Doctor Strange 2: Für Horror- und Hardcore Fans
8 von 10 magiebegabten Chirurgen
Marvels Phase 4 scheint komplett unter dem Motto “Mach mal wieder einen Termin bei deinem Therapeuten” zu stehen. Wer auf Disney+ Loki gesehen hat, weiß wovon ich rede.
Auch Doctor Strange in the Multiverse of Madness erforscht die etwas absurderen und verrückteren Ecken der Marvel-Welt und ich finde das ziemlich knorke.
Denn letztlich wurde mit der langsamen Einführung der “Mainstream-tauglicheren” Helden wie Thor, Iron Man oder Captain America unsere Psyche lang genug mit Samthandschuhen angefasst.
Es wurde mal Zeit für Serien und Filme, die den Versuch wagen, die ganz Bandbreite der Verrücktheit von Superheldencomics einzufangen.
Mit Deadpool, den Guardians of the Galaxy oder dem genialen ersten Teil von Dr. Strange wagte sich Marvel bereits in etwas “nerdigere” Gefilde vor, die nur Hardcore-Comicfans und Kennern der Materie überhaupt etwas sagten.
Mit Doctor Strange in the Multiverse of Madness fliegt nun endgültig jeder Sicherheitshelm davon.
Das innere Sanktum ist geöffnet.
Was hier kein besserer als Tanz-der-Teufel-Regisseur Sam Raimi hätte beaufsichtigen können, ist Marvels erster Eintrag im Horror-Genre, der sicher nicht jedermanns Sache ist.
Wobei “Horror” eigentlich etwas zu viel gesagt ist.
Dr. Strange 2 ist sicherlich der düsterste Marvelfilm to date und betritt damit neues Gelände. Doch der Schrecken ist immer noch sehr pittoresk und “Marvel-tauglich”.
Trotzdem habe ich mich bei der Alterseinstufung von beinahe zarten 12 schon gelegentlich nachdenklich an meinem Eltern-Kopf gekratzt. Es gibt doch allerhand Todes-Szenen, die einen 12-Jährigen, auf Grund ihrer Art und Darstellung, etwas verstören und mit Alpträumen beglücken könnten. Und wenn man dann noch einen Film schaut, der einem suggeriert, dass (Alp-)Träume nichts anderes als Blicke in andere Dimensionen sind – ich weiß nicht so recht.
Und damit kommen wir am besten auch gleich mal zum…
Inhalt von Dr. Strange 2: Königlich konfus
Die Multiversums-Thematik bringt es natürlich mit sich, dass es etwas verwirrender und vielschichtiger zugeht, als in anderen Marvelfilmen.
Dr. Strange und Konsorten reisen in verschiedene Welten und jagen diesem einen MacGuffin hinterher, der den Ventilator rückwärts drehen und die Scheiße rausschleudern soll.
Dabei gibt es teilweise so derbe Sprünge, optisch wie inhaltlich, dass Dr. Strange 2 sich eigentlich perfekt – und ich meine PERFEKT – als Serie angeboten hätte.
Andererseits bin ich dankbar, dass so eine Cliffhanger-Folter, grausam portioniert als ein Häppchen pro Woche, nicht realisiert wurde.
Apropos Serien:
Etwas ungünstig finde ich, dass Marvel, bzw. Disney voraussetzt, dass jeder einen Disney+-Zugang besitzt und alle aktuellen Marvel-Serien durchgebinged hat.
Denn als wäre Dr. Strange 2 nicht auch so schon anspruchsvoll zu verfolgen, wird auch noch detailliertes Serienwissen vorausgesetzt, was sich meiner Meinung nach wie folgt staffelt:
Wer Loki gesehen hat, kann mit einigen Multiversums-Angelegenheiten mehr anfangen, als andere. Ist aber kein Muss.
An Story-Elementen von What if hingegen wird sich kräftig bedient. Wer das nicht gesehen hat, wird sehr viele Aha-Momente nicht haben.
Und dann wäre da noch Wanda Vision. Da fällt mir wirklich nichts mehr ein. Wer die Serie um die Superhexe Scarlett Witch nicht gesehen hat, wird bei Dr. Stange 2 geradezu auf dem Schlauch stehen. Allein der emotionale Impact ist ein völlig anderer, wenn man die Serie nicht gesehen hat. Ich würde sogar so weiter gehen zu sagen: Dr. Strange 2 ist das finale Finale von Wanda Vision und knüpft eigentlich nahtlos an deren After Credits-Scene an.
Ich weiß nicht, ob Marvel dieser Tage einfach davon ausgehen darf, dass jeder Fan auch wirklich alles in ihrem Angebot konsumiert hat.
Doch ich muss nach Dr. Strange 2 definitiv protokollieren, dass sich das Marvel “Cinematic Universe” definitiv vergrößert hat und komplexer geworden ist.
Was bleibt zu sagen über Dr. Strange 2?
Der Blockbuster ist ein gewohntes Marvel-Effektfeuerwerk mit einer ungewohnten Dunkelheit, die jedoch durch die Fackel des Comic Relief gelegentlich auf Abstand gehalten wird.
Letztlich kann der Film nicht mit dem ersten Teil mithalten, der jedoch den Vorteil einer interessanten Origin-Story auf seiner Seite hat. Spirituelle Mystik, Effekte, Humor und Plot haben mich bei den ersten Abenteuern des magiebegabten Chirurgen einfach nochmal mehr beeindruckt.
Vermutlich hätte der Film einen Punkt weniger verdient, als ich ihm gegeben habe, doch ich gehöre nun mal zu den Dr. Strange-Hardcore-Fans, habe viele seiner beklopptesten Comics gelesen.
Und als genereller Freund des Monströsen und Makabren war dieser Ritt trotz ein paar Logik-Schlitzern, die ich entdeckt zu haben glaube, mehr als unterhaltsam für mich.
Und wieder gilt: Seid bitte nicht so dummbeutelig wie viele der Zuschauer, als ich im Kino war, und bleibt für BEIDE Abspannszenen sitzen. Ich meine, wer weiß nach gefühlt 100 Jahren Marvelfilmen immer noch nicht was “Mid-Credit-Scene” und “After-Credit-Scene” sind???