3 vermeintlich schlechte Fantasyfilme für fragwürdige Gourmets
Am Wochenende krank im Bett zu liegen hat auch Vorteile. Oder anders formuliert: Wenn das Gehirn ohnehin nur auf Sparflamme brennt, lassen sich hervorragend schlechte Fantasyfilme auf Bluray nachholen, für die man sich damals auf Grund der grottigen Rotten Tomatoes-Bewertung nicht ins Kino getraut hatte.
Außerdem traue ich RT, zumindest im Hinblick auf Fantasyfilme, schon lange nicht mehr über den Weg. Da die Bewertungen durch einen „erlauchten“ Kreis von Fachjournalisten, sprich durch 0815-Langeweiler und Wichtigtuer, entstehen, bildet sich der Fantasy-Nerd von heute lieber selbst ein Urteil. Häufig ist die Tendenz der teilweise vernichtenden Urteile schon richtig, doch vermeintlich schlechte Filme wie Hansel and Gretel Which Hunters oder, etwas aktueller, Jupiter Ascending zeigen, dass man auch sehr gute Filme verpassen kann, wenn man den verotteten Tomaten blind vertraut.
Wir Fantasy-Nerds sind einfach ganz besondere, zarte Pflänzchen, deren Geschmack sich nicht ohne weiteres kategorisieren und schon gar nicht mainstreamen lässt. Viele von uns sind hoffnungslose Romantiker, Nostalgiker, Genre-Fanatiker, Rollenspieler oder sonst wie „mental auffällig“. Wir sehen in Filmen häufig mehr als die selbsternannten Filmkritiker-Profis mit Hobbys wie Fußball, Familie, Garten und Finanzen.
Deshalb sehe ich es als meine heilige Pflicht an, auch die von RT in der Luft zerrissenen Filme für die Leser dieses Blogs durchzustehen. Leider kann ich 47 Ronin, I Frankenstein und Hercules mit Rakete The Rock nicht die vollständige Absolution erteilen, doch ihr werdet überrascht sein, wie die Filme in meiner „mental auffälligen“ Wahrnehmung im Kontrast zur Rotten Tomatoes-Bewertung abgeschnitten haben. Ich würde sogar so weit gehen zu sagen, dass jeder der folgenden drei Filme, ungeachtet seiner Wertung, für eine bestimmt Zielgruppe ein Must Watch ist. Aber lest selbst:
47 Ronin
5 von 10 Dämonen-Mönchen
1 von 10 bei Rotten Tomatoes: 14%
Must Watch für: Eye Candy-Liebhaber, Legend of the Five Rings- und andere Asia-Rollenspieler
Man nehme die historisch begründete Rachegeschichte von 47 Ronin (also herrenlosen Samurai), die den Tod ihres Herren rächen wollen, und würze sie mit übernatürlichen Elementen aus der asiatischen Mythologie. Dann lasse man noch Keanu Reeves, als von Dämonen großgezogenen Auserwählten, dabei helfen und verwöhne dabei die Augen der Zuschauer mit fantastischen Landschaftsaufnahmen und Kulissen. Dies ist doch sicherlich das Rezept für einen Chinese Ghost Story-artigen Fantasyfilm der Superlative, oder? Vermutlich, es sei denn, die Story wäre so langatmig und vorhersehbar und die Charaktere so eindimensional und öde, das es fraglich wäre, wieso man überhaupt so viel Geld für geile Optik ausgibt. Also, ich denke, die Rotten Tomatoes-Bewertung ist trotzdem viel zu niedrig. Der Film bietet eine grandiose Optik und hat immerhin eine sexy Gestaltwandler-Hexe, Drachen, Dämonen und jede Menge (leider weitestgehend unblutige) Katana-Action zu bieten. Doch leider ist Halbblut Kai (Reeves) ein derartig unterwürfiger Trottel, dass es einfach nur keine Freude ist. Obwohl mit übermenschlichen Fähigkeiten ausgestattet, gibt es für ihn nichts Größeres als den Samurai zu dienen und seine Position als Fußbank nicht weiter in Frage zu stellen. Doch immerhin schafft er es noch schnell genug als Samurai anerkannt zu werden, um an deren rituellen Massenselbstmord teilzunehmen. Glückwunsch! Und genau an der Stelle funktioniert die Durchmischung von historischer Grundlage und Chinese Ghost Story für mich nicht mehr. Wenn doch eindeutig bewiesen ist, dass der ehemalige Lehnsherr der Ronin von der Magie einer bösen Hexe verzaubert und seine Verurteilung zum Tod unrechtmäßig war, warum ändert das nichts? Nö, der Shogun hat eben gesagt, wenn ihr Rache nehmt, dann ist das unehrenhaft und ihr müsst euch alle die Gedärme aus dem Bauch pulen; weil ich der krasse Shogun bin und weil ihr fanatische Trottel seid. Ich gebe zu, dass die Szene im Wald, als die 47 Ronin, quasi als Zeugnis für die Nachwelt, alle mit ihrem Blut auf einem Pergament unterschreiben, sehr episch ist. Sie wissen, dass sie selbst bei Gelingen des Attentats auf den unrechtmäßigen Herrscher alle sterben müssen, weil sie entehrt sind. Nur eben mit dem Unterschied, dass sie es … nicht wären. Weil: Böse Hexe. Seufz. Und hinzu kommt die alberne Liebesgeschichte zwischen Reeves und der hübschen japanischen Prinzessin, die man den beiden so überhaupt nicht abkauft. Und wenn Kai dann am Ende des Films sowas Schmalziges sagt wie „Ich werde Dich im nächsten Leben finden. Ich werde Dich zur Not in tausend Welten suchen“, dann war ich das diametrale Gegenteil von gerührt. Hey Kai, bis jetzt haben Dich die Samurai auch als Ausgestoßenen behandelt – schnapp Dir doch die geile Alte und reite mit ihr davon! Ne, lieber geil Sepuko, oder? Wow … die Handlung des Film wurde einfach der geilen Optik sowas von nicht gerecht. Deshalb für mich (un-)blutiger Durchschnitt.
Hercules
4 von 10 unrasierten Pennern
6 von 10 bei Rotten Tomatoes: 58%
Must Watch für: Die hard The Rock Fans, TV-Hercules und Xena Fans
Da ich früher als Kind „Sandalenfilme“ wie Hercules inhaliert und auch gerne die griechische Sagenwelt in Buchform verschlungen habe, bin ich nur schwer vom Hocker zu hauen, wenn es um „sinnvolle“ Verfilmungen geht. Sinnvoll fand ich es z.B., dass sich die Macher von Troja damals für einen nicht übersinnlichen Ansatz und damit gegen Götter und Magie auf dem Schlachtfeld entschieden haben. Achilles Unverwundbarkeit mit seiner „Unantastbarkeit“ im Kampf, sprich seinem wahnwitzigen Kampfgeschick, zu erklären, funktionierte tadellos. Bringt ein Regisseur in so einem Film das übersinnliche Element mit ein, müssen die Zuschauer schnell unter einer unnützen Drogenfantasie wie Immortals leiden. Bei Hercules nun hat Brett Ratner einen für mich sehr ungeschickten Mittelweg gewählt. Zunächst werden die Zuschauer durch den Trailer, in dem Hercules scheinbar seine 12 berühmten Aufgaben verrichtet, hinters Licht geführt. Denn im Film wird schnell klar, dass Hercules eigentlich nur ein normaler Söldner ist, dessen Taten von Geschichtenerzählern nur zu unglaublichen Heldentaten aufgebauscht wurden. Doch anstatt es so zu machen wie bei Troja, wird immer wieder gezeigt, dass Hercules tatsächlich übermenschlich stark ist. Selbst wenn keine seiner legendären Taten wahr ist, so lässt es sich der Regisseur jedoch nicht nehmen, Hercules am Ende des Films einen ganzen Tempel einstürzen zu lassen.
Aber diese halbgare Weise die Geschichte von Zeus‘ Sohn zu erzählen ist noch nicht mal der Grund, warum der Film so unterdurchschnittlich für mich ist. Er ist einfach im Mittelteil unglaublich langweilig. Hercules verkauft seine Dienste an irgendwelche Warlords und bildet deren Truppen aus. GÄHN. Und wenn es dann zur Sache geht, ist jeder seiner Sidekicks, von der Amazonen-Bogenschützin bis zum Wikinger-Berserker, interessanter als er selbst. The Rock bringt, bis auf eine kleine Szene gegen Ende, wo er sich grunzend von Ketten los reist, einfach nicht das Chrisma eines Halbgottes auf die Leinwand. Er ist ein unrasierter Penner, der einen verdammt üblen Schwinger hat. Aber mehr leider nicht. Trotzdem geht der Film an einem verregneten Nachmittag als seichte Unterhaltung durch. Eine Alternative wäre es noch einmal die Abenteuer von Hercules und Iolaus mit Kevin Sorbo anzuschauen. Oder Xena. Alles dasselbe.
I Frankenstein
3 von 10 Gargylen
1 von 10 bei Rotten Tomatoes: 3%
Must Watch für: World of Darkness-Rollenspieler und Gargoyle-Fetischisten
Ich gebe es zu, Dark Fantasy ist meine Achillesferse. Als großer Fan der Whitewolf-Produkte und Liebhaber einer zünftigen World of Darkness musste ich I Frankenstein einfach eine Chance geben. Die Idee, dass Frankensteins unsterbliches Monster immer noch frei rumläuft und scheinbar unter dem Namen Adam einem heiligen Gargoyle-Orden dabei hilft Dämonen zu klatschen, ist so albern, dass es schon wieder gut ist. Ich kann Luke nur Recht geben, dass der Film einfach als eine geniale World of Darkness Rollenspiel-Kampagne in Film-Form gesehen werden muss. Die Story, dass Victor Frankensteins „Rezept“, mit dem sich unsterbliche Golems bauen lassen, den Teufel auf den Plan ruft, ist episch wie schlüssig: Die Dämonen des dunklen Chefs können nur Körper übernehmen, wenn die darin wohnenden Seelen dies zulassen. Eine Armee von seelenlosen Fleisch-Kriegern, die ihm „ohne Gegenwehr“ als Vehikel dienen können, ist also nicht ganz uninteressant für ihn. Diese Prämisse gipfelt dann am Ende des Films auch in einer würdig-überzogenen Klonfabrik-Szene, die dem Teufel unter statischen Entladungen um die Ohren fliegt. Genial! Doch wieso dann die niedrige Bewertung?
Leider ist alles im Zwischenteil teilweise so cheesy und unlogisch, dass sich dem Zuschauer die Zehennägel nach oben krümmen. Im Grunde fliegen non-Stop die Fetzen, wenn sich Gargoyles und Dämonen gegenseitig die Essenz aus dem Anzug hauen. Natürlich vergehen die Hüter des Gargoyle-Ordens in einem Lichtstrahl, während die Essenz der Dämonen in einem Feuerschweif vom Erdboden verschluckt wird. Dieses Gewirr aus blauen und roten Special-Effects ist ca. 5 Minuten unterhaltsam, bevor es gnadenlos repetitiv und ermüdend wird. Und natürlich nimmt nie jemand davon Notiz! Während es im Rollenspiel nicht weiter auffällt, wenn in einer Großstadt um 1800 Uhr die Bordsteine hochgeklappt werden, wirkt es im Film schon arg lächerlich, dass ständig der Kampf zwischen Gut und Böse in den Straßen tobt und nicht EIN sterblicher Augenzeuge zugegen ist. Und während die Gargoyles wenigstens noch ganz nett animiert aussehen, wirken die Dämonen wie Menschen, die sich alberne Gummi-Dämonenmasken aus der Prop-Kiste von Buffy the Vampire Slayer geklaut haben. Fazit: Ich wünschte, ich wäre mal wieder Teil einer World of Darkness-Runde, die derart cheesy, überzeichnet und wahnsinnig ist. Im Pen & Paper ist das der Stoff, aus dem verdammt unterhaltsame Abende sind. Als Film hätte es jedoch noch etwas mehr Substanz gebraucht. Trotzdem: Wer plant in seiner nächsten Gothic-Runde einen beidhändig kämpfenden Promethean zu spielen, sollte dieses Lehr-Material durchaus zur Inspiration heran ziehen. Alle anderen sollten ihre reale Lebenszeit im Auge behalten.