Jurassic World Dominion ist Trash, aber kein guter

© 2022 Universal Studios, Amblin Entertainment

4 von 10 brennenden Superheuschrecken

Weil dieser Artikel halb Review, halb augenzwinkernder Rant ist, wird es jede Menge Spoiler geben!

Ich war damals so richtig entzückt von Jurassic World (9 von 10).

Nachdem der Klassiker, Jurassic Park, zwei höchstens mittelprächtige Nachfolger bekommen hatte, tat Colin Trevorrow das für mich einzig Richtige und verlegte die Dino-Action wieder dahin, wo sie hingehörte: in einen Freizeitpark der fragwürdigen, weil hoch gefährlichen Superlative.

Mit seinen unzerstörbaren Gyrospheres und dem genetisch gezüchteten Monster Indominus Rex war der Film im Prinzip einfach ein modernes Update für Jurassic Park. Frei nach dem Motto:

Why change a winning team?

Doch gleich mit dem nächsten Teil wurde die Marschrichtung klar: weg vom spannenden Survival Thriller mit Urzeit-Killern, hin zu trashigem B-Movie-Material mit Mutanten-Monstern.

Wie ich in meinem Review zu Jurassic World: Fallen Kingdom (7 von 10) beschrieben hatte, hätte dieser Weg durchaus zu einer runden Sache führen können. Noch gefährlichere Dinos, Saurier-Mensch-Mutanten, Dinos in Space? Herrje, ich wäre zu allem bereit gewesen, wenn es denn nur konsequent durchgezogen worden wäre.

Doch leider macht der finale Teil der neuen Trilogie, Jurassic World Dominion, genau das, was ich nicht wahrhaben wollte: Er beleidigt unsere Intelligenz – mit dem Versuch B-Movie-Inhalte als Ernst zu verkaufen.

Also, nehmt euch etwas Popcorn, Beruhigungstabletten und einen Kotzeimer – jetzt wird’s albern. Aber so richtig.

Bei Temperaturen, die gierig meine Schweißporen molken, begab ich mich nichtsdestoweniger überaus gut gelaunt ins Bonner Woki.

Es ist eine alte Tradition, dass ich mir im Sommer den neusten Dino-Streifen dort allein, nur in Begleitung von einem 800-Liter-Eimer Popcorn, ins Hirn ballere. Ich freute mich auch diesmal auf wunderbar seichte Unterhaltung, die trotz schlechter Reviews so übel ja gar nicht sein konnte. Da waren nämlich Dinos drin. Die Lieblinge meiner Kindheit!

Doch schon nach den ersten Minuten wurde mir klar: Jurassic World Dominion ist eine Katastrophe.

Denn bereits im Intro verlangt der Film eine so hohe Bullshit-Toleranz, dass ich meinen Popcorn-Eimer am liebsten sofort ausgeleert und mir als sichtversperrenden Topfhelm aufgesetzt hätte.

Die Prämisse und Story von Jurassic World Dominion

© 2022 Universal Studios, Amblin Entertainment

Scheinbar haben sich die paar Dinos, die im letzten Teil aus dieser coolen Villa entkommen waren, nun über die gesamte Erde ausgebreitet und werden von der Menschheit als gleichberechtigte Bewohner des Planeten anerkannt.

Aha.

WAIT WHAT???

Ich habe so viele Fragen!

Wie haben die Echsen – bis auf die Flugsaurier – es auf alle Kontinente geschafft?

Wieso existiert plötzlich keine Polizei und kein Militär mehr auf der Welt, um die Gefahr einzudämmen?

Wieso ist der Film so BEHÄMMERT das darzustellen, was laut Forschern und einem winzigen Fünkchen gesunden Menschenverstandes unmöglich ist: Ein Zusammenleben von Menschen und FUCKING URZEIT-KILLERN?

Kein Witz: Die tun schon im Intro so, als ob auf Hochhäusern nistende Riesenvögel, die Kinder auf ihrem Schulweg entführen und fressen, kein großes Problem sind. Bissl Schwund ist halt immer.

Ich schätze mal, der an sich ja löbliche Versuch, den Umgang der Menschheit mit Natur und Tierwelt als kritikwürdig darzustellen, hätte sich mit einer logischen Storyline gebissen. Leider ist das Ergebnis, dass nichts, aber auch gar nichts, in Jurassic World Dominion Logik oder BISS hat, noch nicht mal die Saurier selbst.

Diese Grundhaltung des Films – Dinos sind im Prinzip Tiere und müssen geschützt werden – sorgt für allerhand schwachsinnige Szenen, die mich mehr als einmal fast soweit hatten das Kino zu verlassen.

Schnell wurde die eine Flasche Bier, die in meinem Schoß auf ihren Einsatz wartete, zu einer Art Cyankali-Kapsel für den Notfall. Ich nahm mir vor, die Pulle für maximalen Effekt zu exen, falls es zu schlimm werden sollte. Dass höchstens eine auf Ex ausgesoffene Badewanne voll Tequila den Stuss erträglich gemacht hätte, wusste ich zu diesem Zeitpunkt natürlich noch nicht…

Zunächst einmal versucht uns der Film mit möglichst vielen Storylines zu verwirren, um unsere Kritikfähigkeit zu betäuben.

Ich habe echt keine Ahnung mehr, was für Quests da alle gleichzeitig am Start waren.

Einmal gibt es da Chris Pratt und Bryce Dallas Howard, die versuchen dieses geklonte Mädchen als ihre Tochter aufzuziehen und vor der bösen Welt zu beschützen. Um das zu erreichen, leben sie mit ihr fernab der Zivilisation in einer einsamen Holzhütte inmitten eines Saurier-verseuchten Waldes. Sehr umsichtig von ihnen, denn dann hört wenigstens niemand die Schreie des Mädchens.

Auf der anderen Seite haben wir den “Retro-Cast”, der in Form von Sam Neill immer noch Dino-Knochen ausbuddelt und vollkommen fasziniert davon ist. Ich weiß nicht ob er nur kein Internet hat oder auch irgendeine Form von Demenz, aber man muss nicht ausbuddeln, was dir höchst lebendig vor die Tür kackt…

Egal. Dem Film kommt es scheinbar nur darauf an, ihn zusammen mit Laura Dern und Jeff Goldblum dem neuen Ensemble um Chris Pratt über den Weg laufen zu lassen und diesen Awwwww-Generationen-Moment zelebrieren zu können. Mit einem neuen Gigantofuckingsupersaurus, der so gefährlich ist, wie ein Riesenhuhn auf Betäubungsmitteln.

Überhaupt sind alle Szenen mit Sauriern SO DUMM.

Paar Beispiele gefällig?

  • Raptoren brechen aus und umrunden Menschen, die sie mit ihren Pistolen in Schach halten. Anstatt zu schießen und zu überleben, rennen die Idioten mehr oder weniger erfolgreich vor den Raptoren weg. Ja, richtig gelesen, sie rennen mit den Pistolen in der Hand weg.
  • In einem illegalen “Dino-Keller” mit Arenakämpfen und dergleichen brechen zwei große Saurier aus (größentechnisch irgendwas zwischen Raptor und T-Rex) und beginnen Amok zu laufen. Interessiert niemanden. Obwohl es alle mitbekommen. Es findet ja gerade was Interessantes im Ring statt. Die werden schon niemanden ernsthaft verletzen. Einfach ignorieren die Tötungsmaschinen.
  • Die Lady mit der Raptoren-Fernbedienung ist zurück. Erstmal ist es natürlich völliger Humbug jemanden mit einem Laserpointer zu markieren, damit trainierte Raptoren ihn angreifen. Das würde vielleicht mit einer Art Duftmarker funktionieren. Aber selbst, wenn? Wenn ich jemanden mit einem Laserpointer schon im Visier habe und ihn TÖTEN will, ist einfach nichts so gut wie eine Kugel. Einen Raptor losrennen lassen? ROFL.
  • Während Pratt auf seiner Motocross Maschine immer… UND IMMER WIEDER… ganz knapp den Raptoren entgeht, werden im Hintergrund ein paar empörte E-Scooter-Fahrer von T-Rexen gefuttert. Ok, endlich mal was Gutes, gibt eh zu viele von den Dingern. Aber mal ernsthaft: Ist das Leben mit Sauriern echt so eine Idee, mit der alle d’accord sind? Echt jetzt? Letzte What’s-App-Nachricht des E-Scooter-Typen: Komme etwas später zur Eisdiele, wieder alles voll mit Sauriern.”

Aber nicht nur die Szenen mit Dinos sind sinnentleert.

Wir lernen z.B. auch, dass zwei Leute auf einer Eisfläche dicht zusammengehen sollten, um ihr Gewicht zu verdoppeln. Will ja niemand einbrechen und ertrinken.

Oder, dass sich eine Firma, die unethische Sünden an der Natur begeht, am besten Biosyn Genetics (gesprochen BIO SIN) nennen sollte, damit der Polizei nervige Ermittlungsarbeit erspart bleibt.

Und wenn man ein geheimes Tal für Saurier und verbotene Experimente sucht, wird man in den Dolomiten von Italien fündig. Die paar Wanderer, die ab und an gefressen werden, nimmt man in Kauf. Für den schnellen Transport im Tal baut man einen Hyperloop. (Liebe Filmemacher: Googelt mal was das ist). Aber einen, der dann gefühlt doch nur so schnell ist, wie eine kaputte U-Bahn.

Ich könnte ewig so weiter machen, aber kommen wir doch lieber zum eigentlichen Supergau von Jurassic World Dominion:

Die überall auf der Welt amoklaufenden Saurier sind noch nicht mal das Problem des Films.

Nein, es sind von Biosyn gezüchtete, pudelgroße Riesenheuschrecken, die alle Felder leerfressen und Hungersnöte auszulösen drohen.

Die werden natürlich nicht von den Sauriern als Nahrung genutzt.

Und man kann sie auch nicht einfach so töten, weil sie selbst brennend noch stundenlang rumfliegen und alles anzünden können. Aber wenigstens sorgen die brennenden Heuschreckenschwärme für eine epische Kulisse aus flammenden Wäldern und feuerspuckenden Dinos, die versehentlich so ein Gerät verschluckt haben.

Und eine neue Idee fürs Ende braucht eigentlich auch niemand: Einfach das Dritte Mal den aktuellen Bösewicht-Saurier die Protagonisten angreifen lassen, nur damit diese dann, oh Wunder, durch das Eintreffen des guten alten T-Rex gerettet werden.

Wenigstens gab es eine leichte Variation des bekannten Musters: Der T-Rex rammt den “Wasweißichwiederdiesmalheißtosaurus” gegen einen überdimensionierten Bibo aus der Sesamstraße, der ihn auf seinen Freddy Kruger-Krallen aufspießt.

JA, ICH WEIß! ICH WÜNSCHTE DOCH AUCH ICH WÜRDE SCHERZEN!

Puh, ok, was gibt es denn…

Positives an Jurassic World Dominion?

© 2022 Universal Studios, Amblin Entertainment

Für ein B-Movie ist der Film definitiv zu hübsch – insofern hinkt der Vergleich.

Und durch die vielen parallel verlaufenden Handlungsstränge haben wir wenigstens schicke Drehorte und Settings, die alle extrem Spaß machen. Diese Vielfalt kann fast mit Indiana Jones oder Mission Impossible mithalten.

Auch die Saurier sind alle gut gewählt und noch besser in Szene gesetzt. Bis auf das Manko, dass für einen Dinosaurierfilm wirklich viel zu wenig Blut fließt, war da schon sehr viel geiles Eye-Candy dabei.

Aber jetzt mal Tacheles geredet.

Habt ihr auch das Gefühl, das in letzter Zeit Story Writing und Logik im selben Maße schlechter werden, wie CGI besser?

Leider ist aber die Optik von Filmmaterial heutzutage fast nebensächlich geworden. Gerade gutes CGI ist einfach Standard geworden und nichts mehr, auf das sich ein Film stützen kann. Ich meine, ICH könnte ja fast einen Jurassic Park-Film drehen. Den “handwerklichen Teil” würde ich einfach an Profis auslagern. Die Filmproduktion macht Mainfilm.tv für mich. Krasse Perspektiven und Kamerafahrten über Dinos, die durch die Straßen rennen, bekommen deren Drohnenaufnahmen auch hin. Spezialeffekte können die auch. Ich meine sowas machen heute teilweise Youtuber schon auf einem annehmbaren Level.

Das “Einzige”, was ich liefern müsste, wäre eine gute Geschichte ohne allzu viele Plot Holes.

Im Prinzip würde als Grundlage schon eine Story reichen, die nicht komplett auf Suspension of Disbelief ausgelegt ist.

Menschen und Dinos teilen sich die Erde?

C’mon…!

Also, nur meine innige Saurier-Liebe rettet dem Film eine 4 von 10-Wertung.

Sonst wären es eher so 2 bis 3… sorry, not sorry.

Über Thilo (1210 Artikel)
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