Rambo 5 Last Blood ist selbst für 80er Actionfilme eine Beleidigung
3 von 10 mexikanischen Mausefallen
Oh Junge. Ich hatte die Wahl zwischen Ad Astra und Rambo 5 (Last Blood). Und ich Trottel habe mich für den Killer-Opa entschieden.
Warum ich den letzten Teil der Rambo-Saga als ganz und gar unwürdigen Zirkelschluss mit First Blood und überhaupt als schlechtesten Rambo-Film abstempeln muss, verrate ich euch mit wehmütiger Miene in dieser Review.
Vorwegschicken muss ich jedoch, warum ich überhaupt Menschen-Metzeln dem Flug zum Rande des Sonnensystems vorgezogen habe. Ich liebe einfach Sylvester Stallone. Nach Arnie meine lieblings-Hackfresse aus den 80ern. Ich meine, klar, das muss für Leute in und um mein Alter nicht erwähnt werden.
Deshalb musste der Nostalgie Genüge getan und das „letzte Blut“ vergossen werden. Außerdem war die Woche irgendwie stressig und ich freute mich auf „Hirn aus-Unterhaltung“ mit herrenlosen Körperteilen. Im Gegenteil: Ich wäre sogar enttäuscht gewesen, wenn die Gewalt im Film durch zu viel unnötige Handlung aufgeweicht worden wäre. Der Plan war, dass mir Stallone noch ein letztes Mal hart meinen Präfrontalen Cortex durchnudelt, bis ich vor Schmerz lache. Ohne Political Correctness. Ohne Kondom. Nur Sly und ich.
Ich bin also wirklich mit NULL Erwartungen in den Film gegangen. Welche sollte man bei einem Rambo-Streifen auch schon haben?
Doch dann die erste Ernüchterung. Was und vor allem wie faselte der Opa denn da?
Scheinbar war, wie ich jetzt nachgelesen habe, die deutsche Synchron-Legende Thomas Danneberg, die normalerweise Sly, Arnie und Terence Hill spricht, aus gesundheitlichen Gründen verhindert. Meine Vermutung ist eher, dass er das Drehbuch gelesen und sich geweigert hat so einem Dünnschiss seine Stimme zu leihen. Stattdessen wurde unser Lieblings-Veteran von Jürgen Prochnow, der Stimme von „Der Alte“, gesprochen. Sehr passend, für den derangierten Opa auf Medikamenten.
Wenn Slys Stimme der einzige Malus in der deutschen Fassung des Films gewesen wäre, würde ich jetzt nicht leise vor mich hin schluchzen. Es hat zwar eine Weile gedauert, doch irgendwann konnte ich das Krächzen des Kehlkopfkrebs-Patienten ausblenden. Das Drehbuch hingegen ließ sich leider nicht ausblenden.
Ich werde jetzt einfach mal kurz die Handlung erzählen, um sie euch zu schildern und nochmal für mich selbst… aus therapeutischen Gründen.
Wer den Film trotzdem noch sehen will, sollte jetzt also spätestens die Kurve kratzen.
GIGANTISCHER SPOILER-BERG VORAUS, KÄPT’N!
Die hirnlose Handlung von Rambo Last Blood
Rambo lebt mit seiner Haushälterin und deren hübscher Tochter auf einer Ranch, unweit der mexikanischen Grenze. Um sein Vietnam-Trauma zu bewältigen legt er als Symbol für sein Unterbewusstsein ein Netz von Tunneln unter der Farm an, wo er seine Vergangenheit und sämtliche Waffen verborgen hält. Hier feilt er gerne nach Feierabend an einem Killermesser als Brieföffner-Geschenk für seine Ziehtochter. Doch damit es in den verstaubten Gängen nicht zu langweilig wird, schickt er seine Schutzbefohlene und deren Freunde für eine Party in den Stollen. Doch leider passiert selbst unter anständigem Alkoholeinfluss nichts Schlimmes und Rambo ist enttäuscht. Kein Blut.
Doch dann fährt seine Tochter zu ihrem richtigen Papa, dessen Aufenthaltsort in Mexiko ihr zugespielt wurde. Der ist jedoch ein grauzonen- und emotionsloses Arschloch (wie alle Klischee-Gangster in Rambo Last Blood) und schickt sie weg. Um das zu verkraften geht sie erstmal mit einer Bekannten tanzen, wird in der Disse jedoch von einem Mädchenhändler betäubt und verschleppt.
Rambos Moment ist endlich gekommen. Er fährt sofort über die Grenze, bricht dem Mädchenhändler (sprichwörtlich) die Knochen und lässt sich zur Villa der Bösewichter fahren, in deren Keller seine Tochter bereits in einem Stall von Prostituierten eingepfercht wurde.
Stop!
Bis hier hin war das alles nicht innovativ, besonders gelungen oder konnte irgendeine emotionale Verbindung zum Zuschauer schaffen. Aber es war „ok“.
Das alles erinnerte mich auch an irgendwas John Wick-artiges… genau, Taken! Den geilen Actionthriller von 2008 mit Liam Neeson! Ja, warum nicht? Von hier aus hätte Rambo Last Blood ein herrlicher Taken-Rip Off werden können, der alle Zuschauer zufrieden gestellt hätte. Lieber gut kopiert als schlecht neu.
Doch leider entschloss sich das Drehbuch dafür den Film spätestens ab hier steil bergab gehen zu lassen. Schaltete unser Vietnam-Veteran und tödlicher Einzelkämpfer in meiner Fantasie nun Mann für Mann seine Gegner aus, wandelt unser Opa lieber ziellos durch die Gegend und „pullt“ dabei nach bester MMO-Manier immer mehr Gegner hinter sich her. Bis er schließlich auf dem Dach des Anwesens vom gesamten Gangster-Kartell umstellt ist.
Der Obermotz findet nun heraus, dass Rambo für seine Tochter gekommen ist und lässt ihn krankenhausreif schlagen. Dass Sly mit seinen zugeschwollenen Augen an dieser Stelle nicht laut nach „Adriaaaaan“ schreit, ist alles. Der Gangsterboss lässt dann Rambo nur leben, damit er mit dem Gedanken klarkommen muss, dass er seine Tochter nun besonders mies behandeln wird. Geiler Plan, Opa. Hingehen, verprügeln lassen und damit die Hölle deiner Tochter noch heißer machen. Top.
Doch glücklicherweise wird er von einer Frau gerettet und in nur 4 Tagen wieder hochgepäppelt. 4 Tage, in denen seine Tochter nach allen Regeln der Kunst geschändet wird. Großes Kino, Rambo.
Dann verschafft sich unser Killer-Opi unter dem Vorwand, selbst ein Kunde zu sein, Zutritt zu einem Hinterhofpuff, in dem zufällig gerade seine Tochter missbraucht wird. Um sie zu befreien, greift er sich von einem Tisch einen kleinen Hammer und tötet damit alle Gegner im Haus. Kein Witz. Vorher hat er Messer und Knarre stecken und sich verprügeln lassen, diesmal reicht ein Handwerker-Hammer, um alle zur Strecke zu bringen. Keiner der ausgewachsenen Männer hat eine Chance gegen den Opa mit Hammer, der alle one-punched.
Auf der Rückfahrt muss seine Tochter jedoch noch im Auto an einer Überdosis sterben, damit das Drehbuch termingerecht mit der Rachestory loslegen kann.
Dazu fährt Opa Rambo nochmal über die Grenze und tötet einen der beiden Hauptdrahtzieher des Mädchenhändlerrings, damit der Rest über die Grenze gefahren kommt, um ihn zu holen. Dazu baut er A-Team-mäßig seine geliebten Geisterbahn-Tunnel zu einem Fallen-Parcours aus und hofft, dass ein paar dutzend Männer dumm genug sind, wie die Lemminge rein zu rennen. Er soll nicht enttäuscht werden.
Schon bald fahren die ersten Karren voll mit mexikanischen Klischee-Gangstern auf sein Grundstück und werden von Tretmienen zerfetzt. Es bleibt ein Feuerring mit einer schmalen Lücke, durch die der Rest der Überlebenden eintreten und dem Fallen-Pfad weiter folgen kann.
Hilfreicher Kommentar des Anführers 1: Versucht am Leben zu bleiben!
Echt jetzt? Erinnerte mich an die sinnlose Taktik-Hilfe, die ich mal auf einem alten Mega Drive-Spiel gelesen hatte: Versuchen sie dem Feindfeuer auszuweichen! NÄ!? Mega Tipp! Wie soll man den darauf kommen?
Dann laufen die Gangster weiter auf den für sie vorgesehen Laufwegen entlang und werden von Rambo wie an einem Schießstand auf dem Jahrmarkt dezimiert. Schließlich läuft Rambo in seine Fallen-Tunnel, mit der unausgesprochenen Bitte, dass man ihm folgen möge.
Hilfreicher Kommentar des Anführers 2: LOS, ALLE rein da!
Echt jetzt? Nach all den Toten, wollt ihr immer noch Rambos Spiel nach SEINEN Regeln weiter spielen? Ok, have fun. And pain.
Im Folgenden erleben wir die einzige wirklich unterhaltsame Phase des Films, die uns zumindest mit ein paar over the top-Splatter-Effekten wach halten kann. Besonders lustig sind diese, weil die mexikanischen Vollpfosten so wunderbar brutal und berechenbar in Rambos Fallen laufen. Erst haben nur meine Begleitung und ich gelacht, irgendwann hat das ganze Kino gegrölt.
Ich meine, was versuchen uns die Drehbuchautoren hier als realistisch zu verkaufen?
„Hmmmm, hier hängt Alejandro in einer Speerfalle. Ouch. Na, mal weiter den düsteren Gang lang. Oh, bäh! José ist in eine Stachelgrube gefallen. Shit, Mann. Ok, weiter voran, hoffentlich passiert mir sowas nicht! OMG, Antonio! Er wurde von einer Armbrustfalle in den Kopf getroffen. Kacke! Was für ein Irrer diese präzisen Fallen gebaut haben muss, in die wir alle reinlaufen wie die Lemminge. Naja, weiter positiv denken und tiefer in die Tunnel. Was wohl um diese Ecke… ARGL!“
Hilfreicher Kommentar des Anführers 3: LOS, kämpft, ihr Feiglinge!
Ja, äh, gegen wen denn, Boss?
Schließlich sind wirklich alle Gangster von Rambos Fallen enthauptet, kastriert oder sonst wie entleibt worden. Eigentlich hatte nur das heiße Bügeleisen von Kevin allein zu Haus gefehlt.
Als nur noch der Endgegner übrig ist, jagt Rambo die Tunnel so in die Luft, dass sich der mexikanische Miesling nur in die Scheune retten kann, wo Rambo ihn haben will. Vorher mit Spielkarten trainiert, heftet Rambo den Saftsack mit 4 Pfeilen seines geliebten Bogens an die Wand der Scheune. Hier raunt er ihm ins Gesicht, das er ihm nun zeigen wird, wie es sich anfühlt, wenn man das Herz rausgerissen bekommt. Der Gangster bekommt dazu zunächst Rambos Überlebensmesser in die Brust gerammt. Da ihn weder Explosionen, noch 4 Pfeile im Körper vor Schmerz ohnmächtig werden lassen, kann der Schurke auch noch die 5 Minuten schreien, die Rambo braucht, um ihn sprichwörtlich von oben nach unten aufzuschneiden und ihm sein Herz zu zeigen. Nein, ich rede nicht von einem Roadrunner-Cartoon für Erwachsene, wir sind immer noch bei Rambo Last Blood.
Vor allem kommt es einer Beleidigung gleich zu glauben, dass so eine künstlich und schlecht konstruierte Rachegeschichte uns als Zuschauer irgendwie berühren könnte. Vor allem, wenn der Bösewicht, wie auch alle seine Handlanger, derart grauzonenlose, verruchte Monster ohne menschliche Züge wie z.B. einen Selbsterhaltungstrieb sind. Just not believable as human beings.
Wie sollen wir die Befriedigung einer Racheorgie empfinden, wenn die bösen Jungs noch nicht mal dann um Gnade winseln, wenn Rambo dabei ist ihnen das Herz rauszuschneiden?
Es wundert mich nur, dass das Herz in Rambos Hand nicht in Flammen aufgegangen ist, wie bei Indiana Jones und der Tempel des Todes.
Am Ende schleppt sich Rambo dann noch in den Schaukelstuhl auf seiner Veranda, wo er darüber sinniert, dass er als einziger Überlebender immer weiter kämpfen wird, um das Andenken seiner Liebsten in Ehren zu halten.
Dass er da so in Ruhe sitzt und die Landschaft bewundert, halte ich auch für eine bessere Idee als mit zig Einschusslöchern in der Brust ein Krankenhaus aufzusuchen. Denn dann war dieser Rambo-Teil wenigstens wirklich „Last Blood“.