Feencon 2019: 30 Jahre familiäre Fantasy
So sanft wie der Kuss einer Sirene schmeichelt der Schaum des Kirschbieres an meiner Oberlippe, während der unbarmherzige Takt der „hundert Steine“ der Jugger an meine Ohren dringt. Das ist für mich die FeenCon.
So wie die RPC bis letztes Jahr noch Odins Trunk und Jan Hegenberg war. Keine Ahnung, warum sich jede Fantasy-Con für mich auf eine bestimmte Biersorte reduzieren lässt und was das über mich aussagt, doch die FeenCon ist natürlich noch so viel mehr!
Ich erinnere mich noch, als wäre der Nerdgasmus gestern gewesen, als ich auf meiner ersten FeenCon mit weichen Knien vor Larry Elmore stand und mir von ihm sein Bild „Deadlock“ signieren ließ. Der nette Ausnahmekünstler sagte noch irgendwas zu mir, aber mein jüngeres Ich verstand nur Bahnhof. Ausgestattet mit Minimal-Englisch aus der Schule konnte ich damals nur dankbar lächeln und glücklich davon schweben. Das ist jetzt 100 Jahre her. Natürlich nur gefühlt, denn die FeenCon ist nun 30 Jahre alt geworden.
Was hat sich seitdem an der FeenCon verändert?
Eigentlich gar nicht so viel. Es macht immer noch einen Heidenspaß dort Gleichgesinnten und den „üblichen Verdächtigen“ über den Weg zu laufen und sich in Nerd-Gesprächen von unterirdischer Relevanz für das Weltgeschehen zu verlieren. Es ist damals wie heute herzerwärmend.
Innen locken Lesungen, Autoren, Künstler, Tabletops, Rollenspielrunden und andere Stände mit ihrer köstlichen Realitätsflucht, während draußen das Tavernen-Zelt, die Jugger und andere Attraktionen die grünen Wiesen zieren.
Das geübte Auge kann inmitten der Nerds natürlich auch das ein oder andere Cosplay erspähen.
Auf Grund der legendären Hitze der FeenCon scheinen aufwändige Kostüme jedoch immer seltener zu werden. Spätestens nach dem Makabren Gruppenschwitzen von 2015, sind die Kostümierten vorsichtiger geworden. Niemand möchte bei lebendigem Leib verbrennen und als geröstetes Furry in die FeenCon-Geschichte eingehen.
Ich liebe insbesondere auch die kleinen Kram-Stände, wo mir neben Fantasy-Schmuck, selbstgemachtem Met und anderer Handwerkskunst häufig auch nostalgische Zeitreisen in meine ungläubigen Hände fallen.
Gekauft habe ich jedoch nichts davon, weil die Spiele als reine Nostalgie-Trigger in meine Regale gewandert wären. Trotzdem versuche ich auf jeder Fantasy Con mindestens ein Buch mitzunehmen, um über den Tellerrand hinaus zu lesen und damit eine(n) Autor(in) zu unterstützen.
Diesmal hat es mir das von Markus Heitkamp herausgegebene German Kaiju angetan. Wie sollte auch ein Riesenmonster-, sprich Kaiju-Fan, wie ich, daran vorbeilaufen? Und das Beste ist, dass ich mit dem Kauf dieser Kurzgeschichten-Sammlung gleich mehrere andere Kaiju-Lover und Autoren unterstütze. Nach kurzen Durchblättern und Überschriften wie „Frankensteins Raketenmonster im Blutrausch“ und „Hansebiker gegen Mutant X“ bereute ich, dass ich die Lesung zum Buch gerade um Haaresbreite verpasst hatte. Wenn die Zerstörung Deutschlands durch Kaiju empfehlenswert ist, werde ich vermutlich noch eine eigene Rezension darüber schreiben. Wem das nicht schnell genug geht, der kann sich German Kaiju auch sofort hier bestellen.
Wie die Feencon zu meiner RPC werden könnte
Da meine ebenfalls geliebte RPC in Köln dieses Jahr leider zum größten Teil in eine Mainstream-Comic Con nach amerikanischem Vorbild umgewandelt wurde (siehe hier), ist ein großer Platz in meinem Herzen frei geworden. Wenn die Veranstalter auch nächstes Jahr nur rudimentär an die Magie der ursprünglichen RPC erinnern wollen, dann dürfte für mich gerne eine andere Fantasy Con den Mantel aufnehmen.
Denn mit nur wenigen Handgriffen könnte eine „sympathische Familienveranstaltung“ wie die FeenCon in die Fußstapfen der RPC treten.
- Das wunderschöne Areal draußen könnte besser genutzt werden. Ein paar mehr Mittelalterbuden und mehr Fressmöglichkeiten, würden die FeenCon ungemein aufwerten, da man doch mitunter ziemlich lange für sein Kirschbier oder Fleischbrötchen anstehen muss. Doch das Wichtigste wäre eine Bühne mit Musik! Müsste gar nichts großes sein, und dürfte ruhig auch als Gig-Möglichkeit für unbekanntere Hobbybands dienen, so lange auf diese Weise die FeenCon eine ständige Musikuntermalung bekäme. Das macht einfach SO VIEL Atmosphäre.
- Es gab eine Zeit, da wurden mal RPG-Größen aus den USA eingeflogen. Ich erwarte gar nicht, dass Stars und Autogrammstunden die FeenCon in eine Möchtegern-Comic Con verwandeln. Es würde schon reichen, wenn ein oder zwei unter Rollenspielern bekannte Namen an einem Tisch säßen und die Nerds glücklich davon schweben ließen.
- Als junger Vater, der sein Mini-Me im Gepäck hatte, fiel mir auf, dass dieses Jahr keine Hüpfburg zu finden war. Selbst das Kinderschminken soll am zweiten Con-Tag verschwunden sein. Ein Bonuspunkt wäre deshalb für mich die bessere Kinder-Bespaßung. Wenn ich mir in Erinnerung rufe, wie lange mein Sohn mit großen Augen vor dem Playmobil-Tabletop stand, würde schon eine Art Spielteppich mit ausrangierten Toys einen großen Unterschied machen.
Ansonsten gibt es von mir, wie immer, den Daumen nach oben für die sympathische Bonner FeenCon. Jetzt muss ich schon wieder ein Jahr warten. 2020 sehen wir uns wieder. Mit Kirschbier. Und Juggern.
Und vielleicht ein paar Upgrades?