Shadowhunters – Zwischen Guilty Pleasure und Romantasy zum Reiern

© Constantin Film

Ach shit, warum schreibe ich diesen Artikel überhaupt? Ich kann nur therapeutischen Nutzen vermuten. Irgendwas mit meiner Schattenseite, dem unterdrückten Wunsch mir ein Tattoo stechen zu lassen oder der Angst nachts von geschmacklosen Feen vergewaltigt zu werden.

Alles begann damit, dass Miss Wiki anfing Shadowhunters zu schauen. Ich ging gerade zufällig, eine Schüssel irgendwas Ungesundes löffelnd, am Fernseher vorbei und fragte mit vollem Mund „Wasn dasn?“ „Shadowhunters, meine neue Guilty Pleasure, nix für Dich. Weitergehen, hier gibt es nichts zu sehen“ kam die Antwort, begleitet von einem schuldbewussten Lächeln.

Mein Blick fiel zurück auf die Matscheibe. Da standen gerade extrem gutaussehende Menschen im Kreis, die irgendwas von Dämonen faselten und sich gegenseitig die Tattoos streichelten. Ich ließ mich wie gelähmt auf die Couch gleiten und sog die Bilder hilflos in mich auf. Kennt ihr sicher auch: wenn etwas im TV auf Anhieb so ein kitschiger Käse ist, dass ihr umschalten wollt, aber irgendwie nicht könnt. Wie bei einem schlimmen Autounfall oder Gilmore Girls.

Langsam kochte eine verdrängte Erinnerung in mir hoch. Das war doch dieser Romantasy-Schmuh Shadowhunters: The Mortal Instruments (2013) von Cassandra Clare, der damals als Kinofilm so furchtbar gefloppt war und mich zu einem entsprechend abfälligen Artikel zum Thema Urban Fantasy genötigt hatte.

Gleich vorweg: Als Serie funktioniert die Grundidee deutlich besser. Was allerdings auch an den deutlich stimmiger bzw. charismatischer gecasteten Hauptrollen liegt.

Trotzdem weiß ich immer noch nicht, warum ich es tatsächlich durchgehalten habe, mir alle 3 Staffeln dieser Teeny-Fantasie für Tattoo-Fetischisten anzuschauen. Ich meine, es kann doch wirklich niemand dieses Intro schauen und nicht halb erotisiert und halb desillusioniert loskichern, oder? Wenn die sich mit ihren glühenden Labellos gegenseitig die Tattoos zum Leuchten bringen, dann weiß ich nicht, ob ich die Darsteller durchvögeln oder verprügeln möchte. Aber vielleicht ist genau dies das Ansinnen der Serie, die es immerhin über drei Staffeln geschafft hat nicht abgesetzt zu werden. Mit dem richtigen Intro gäbe es die Serie bestimmt immer noch:

Shadowhunters Intro ( Friends style )

…und wenn sie ihre durchaus interessanten Themen etwas ernster genommen und weniger schlimme Plot Holes eingebaut hätte!

Denn der Kampf Engelsblütiger gegen alle Arten von „Unterweltlern“ – wie in der Serie alle Wesen mit Dämonenblut genannt und über einen Kamm geschoren werden – hat ja durchaus kultiges Serienpotential. Ich weiß gar nicht welche Urban Fantasy-Serie mich zuletzt begeistern konnte. Wahrscheinlich True Blood.

Unausgesprochen verzehre ich mich ja schon länger nach einer „World of Darkness“-Serie, die Vampire, Werwölfe und alle anderen Schergen der Nacht in einer einzigen Nerd-Fantasie vereint. Nur würde ich persönlich eine andere Fraktion ins Zentrum stellen, um für politische Intrigen und einen generell spannenden Plot zu sorgen. Sowas wie Kindred: The Embraced (1996), die Fernsehserie, die auf dem Pen-&-Paper-Rollenspiel Vampire: The Masquerade basiert und nach dem tragischen Tod des Hauptdarstellers schon nach 8 Folgen beendet wurde. Und weil sie ein wenig grottig war.

Es spricht ja eigentlich nichts dagegen die Nephilim, sprich, gutaussehende Halbengel mit magischen Tattoos, ins Zentrum zu stellen, nur wenn jeder Übungskampf im pittoresken Hauptquartier in einem verliebten Clinch enden muss, dann quillt mir die Romantasy dann doch irgendwann unter der Hutschnur durch. Und wenn dabei als Zeichen ihrer Erregung auch noch alle Tattoos zu leuchten beginnen, dann muss ich beim Lachen aufpassen nicht durch den hochgewürgten Mageninhalt zu ersticken.

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Ich meine, ernsthaft, ich habe nichts gegen romantische Klüngel in einer Serie. Aber wenn die ganze Dämonenjagd nur noch als actionreiches Vorspiel für kitschiges Angeschmachte dienen muss, dann ist die Gewichtung für mich persönlich leicht aus dem Ruder gelaufen.

Besonders weil dadurch auch irgendwann die Logik zu hinken beginnt wie ein notgeiler Werwolf mit Riesenklöten. Selbst Miss Wiki konnte sich irgendwann nicht mehr verkneifen zu bemerken, dass die Runen auf den Rücken der Shadowhunter im Kampf wenig bringen, wenn man sie selbst unter schmerzhaftesten Verrenkungen nicht aktivieren kann.

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Das stets perfekt als Dekolleté-Schmuck angebrachte Tattoo von Jägerin Izzy kann hier stellvertretend für die Ausrichtung der ganzen Serie gesehen werden: Style over Substance.

Hinzu kommt, dass man an vielen Stellen einfach allzu deutlich bemerkt, dass die Handlung aus der Feder einer Romantasy-süchtigen Schriftstellerin stammt. Bei einigen Klischees biegen sich unweigerlich meine Fußnägel nach oben, wie unter dem Einfluss eines sadistischen Hexenmeisterfluchs. Denn natürlich hat Schattenjägerin Clary Fray diesen einen besten Friendzone-Freund, Simon, der ihr treu doof jeden Wunsch von den Augen abliest, während er selbstredend schon immer heimlich und unsterblich in sie verliebt ist. Und natürlich läuft dann mal was mit den beiden, obwohl sich der heiße Redhead schon lange nach Jace, dem harten Rebellen unter den Shadowhuntern, verzehrt. Der wiederrum tröstet sich dann einfach kurz mit der geilen Werwolf-Schnitte Maia, die wiederrum später bei Simon auf dem Schoss landet. Gnnnnnn.

Sehr positiv ist mir jedoch die Repräsentationsspannbreite aufgefallen, die im heißen Topf der Klüngel wie selbstverständlich mit umgerührt wird.

Die Beziehung zwischen dem schwulen Shadowhunter Alec und dem bisexuellen Hexenmeister Magnus Bane ist durchaus glaubwürdig in Szene gesetzt, auch wenn mir, selbst als bekennende „Hete“, ihre oberflächlichen Küsse manchmal fast zu unterkühlt waren.

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Dass der Hexenmeister Bi ist, erscheint mir aufgrund seiner unsterblichen Lebenserwartung als nur konsequent. Wenn man sich ein paar Jahrhunderte durch die Welt der Mundies (Muggel auf „shadowhunter“) geschlafen hat und auch sämtliche übernatürlichen Geschöpfe schon „durch“ hat, muss man wohl zwangsläufig seinen Horizont erweitern.

Magnus Bane findet in der Serie dafür jedoch tatsächlich schönere Worte: Ich liebe die Seele eines Wesens, da ist die Hülle zweitrangig.

Tja, was soll ich noch sagen. Da ich Buffy damals immer doof fand, ist Shadowhunters jetzt sowas wie meine nachgeholte Entgleisung des guten Geschmacks. Man muss ja auch mal der besseren Hälfte zugestehen die nächste Netflix-Serie auszusuchen. Muss aber auch nicht zur Gewohnheit werden.

 

Über Thilo (1213 Artikel)
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