Jupiter Ascending ist mein Dune

Man beachte wie Tatum einem Köter gleich an Kunis‘ Haaren riecht...

Man beachte wie Tatum einem Köter gleich an Kunis‘ Haaren riecht…

8 von 10 Flugstiefeln

David Lynch, der mich mit den wunderbar kranken Filmen Blue Velvet und Wild at Heart bestens unterhalten konnte, biss mit seiner Version von Dune bei mir jedoch auf Granit. Egal wie oft ich versuche den Film zu schauen, ich schlafe nach spätestens der Hälfte erbarmungslos ein. Vielleicht liegt es an den über 3 Stunden Laufzeit, vielleicht an den überholten Special Effects – ich habe keinen Schimmer. Doch schade ist es allemal, da das von Frank Herbert konstruierte Setting mit den Adelsfamilien im Weltraum, die um die Droge Spice konkurrieren, recht spannend ist.

Grund genug scheinbar, dass die Wachowski Brothers es als unverkennbare Inspiration für ihren neuen Film Jupiter Ascending benutzt haben. SPOILER ab hier!

Doch alles, was mich an Dune gelangweilt hat, haben die Matrix-Macher gepimpt, auf die Spitze getrieben und mit ihrem typischen Matrix-Ansatz versehen. Deshalb ist Jupiter Ascending das düstere und spannende Dune, was ich mir immer gewünscht habe. Nach dem bildgewaltigen, aber für mich eher durchschnittlichen Cloud Atlas, war es auch an der Zeit, das die Brüder einen Film abliefern, der ihre Matrix-Wurzeln erahnen lässt.

Aber die beiden haben es auch nicht leicht. Nach ihrem cineastischen Mindfuck über Gefahren der künstlichen Intelligenz und der Frage, ob wir in einer Computersimulation leben oder nicht, haben die Zuschauer als nächste Projekte natürlich automatisch philosophisch tiefgründige Werke mit ähnlichem Aha-Effekt erwartet. Aber von dem Duo nach Matrix Gleichwertiges oder sogar Besseres zu erwarten käme dem Wunsch gleich von Professor Tolkien noch ein zweites Herr der Ringe im Regal stehen zu haben.

Jupiter Ascending aliens

Ok, nun aber mal zum eigentlichen Film. Jupiter Ascending ist eine, für mich als Nerd, köstliche Mischung aus Dune, The Fifth Element, Men in Black und John Carter mit Shadowrun-Allüren und Anime-Atmosphäre. Und da das turbulente Space Adventure davon ausgeht, dass der Rest des Universums schon etwas weiter und weniger befangen in der Anwendung von Gentechnik ist, hat man auch häufiger mal das Gefühl sich auf eine Space-Version des Island of Dr. Moreau verirrt zu haben.

Im Kern ist der Film ein düsteres Scifi-Märchen, welches die Aschenputtel-Story von Jupiter Jones (Mila Kunis) erzählt, die sprichwörtlich von einer Putze zur intergalaktischen Königin aufsteigt. Da sie das Glück bzw. Pech hat, die alle paar Millennia auftauchende exakte DNA-Kopie einer verstorbenen Weltraum-Königin zu sein, wird sie alsbald durch intergalaktische Assassinen aus ihrem Alltagstrott gerissen. Doch glücklicherweise wurde Caine (Channing Tatum), eine gezüchtete Mischung aus Mensch und Wolf abbestellt, um ihren royalen Hintern zu retten. Und genau an der Stelle, als der spitzohrige Hybrid mit Antigravitations-Schuhen durch die Luft skatet, während er mit einem Energie-Schild, welches etwas nützlichere Ausmaße hat als der alberne Buckler von Cpt. Amerika, feindliche Lasersalven abwehrt, beginnt die wilde Fahrt, die den Film so spaßig macht.

Allerdings wird die Action für meinen Geschmack mitunter zu hektisch, unübersichtlich und repetitiv, als dass ich hier uneingeschränkt meinen Daumen nach oben geben könnte. Mal ganz davon abgesehen, dass sich Jupiter bei einigen unfreiwilligen Flugeinlagen die Seele hätte aus dem Leib kotzen müssen. Aber egal wie unlogisch oder schwer zu verfolgen die Action ist, sie ist immer atemberaubend und hochglanzpoliert. Überhaupt ist der gesamte Film einfach nur wunderschön anzuschauen. Das fängt bei der Konstruktion der Raumschiffe an, deren Einzelteile scheinbar nur durch Kraftfelder miteinander verbunden sind, geht beim abgefahrenen Kostüm-Design weiter, und endet bei der Architektur der verschiedenen Planeten und ihrer kolossalen Gebäudestrukturen.

Die Idee, dass die Erde nur einer von vielen Planeten ist, auf dem Menschen zur Ernte für eine Unsterblichkeitsdroge gezüchtet werden, ruft starke Assoziationen zu Matrix auf den Plan. Ebenso die Tatsache, dass die Menschen die Wahrheit wissen oder in glücklicherer Unwissenheit leben könnten (blaue oder rote Pille?). Lustig fand ich auch die Vorstellung, dass es eine Art Men in Black gibt, die nach Zwischenfällen auf „Ernte-Planeten“ aufräumen sollen. Doch immer wenn nicht genügend Kurzzeitgedächtnisse gelöscht wurden, gibt es Berichte von Ufos, Area-51-Aliens, unsterblichen Vampiren und anderen Sagengestalten, die im Grunde nur Teil des eigentlichen Universums mit seinen verschiedenen Planeten-Besitzern sind. Da werden Erinnerungen an die geisterhaften Zwillinge des Merowingers in Matrix Reloaded wach.

jupiter_ascending_lizardman

Also mir hat die Mischung aus Märchen, Science Fiction und 80er Jahre Flash Gordon-Trash sehr gut gefallen und ich kann die vollkommen unterirdische Bewertung auf Rotten Tomatoes überhaupt nicht nachvollziehen. Jupiter Ascending ist für mich eine Art 5th Element mit Over the Top-Action, abgefahrenen Dino-Wesen und Mila Kunis‘ Reh-Augen, das einfach nur Spaß machen soll. Diese leichtherzige Space Opera hat mir zumindest deutlich mehr Freude bereitet als der pseudowissenschaftliche und teilweise langatmige Interstellar. Aber über Geschmack lässt sich ja bekanntlich nicht streiten. Ich denke man kann und soll Jupiter Ascending trotz seiner durchaus schweren Implikationen nicht allzu ernst nehmen. Und als am Ende des Films der Wolfsmann seine Engelsflügel wieder hat (ihr habt richtig gelesen) und der mit ihren neuen Flugstiefeln jauchzend davon surfenden Jupiter hinterherfliegt, habe ich für mich beschlossen, dass der Film in der Sparte kitschig, Unterordner „Gut-Kitschig“, abzuheften ist.

Und dass mich die geflügelten Wesen an Dragonlance-Drakonier erinnert haben, hat mit meiner Wertung nichts zu tun. Auch, wenn die einfach nur AWESOME waren.

Über Thilo (1205 Artikel)
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