Haarige Vorstellung: Der neue Wolfman

Ok, Wolfman ist nicht so bescheiden wie Rotten Tomatoes (momentan 32%) zu suggerieren scheint, aber auch nicht so viel besser wie ich mir erhofft hatte. Als ich vor einigen Monaten den ersten Trailer zum Film sah, regte sich in mir eine bescheidene Hoffnung: Sicher würde Wolfman nicht an die tiefe Atmosphäre von Interview mit einem Vampir heran reichen, doch vielleicht könnte er ja Bram Stoker’s Dracula für Werwolf-Fans werden. Ein bisschen enttäuscht war ich schon, als sich gestern Abend mein Wunschtraum in einem Kino von der Größe eines Hühnerstalls in Luft auflöste.

Man muss natürlich gestehen, dass die Geschichte des Werwolf-Films nicht gerade mit Meilensteilen der Filmgeschichte gepflastert ist. Doch sogar im Vergleich mit der schwachen Konkurrenz hat Joe Johnstons Remake des klassischen Wolfman leider keinen bleibenden Eindruck hinterlassen. Zu uninspiriert ist die Performance der Akteure: Benicio Del Toros Leistung besteht darin traurig aus der Wäsche zu schauen, während Anthony Hopkins in erster Linie weißhaarig ist. Auch Hugo Weaving spielt in bestem Fall passabel, was jedoch auch daran liegt, dass seine Rolle als Scotland Yard Bulle einfach nicht mehr her gibt. Man fühlt nie mit den Darstellern mit, gerade das Schicksal der von Lykanthropie Besessenen kratzt den Zuschauer nicht die Bohne.

Ansonsten ist der Streifen eine Aneinanderreihung von düsteren Bildelementen der Gothic-Tradition: Bröckelnde Statuen, schaurige Äste im nächtlichen Wind, Kerzenschein, eine Irrenanstalt komplett mit Eiswasser- und Schocktherapie und Mondlicht, verdammt viel Mondlicht. Man hat streckenweise gar das Gefühl, dass im viktorianischen England eigentlich immer Vollmond war. Paradiesische Verhältnisse für den Wolfman, wenn er sich dann endlich verwandelt und ein wenig mit den Köperteilen seiner Opfer umher wirft. Und genau das macht auch den einzig spaßigen Teil des Films aus: Wenn der haarige Del Toro Leute mit nur einem Prankenhieb enthauptet kommt wenigstens ein wenig Splatterfilm Feeling auf und man bekommt ein bisschen Kunstblut und Gummikörper für den Eintrittspreis. Mitunter ist die blutige Action so übertrieben, dass der Clown der unfreiwilligen Komik um sich greift. Als der Wolfman beispielsweise von einem Gebäude herunter springt und einen Polizisten unter sich begräbt wird dessen Hut empor gewirbelt. Es hätte mich nicht gewundert, wenn das Hütchen auf dem Kopf des davon sprintenden Werwolfs gelandet wäre…

Wirklich schade, dass der Film insgesamt, bis auf die Splatterszenen, so uninspiriert und seelenlos geraten ist. Ich bin mir sicher, dass man mit besseren Schauspielern und mehr Drogen einen stimmigeren Wolfsfilm hätte drehen können. Ich würde dem Streifen nach dem Tomatometer 55% geben, leicht über mittelmäßig eben.

Über Thilo (1200 Artikel)
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