Shang-Chi ist Marvels erfolgreicher Eintrag ins Wuxia Genre
8 von 10 kopflosen Hühnerschweinen
Gestern, als ich aus Shang-Chi and the Legend of the Ten Rings kam, sah ich aus wie ein Popcorn-Golem. Es schneite, als ich mich schüttelte.
Und genauso muss das sein.
Genau auf diese Weise können Filme den wichtigen Titel “geiler Popcornfilm” gewinnen. Und genau das war Shang-Chi. Ich habe mich köstlich amüsiert. Und nebenbei so viel Müll, bestehend aus Nachos mit Käse, Popcorn und allem, was ich in der Dunkelheit ertasten konnte, in mich reingestopft, dass mein Hausarzt beim nächsten Routinecheck die Hände über dem Kopf zusammenschlagen wird.
Zunächst hatte ich jedoch die, wie ich finde, begründete Befürchtung, dass Marvel so langsam die Puste ausgeht und Shang-Chi nur ein weiterer bunter Actionfilm nach üblichem “Marvel-Strickmuster” ist. Besonders nachdem Black Widow so hart abgestunken hat, dass ich immer noch den Geruch von Harzer Roller in der Nase habe. Vielleicht reiche ich euch noch einen genüsslichen Verriss nach…
In gewisser Weise ist natürlich auch Shang-Chi “nur” ein weiterer bunter Actionfilm. Aber das muss ja auch nicht pauschal was Schlechtes sein.
Shang-Chi hat den Vorteil voll in die Kerbe von Tiger and Dragon, Hero und anderen Eastern zu schlagen und den Zuschauer mit genau dieser Asia-Mystik zu verzaubern.
Wir bekommen tolles Kung Fu, grandiose Kulissen und mythische Wesen aus dem asiatischen Kulturkreis, die ich zur augenrollenden Kenntnisnahme meiner charmanten Begleitung immer sofort mit Namen benennen konnte. Ich motherfucking Nerd, ich.
Doch der Hauptgrund, warum Shang-Chi Marvels erfolgreicher und gelungener Eintrag ins Wuxia Genre ist, sind die kompromisslos polierten Fressen!
Denn damit fällt und steht jeder Kung Fu-Film für mich. Irgendwie ja auch logisch. Sollte man meinen, oder? Doch Flops wie die alberne Hampelmann-Show Iron Fist haben gezeigt, dass eine vernünftige, glaubwürdige UND KNACKIGE Kampfchoreographie NICHT selbstverständlich ist.
Doch an der Knochenbrecher-Front macht Shang-Chi alles richtig. Gleich der erste Kampf in einem eskalierenden Bus geht so derbe zur Sache, dass ich unwillkürlich das Popcorn in meiner Hand zerquetscht habe. Und wenn dann noch die 10 Ringe zum Einsatz kommen… heidewitzka! Da hat es, in der Reihe vor uns, die Leute fast aus ihren D-Box-Actionsitzen geworfen.
Wieso gibst du Shang-Chi dann “nur” 8 Punkte von 10?
Weil es für mich 2 winzige Abturner gab.
Erstens: Der Hauptdarsteller ist absolut solide und kämpft – sofern das nicht immer ein Actiondoubles war – grandios. Nur, wenn der “Held” des Films (Simu Liu) in Witz und Charisma ständig von seinem weiblichen Sidekick (grandios gespielt von Awkwafina) überschattet wird, dann stimmt vielleicht irgendwas nicht 100%ig.
Außerdem hat der Film, trotz aller Action, gerade gegen Ende, FÜR MICH, ein paar Längen. Ich denke, dass ist der Wahl des Regisseurs zu verdanken mit vielen Rückblenden zu arbeiten. Da kommt es dann unweigerlich zu Wiederholungen und Überschneidungen, die für mich etwas den Drive rausgenommen haben. Ich betone so, dass es sich für MICH so dargestellt hat, weil andere es anders empfinden mögen. Denn ein Actionfilm braucht natürlich auch seine ruhigen Momente, an denen er seine Action kontrastieren kann.
Insgesamt ist Shang-Chi and the Legend of the Ten Rings aber ein sehenswertes Spektakel – gerade, wenn man dem Eastern-Wuxia-Genre etwas abgewinnen kann. Fernöstliche Mystik und Magie scheinen für Marvels Phase 4 ohnehin eine gesteigerte Bedeutung zu haben, wenn wir uns Shang-Chi und den neuen Trailer für Spider-Man 3: No Way Home betrachten. Ich bin sehr gespannt, zu was das mal alles führen wird.
Für mich, als Rollenspiel-Nerd, hätte das Finale des Films, mit seinem Setting und Gegnern auch das Ende eines epischen D&D-Abenteuers sein können.
Und zum Schluss sei noch gesagt: Macht es nicht, wie die Pappnasen gestern, und steht stolz nach einer Abspannszene auf und verlasst das Kino. Wahre Fans bleiben sitzen, bis fast der Vorhang fällt, und entdecken auch die zweite Abspannszene. *Augenroll*