LARP – Der einzig wahre Karneval

Knights of Badassdom (2013) © Entertainment One

Neulich stellte mir meine Cousine das erste Mal ihren neuen Freund vor. Sowas kann ja immer unangenehm oder seltsam sein, falls die Chemie nicht stimmt. Doch der Mann stellte sich als Pfundskerl mit einem herrlich durchgeknallten Southpark-Humor heraus, der mich äußerlich auch noch frappierend an Joe Manganiello erinnert. Well played, Cousine, well played.

Doch das Beste ist: Er ist LARPer.

Noch ein ganz junger LARPer. Quasi gerade die erste Rüstung selbst gebastelt und die erste große Con besucht. Das Feuer in seinen Augen, wenn er von den Erlebnissen auf dem LARP erzählt, ist unbezahlbar. Dazu diese kleinen Anekdoten, die zum Schmunzeln bringen. Wie der Ork, der jedem einen Fisch ins Gesicht gehauen hat mit der einleuchtenden Erklärung: „Fischfresse!“

Da bekomme ich selbst auch mal Lust ein professionelles LARP zu besuchen. Da ich meine Abenteuer beim Pen & Paper meist nur in Gedankenwelten durchlebt habe, ist eine gewisse Sehnsucht nach Action und Real Life-Rollenspiel unbefriedigt geblieben. Mein einziges LARP war eine  Zelt-Con in den 90ern, auf dem picklige Teenager in Alltagskleidung mit Latexschwertern aufeinander eingeprügelt haben.

Doch die LARP-Szene hat sich seitdem ja extrem weiter entwickelt und gemausert. Das DrachenFest, ConQuest of Mythodea oder das ausschließlich für Erwachsene konzipierte Epic Empires (keine Pickel-Teens, yay) sind Lichtjahre von irgendwelchen Feld- und Wiesen-Cons entfernt. Da ist es, als würde man in einem Live-Fantasy-Film mitspielen.

Doch natürlich bräuchte ich dafür auch authentische LARP-Klamotten. Geile Rüstungen, Waffen und Gewandungen, bis hin zu Mittelalterschuhen und Stiefeln, habe ich mir schon häufiger bei larp-fashion.de angeschaut. Das ist einer der größten Online-LARP-Shops mit riesiger Auswahl. Bei denen könnte ich mich in jeden Fantasy-Heroen verwandeln, der mir so in den Kopf kommt. Wobei ich immer schon mehr zu Leder, als zu Metall tendiert habe. Lieber als Aragorn oder Robin Hood noch halbwegs leichtfüßig durchs Gelände turnen, als irgendwo im Wald als Blechdose umfallen. Aber das ist natürlich Geschmacksache.

Lohnt es sich für mich als Noob eine LARP-Rüstung zu kaufen?

Ich meine, ist ja nicht so, als wäre ich Hardcore-LARPer, der jedes Wochenende auf alten Burgruinen oder in versteckten Wäldern abhängt.

Und nur um vermutlich einmal im Jahr mit Freunden von mir auf das Drachenfest zu gehen, lohnt sich so eine LARP-Gewandung doch eh nicht, richtig?

Falsch.

4 Verwendungsmöglichkeiten für LARP-Klamotten, außer LARP

  • Karneval und Kostümpartys

Ich glaube, ich habe hier schon mehr als einmal meine INNIGE Liebe zu Karneval ausgedrückt. Saufen, schlechte Musik und eklige Kamelle kann ich das ganze Jahr über haben, wenn ich will. Insofern ist Karneval eigentlich der schlechteste Grund sich zu verkleiden. Außer für Kinder natürlich. Doch wenn ich mich schon für die Karawane des bekloppten Sultans in Schale schmeißen soll, dann bitte wenigstens mit Stil. Mit einer LARP-Gewandung hätten  dünne Supermarkt-Stoffläppchen der Marke „lallender Pirat“ oder „frivole Krankenschwester“ endlich ausgedient.

  • Mittelaltermärkte und Ritterspiele

In Gewandung zum nächsten Mittelalter-Spektakel zu gehen hätte natürlich was. Häufig gibt es für eine Gewandung auch freien Eintritt. Da muss ich also nur noch 10-20 Mal zu den Ritterspielen nach Satzvey fahren und habe meine LARP-Tracht wieder raus…

  • ComicCons und Cosplay

Mit ein paar Modifikationen lässt sich so ein LARP-Outfit sicher auch zu einem anständigen Cosplay umwandeln. Weiße Haare und Kontaktlinsen machen aus einer Lederrüstung und zwei Latexschwertern doch schon fast einen Geralt von Riva.

  • Hobbyraum und Deko

Im Übrigen finde ich viele Rüstungsteile – gerade Ritterrüstungen, Leder-Torsos oder verzierte Armschienen – auch einfach verdammt schön. Solange ich den Kram nicht am Körper trage, kommt er natürlich auf eine Büste und verschönert meine Rollenspiel-Fantasy-Nerd Cave.

Warum LARP der beste Grund ist sich zu verkleiden

Foto von Luke Porter auf Unsplash

Es gab nie eine bessere Zeit LARP auszuprobieren.

Die Popkultur hat in unseren Alltag Einzug gehalten, als wäre sie die Invasion der Bodysnatcher. ComicCons wachsen wie Pilze aus dem Boden, erfolgreiche Cosplayer werden wie Rockstars gefeiert und die Medien-Landschaft quillt nur so über von neuen Fantasy-Formaten. Bücher, Comics, Filme, Serien – wer heute kein Nerd ist, ist schon beinahe ein Außenseiter.

Im Zuge dieser „Nerd-Infusion“ haben sich LARPs, wie oben bereits erwähnt, extrem weiter entwickelt und bieten vom einfachen kleinen Privat-LARP bis zum fünftägigen Monster-LARP auf eigener Burg alles was das Herz begehrt. Dabei werden zum Teil verschiedene Schwerpunkte gesetzt, abhängig davon, ob jemand mehr an blutigen Schlachten, atmosphärischem Horror oder Krimi-Diner-artigen Intrigen interessiert ist. Ich hatte hier im Blog ja schon von Nischen-LARPs wie der Witcher School berichtet.

Und dabei sind wir noch nicht mal mehr nur auf die klassischen Fantasy-LARPs festgelegt. Wem Orks und Elfen im Herr der Ringe-Stil aus allen Ritzen quellen, der kann sich auf Science Fiction-, Steampunk- oder Endzeit-LARPs austoben.

Freunde von mir haben vor gar nicht allzu langer Zeit an einem Battlestar Galactica-LARP teilgenommen. Um die klaustrophobische Atmosphäre in Raumschiffen abzubilden wurde kurzerhand ein Zerstörer-Schiff im Marinemuseum Wilhelmshaven gemietet und zum Raumkreuzer erklärt. Ich sehe gerade, dass die Teilzeithelden ihre Erfahrungen mit Projekt Exodus in mehreren Artikeln festgehalten haben.

Andere schwören schon seit Jahren auf Vampire Live, welches als reinrassiges Ambiente- und Atmosphäre-LARP bezeichnet werden darf. Früher wurde das teilweise auch einfach hier in der Bonner Südstadt nach Einbruch der Dunkelheit gespielt. Einen Vampgasmus bekomme ich natürlich, wenn ich sehe, dass es 2015 sogar ein Vampire Live mit den Machern und Erfindern gab:

Vampire-LARP mit den Erfindern von Vampire und Co

Mein Nerd-Fazit zum Hobby LARP:

Wer, wie ich, aus dem Pen&Paper kommt oder ohnehin schon Cosplayer ist, der sollte vermutlich mal die Tür zu einem intensiven Erlebnis aufstoßen. Mit anderen atmosphärisch gewandeten „Abenteurern“ nachts um ein knisterndes Feuer zu sitzen oder durch ein gegnerisches Lager zu schleichen, ist sicherlich das adrenalinreichste Hobby, was wir erleben können, bevor endlich das Holodeck erfunden ist.

Über Thilo (1200 Artikel)
Hi, ich bin der Gründer dieses bekloppten Blogs. Außerdem Realitätsflüchter, Romantiker, Rollenspieler, Gamer, Fantasynerd, Kneipenphilosoph und hochstufiger Spinner. Manchmal jogge oder schwimme ich, doch meistens trinke ich Bier.