Filmkritik: The Avengers – Bester Superheldenfilm?
10 von 10 Rächern
Eigentlich dachte ich, dass sich X-Men First Class zu meinem Lieblingssuperheldenfilm gemausert hätte, doch der sympathische Einblick in das Leben der jungen X-Men der 60er Jahre wird brachial niedergedrückt von der Leinwand-erschütternden Epicness der Avengers.
Das war einfach mal wieder eine runde Sache und perfektes Popcornkino. Das war sogar so rund, dass mir die vorangegangenen Superheldenfilme, mit nur jeweils einem Helden, rückblickend beinahe wie aufwendige Trailer für The Avengers vorkommen.
Was mir an Avengers sofort gefallen hat war der epische Rahmen. Ich glaube, es ist durch die verschiedenen Teaser, die im Vorfeld gezeigt wurden, nicht gespoilert, wenn ich verrate, dass Loki mit Hilfe des Tesseract (einer Energiequelle von unvorstellbarer Macht) ein Tor zu einer anderen Welt öffnet, um mit einer Armee von Außerirdischen die Erde zu unterwerfen. Endlich wurde mal nicht der Epic Fail zahlloser Superman Verfilmungen wiederholt. Endlich gibt es eine globale Bedrohung, die Superhelden vom Kaliber eines Thor oder Hulk auch wirklich fordert. Mit Schaudern denke ich immer noch an die letzte Superman Verfilmung zurück, in denen wir gelangweilt beiwohnen durften wie der Mann aus Stahl die Gewehrkugeln von Verbrechern an sich abprallen ließ. GÄHN! Das hätte selbst Batman noch mit einer kugelsicheren Uniform hinbekommen. Aber in The Avengers fliegen wirklich nonstop die Fetzen, wenn sich Titanen von ebenbürtiger Stärke gegenseitig die Fresse polieren.
Apropos “sich gegenseitig die Fresse polieren”: Joss Whedon hat ein psychologisch versiertes Händchen bewiesen, die Avengers-Anwärter in der ersten Hälfte des Films erstmal gegeneinender kämpfen zu lassen. Am Anfang sind die hochneurotischen Einzelgänger nämlich ganz und gar nicht davon begeistert das ganze Weltretten in einen Teamsport zu verwandeln. Das finde ich überaus nachvollziehbar, denn wenn ich Superkräfte besäße, hätte ich sicher auch längst eine Hybris-schwangere Selbsteinschätzung entwickelt, die an eine narzisstische Persönlichkeitsstörung grenzt. Bei den ersten Begegnungen der Helden lassen sich auch schön deren Stärken und Schwächen bewundern, was sicherlich in der Comicnerd-Gemeinde Anlass zu heißen Debatten über vermeintliche Powerlevel der Avengers entfachen wird. Und um mich ebenfalls mutig einem Shitstorm von erbosten Comicnerds, Hatern und Flamern in den Kommentaren hinzugeben, habe ich meine Meinung bzgl. der Machtgrade der Avengers im angehängten Powerlevel-Baum abgelassen. Gleich mal vorweg: ICH HABE RECHT.
Ebenfalls sehr gelungen fand ich die Einbindung der Helden in die Handlung. Im Vorfeld hegte ich stark die Befürchtung, dass Semi- oder Quasi-Helden wie Black Widow oder Hawkeye einfach lächerlich wirken an der Seite von Göttern, Hulks und Kampfmaschinen. Doch tatsächlich fallen jedem Mitglied wichtige und für ihn lösbare Aufgaben zu und jeder bekommt seine “Time to shine”. Natürlich tastet sich Whedon bei manchen Actionszenen sehr nah an die Grenze des Glaubwürdigen heran, um die sexy Witwe oder Hawkyboy nicht vollkommen neben den Tier 1-Helden verblassen zu lassen. Aber alles ist im Bereich des Erträglichen und vermag nichts am Gesamterlebnis zu trüben.
Natürlich könnte ich jetzt wieder überkritisch den Korinthenkacker geben und den Film kleinkariert auseinander nehmen. Wieso werden Black Widow nicht die Arme abgerissen, wenn sie an einen vorbeirauschenden Gleiter springt? Und wie genau bitte muss der Anzug von Iron Man innen gepolstert sein, damit er nach einigen “Feindkontakten” nicht nur noch als blutiger Matsch und Knochenmehl aus seinem Anzug fließt? Aber das tue ich bewusst nicht, weil man einen Film auch einfach mal toll finden können muss. Der Streifen hat keine tiefschürfende Story, aber eine, die einen ausreichend epischen Rahmen schafft, um Grund für zweieinhalb Stunden in your face-Action für Marvel-Fans zu liefern. Wer sich in diesem Film nicht einfach zurücklehnt und genießt, ist selbst schuld. Denn hier stimmt wirklich alles: Geniale Actionsequenzen, bei denen Fans eines jeden Helden auf ihre Kosten kommen, gewürzt mit tollen Jokes, die natürlich meistens auf die Kappe des schlagfertigen Tony Stark gehen (aber auch der Hulk ist der Knaller, mehr sei nicht verraten), und jeder Menge Nerdshower auf den Rücken der machttrunkenen Zuschauer. Und bevor ich es vergesse, auch der schelmische Loki mit geliger Vokuhila-Matte und Hörnerhelm über dem sarkastischen Grinsen war Unterhaltung pur. Scarlett Johannsen im hautengen Lederdress und roten Locken muss wohl kaum erwähnt werden und das 3D war auch passabel.
Bitte einfach anschauen, überhart in die Cosplay-Hose kommen und dann noch mal im Originalton anschauen! Ganz so, wie ich es die Tage tun werde.
Avengers, ASSEMBLE!