Champions of Midgard Test: Grölende Empfehlung!
Ehrenmann-Aktion: Mit ein paar Metbier in der Birne vergessen deinen Wikingern was zu Futtern mit auf die Seereise zu geben, aber wenigstens noch besoffen VALHALLA grölen, wenn sie in den sicheren Tod fahren. Nach LALL-Halla…
Da es bei Champions of Midgard, einem geilen Worker Placement Game von Grey Fox Games, durchaus vorteilhaft sein kann intelligente Entscheidungen zu treffen, kann man es auch nüchtern spielen. Aber ich hatte Geburtstag („abscheuliches Verschrumpeln“ auch genannt) und Champions of Midgard war das Geschenk. Was soll man da machen, wenn Odins Trunk so perfekt dazu passt?
Als Turbo-Nerd spiele ich ja überhaupt gerne Brettspiele, die aus den Bereichen Abenteuer, Fantasy oder Scifi stammen. Ölimperien aufzubauen, Lotusblüten zu falten oder Kamelrennen zu veranstalten gibt mir einfach nicht so viel, wie beinharte Wikinger saufen, kämpfen und mit ihren schicken Drachenbooten fahren zu lassen. Und genau damit kann Champions of Midgard dienen.
Aber es ist nicht nur ein historisches Brettspiel, sondern, wie der Name schon vermuten lässt, hat von den Machern auch eine feiste Fantasy-Injektion bekommen. Hauptziel des Spiels ist nämlich unsterblicher Ruhm durch das Bekämpfen legendärer Monster!
So funktioniert Champions of Midgard
Mittlerweile gibt es einige Worker Placement-Spiele auf dem Markt, die sich grundlegend meist nur durch wenige neue Kniffe bei der Mechanik unterscheiden. Eins der ersten und bekanntesten ist, soweit ich weiß, Stone Age, bei dem ihr dafür sorgt, dass eure Höhlenmenschen jagen, essen und in der „Kuschelhütte“ neue Mammutjäger machen. Viele von euch kennen vermutlich auch das ebenfalls sehr gute Lords of Waterdeep, mit dem ich Champions of Midgard weiter unten auch mal vergleichen werde.
Zu Spielbeginn sucht sich erst mal jeder Spieler einen von 5 Wikinger-Anführen aus, der auch eine Spezialfähigkeit besitzt (auf Bild nur 4 zu sehen):
Dann geht jede Partie Champions of Midgard 8 Runden, die jeweils aus 2 Phasen bestehen:
- In der ersten Phase setzt ihr immer abwechselnd eure Arbeiter (Worker Placement), um die Ressourcen Holz, Nahrung, Geld, Runen, Schicksal-Karten und Hörner (Gunst der Götter) zu sammeln und Krieger für eure Kämpfe zu rekrutieren. Hier müsst ihr Prioritäten setzen und vielleicht auch mal Lokalitäten nur darum mit eurem Arbeiter besetzen, damit diese für einen anderen Spieler besetzt ist.
- In der zweiten Phase verteilt ihr eure Kämpfer vor den Toren des Dorfes oder auf den Drachenbooten, um Trolle, die untoten Draugr oder Monster an fremden Gestaden zu besiegen – die Hauptmöglichkeit, um an Ruhm zu gelangen, mit dem ihr das Spiel gewinnen könnt.
Generell könnt ihr Ruhmespunkte (also Siegpunkte) am besten durch die Kämpfe gegen die Monster ergattern.
Wenn ihr jedoch häufiger mal beim Seher vorbei schaut, könnt ihr noch „Destiny“, im Prinzip geheime „Missionen“, abstauben, die bei Spielende extra Punkte geben.
Ein interessanter Mechanismus ist noch der Troll, dessen Hobby es scheinbar ist, ständig die Dorfbewohner zu schikanieren. Findet sich niemand, der ihn bekämpft, bekommen am Ende der Runde alle Spieler „Blame Token“, die bei Spielende Minuspunkte geben. Besiegt jedoch jemand den Troll, kann er einen seiner „Schmach-Punkte“ einem anderen Spieler in die Schuhe schieben, sprich abgeben.
Der „Gag“ an Champions of Midgard gegenüber anderen Worker Placement Games sind definitiv die Kämpfe, die Spannung und einen gewissen „kontrolliere deine Gier-Faktor“ reinbringen.
Wie viele meiner Kämpfer verteile ich an wie vielen Kampfschauplätzen? Schaffen es meine beiden Axt-Krieger alleine gegen den Troll oder sollte ich von einem meiner Boote lieber noch einen Schwertkämpfer dazu packen, der auch mal ein Schild würfeln kann? Aber schaffen es dann meine verbliebenen Wikinger gegen den Lindwurm am Ende der Seereise? Was, wenn ein Kraken angreift oder eine Flaute einige meiner Jungs verhungern lässt?
Die Kämpfe machen Champions of Midgard für mich zu einer perfekten Mischung aus typischem Euro Game und Ami Trash.
Die Idee, drei der Ressourcen des Spielsgleich als würfelbare Angreifer zu konzipieren, finde ich genial: Schwertkämpfer (weiß), Speerkämpfer (rot) und Axtkämpfer (schwarz). Aber Achtung: Die Axtkämpfer haben die besten Angriffswerte (nur 2 blanke Flächen auf denWürfeln), können aber keine Schilde Würfeln, wie die Speer- und Schwertkämpfer.
Diese Mechanik erhebt CoM derzeit an meine Nummer 1 der Worker Placer und verdrängt damit das auch sehr schöne Lords of Waterdeep auf einen knappen Platz 2. Wenn die Diebe, Krieger, Priester und Magier bei LoW auch würfelbar wären, wäre das D&D Game perfekt. Denn so muss ich mich natürlich fragen: Ein D&D Brettspiel OHNE KÄMPFE?
Trotzdem hat auch LoW seine Vorteile gegenüber Champions of Midgard. Schauen wir mal:
Vergleich Champions of Midgard und Lords of Waterdeep
Beides sind Worker Placement Games. Beide haben hübsches Artwork, ein spannendes Thema und eine tolle Atmosphäre. Anzahl der Runden und Mechanik sind bei beiden genau gleich.
Vorteile Lords of Waterdeep:
- Quests: Die zum geheimen Lord passenden und besten Quests zu bekommen, macht einen großen Teil des Spaß und der Taktik aus.
- Intrigen: Anderen Spielern gezielt und taktisch an den Karren pinkeln. Besonders mit der Scoundrels of Skullport-Erweiterung ist das noch mal deutlich abwechslungsreicher und interessanter geworden.
- Gebäude: Solche kaufen und als Teil der eigenen Aufbau-Strategie nutzen zu können bietet noch mehr Abwechslung im Spiel.
Nachteile Lords of Waterdeep:
- Als “Rohstoffe” bzw. Währung des Spiels gibt es nur 4 verschiedene Klassen (Farbwürfel) und Geld.
- Es fehlt der Kampf! Gerade in einem D&D-Spiel hätte das perfekt gepasst. Wenn die 4 verschiedenen Klassen auch würfelbar wären wie bei CoM wäre das Spiel perfekt.
Vorteile Champions of Midgard:
- Kämpfe! Das bringt die richtige Portion Zufall ins Spiel, die den sonst vielleicht zu starren Ablauf eines Euro-Games auflockern.
- interessantere “Rohstoffe” mit 3 verschiedenen Kriegerwürfeln, Holz, Nahrung, Gold, Gunst (Würfel nochmal würfeln), Runen, Schicksalskarten, Handelsschiff und Monstern.
- Teilweise abwechslungsreichere Orte auf dem Spielbrett.
Nachteile Champions of Midgard:
- Außer mit geschicktem Worker Placement gibt es keine Möglichkeiten dem Gegner die Strategie kaputt zu machen. Indirekt können dies nur dessen vermasselte Würfelwürfe im Kampf leisten.
Ich mag beide Brettspiele sehr gerne, aber durch den Schuss Glück beim Würfeln, der wie das Salz in der Suppe wirkt, hat Champions of Midgard bei mir nun leicht die Nase vorne.
Design, Atmosphäre und Spielmaterial
Abschließend ist zu sagen, dass ich die nächsten Partien Champions of Midgard schon kaum noch abwarten kann.
Das Spielbrett ist zudem wirklich schön gestaltet und auch das Artwork auf den Karten trägt zur Atmosphäre bei.
Zwar ist es bisher noch nicht auf Deutsch erschienen, doch auch die englische Version ist mit wenig Texten leicht spielbar. Die Anleitung ist zudem gut verständlich und es liegt noch ein Quick Reference Guide mit Setup und Zugabfolgen in jeder Runde bei. Außerdem gibt es jetzt schon genug kompakte Tutorial-Videos auf YT, die ein Lesen der Anleitung ohnehin überflüssig machen.
Tja, wenn euch mein Test gefallen und ihr Bock drauf bekommen habt, könnt ihr es ja mal
Ach ja, es gibt noch 2 Erweiterungen, die ich zwar noch nicht habe, aber mir schon in Let’s Play-Videos angeschaut habe.
Die Erweiterung The Dark Mountains
Die Dark Mountains sind mehr eine räumliche Erweiterung des Grundspiels als eine inhaltliche (siehe dazu unten „Valhalla“).
Nun kann noch ein 5. Spieler seine Arbeiter umherhetzen und es gibt eine neue Reise-Location, die düsteren Berge, in denen Riesen bezwungen werden müssen. Diese geben als Belohnung dafür jedoch einen neuen Krieger-Würfel, den Bogenschützen, gegen den kein Monster im Basisspiel immun ist.
Meine Befürchtung ist, dass die zusätzlichen Locations auf dem Spielbrett den Kampf beim Setzen eher kompromittieren. Etwas das bei Zweispieler-Partien schon auffällt.
Die Erweiterung Valhalla
Valhalla hingegen verändert wirklich das Grundspiel. Endlich heult man den gefallen Kriegern nicht mehr hinterher, im Gegenteil: Im Jenseits können die Seelen noch Boni für euch frei schalten und legendäre Monster bekämpfen. Das könnte ganz neue Taktiken eröffnen, in denen man seine Krieger ganz bewusst in aussichtlose Kämpfe schickt. Etwas, was im Sinne der Menschenopfer bei den Wikingern ja fast nachvollziehbar ist.
Außerdem gibt es zwei neue Krieger-Würfel, die Berserker und Schildkrieger, sowie die neuen Anführer-Würfel. Endlich könnt ihr euch selbst mit ins Getümmel werfen! Außerdem gibt es für alle bisher erschienen Wikinger-Anführer neue Fähigkeiten, die mit den Anführer-Würfeln ausgelöst werden können.
Wenn ich mir eine Erweiterung hole, dann vermutlich eher Valhalla als Dark Mountains, weil sie das Grundspiel nicht nur mit neuen Karten und Orten erweitert, sondern tatsächlich das Spiel verändert, bzw. bereichert.