst anschaut, werden euch bei den richtigen Szenen vermutlich dieselben Filme einfallen. Gerade Aliens schien mir in der Meta-Story allgegenwärtig zu sein. Spätestens, wenn Schreie auf Monitoren von Helmkameras verstummen und nur das langgezogene Piepen der Lebenslinie hinterlassen, kommt definitiv ein Aliens-Vibe rüber.
Apropos Gewalt: Genau wie seinerzeit Jurassic Park wurde Jurassic World mit einer FSK von 12 versehen. Schon damals fand ich die Raptoren, die die Familie in der Großküche zu Tode ängstigten, recht gewagt für einen 12-Jährigen. Und diesmal darf erst recht behauptet werden, dass der neue Jurassic World überhaupt nichts für Kinder ist. Einige Freizeitparkbesucher kommen auf derart perfide und blutige Weise ums Leben, dass es nur so eine Freude ist. Eine Freude für Erwachsene.
Der Film macht einfach Spaß und ist genau das, was vor Jahren schon Jurassic Park 2 hätte sein sollen: Noch mehr Action im Freizeitpark, mit noch mehr und fieseren Sauriern. Der Film hatte für mich einfach alles: Ein genetisch verändertes Obermonster, Starlord und seine Raptoren-Gang, Vincent D’Onofrio als morallosen Mann vom Militär, den wahnsinnigen, japanischen Godzilla-Wissenschaftler, frei steuerbare Glaskugeln, in denen Kinder mal unbemerkt „offroad“ gehen können und genug Blut, dass uns klar wird, dass so ein Saurierpark in Wirklichkeit eine gruselige Sache wäre. Und der finale Showdown mit verschiedenen Sauriern und Menschen ist für Monster-Fetischisten wie mich wirklich ein Hochgenuss und hat sogar Applaus im Kino nach sich gezogen.
Einen Punkt ziehe ich nur deswegen ab, weil die schauspielerische Leistung, gerade von Chris Pratt, deutlich weniger charismatisch ist, als in Guardians of the Galaxy – was natürlich auch am Drehbuch und am vielen Weglaufen und Schreien insgesamt liegt -, und die Tatsache, dass einige der Attraktionen, ziemlich wahrscheinlich nicht durch irgendeinen TÜV dieser Welt gekommen wären. Unzerstörbare Gyrospheres, ich schaue euch an!
Aber ansonsten kann ich euch nur raten, Dino-Fan oder nicht, schaut euch diesen Sommer Blockbuster an! Prähistorische Action und Aufregung werden euch mit dem groben Spaten entgegen geschüppt. Klar, das ist kein perfekter Film, aber es hat selten so viel Spaß gemacht, Dinos beim Töten zuzuschauen. Das soll meine 9er-Wertung ausdrücken. Dafür wurde Kino gemacht! Echt jetzt, einfach Knabberkram und Blubbergetränk kaufen, in den sicheren Kinositz kuscheln und anderen dabei zuschauen, wie sie um ihr Leben rennen.