Operation Overlord ist das goldige Kind von Wolfenstein und Reanimator

© Paramount Pictures

8 von 10 Supersoldaten

Ich war doch ziemlich überrascht, dass uns Julius Avery mit Operation Overlord ganz und gar nicht  den trashigen B-Movie-Reißer an die Front schickt, den ich erwartet hatte. Wo der Trailer mit Zombies und AC/DC-Gitarren noch unterirdische Bewertungen und Guilty Pleasure-Potenzial in Aussicht gestellt hatte, kann ich das Ergebnis nun doch eher als gelungenes Kriegsdrama mit unerwartetem „Zombie-Einschlag“ verbuchen.

Rückblickend wäre es fast schlau gewesen, den Film einfach nur als reinrassiges Kriegsdrama zu verkaufen und die Leute dann später, out of nowhere,  in bester From Dusk Till Dawn-Manier vor den Kopf zu stoßen. Nur ich befürchte, dass das es aus Marketing-Sicht eine Katastrophe gewesen wäre, Zombies und alles Übernatürliche aus dem Trailer rauszulassen. Mal ganz davon abgesehen, dass es im Zeitalter des Spoiler-Nets auch nichts genutzt hätte.

Wie zur Hölle konnte mich damals From Dusk Till Dawn so eiskalt erwischen? Der Rodriguez-Flick stammt doch nicht aus dem Prä-Internet-Zeitalter, oder?

Aber zurück zum von J.J. Abrams actionreich und durchgehend spannend inszenierten Schocker Overlord.

Allein die Eingangssequenz ist so nervenaufreibend inszeniert, dass mir vor Überraschung fast mein Bier in den Schoß gefallen wäre. Wir erleben hautnah mit, wie ein Team von Fallschirmspringern, kurz vor dem D-Day, über der Normandie abgeschossen wird. Bis die überlebenden US-Soldaten auch nur in der Nähe ihres Ziels sind, um hinter feindlichen Linien einen Sabotageakt vollführen zu können, hat die Scheiße schon so hart den Ventilator getroffen, dass der folgende Horror beinahe eine Erleichterung ist. Ernsthaft, die Mutanten-Zombies fügen sich nahtlos ein und wirken auch nicht bedrohlicher als die restlichen Gräuel des Krieges. Bei so viel Geballer, Blut und eklig zerfetzten Zombiefressen wundert es mich wirklich, dass sich der Film noch einen FSK 16-Stempel abholen durfte.

Overlord nimmt sich also durchaus ernst, auch wenn es durch die spätere übernatürliche Thematik der „Soldaten von Hitlers tausendjährigem Reich“ natürlich ab und an unfreiwillig zu komischen Situationen kommt.

© Paramount Pictures

Doch es sind nicht nur die aufwändige Produktion und die gelungenen Effekte, die hier das Drama greifbar werden lassen. Ich müsste mich wirklich anstrengen in dem mehr als soliden Cast auch nur eine unglaubwürdige Rolle zu finden, im Gegenteil. Besonders Jovan Adepo als “nicht für diese Scheiße gemachter” und feinfühliger Pvt. Boyce sammelt von Anfang an Sympathie-Punkte. Ihm zur Seite steht die ebenfalls wunderbar verletzlich, doch gleichzeitig auch sehr mutig agierende Französin Chloe (Mathilde Ollivier), die sich der Annäherungsversuche eines schmierigen Nazi Offiziers erwehren muss. Dieser wird von Pilou Asbæk derart perfekt als gewissenloser Nazi-Bösewicht gespielt, dass man ihm von Anfang bis Ende einfach nur die Fresse polieren möchte. Man darf sich wohl darauf gefasst machen vom dänischen Game of Thrones-Darsteller demnächst noch mehr Schaurig-Schönes dieser Art zu sehen.

Streckenweise hat mich die Atmosphäre des Films, gerade die Szenen, die im französischen Dorf spielen, sehr an Return to Castle Wolfenstein (2001) erinnert. Ihr wisst schon, das ist der Wolfenstein-Teil, der dieses epische Fantasy-Intro hatte. Mischt das mit einem kräftigen Schuss Reanimator auf Speed und ihr habt Overlord. Was soll ich jetzt noch sagen, ohne zu spoilern?

Für Horror-Fans definitiv eine Empfehlung. Besonders weil Overlord so gekonnt zwischen Psycho-Drama und Gore-Flick hin und her hüpft, dass auch den überdrüssigsten Zombie-Fans nicht langweilig werden dürfte.

 

Über Thilo (1205 Artikel)
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