Love and Monsters – Süffig, aber schnell vergessen

© Netflix

6 von 10 mutierten Schnecken

Kennt ihr das? Eigentlich wollt ihr abends noch diesen einen Roman zu Ende lesen oder etwas Kreatives machen, doch plötzlich taucht die Fernbedienung in eurer Hand auf und ihr findet euch auf Netflix wieder?

Streamingdienst aus der Hölle! Mit seiner stets im Raum schwebenden Möglichkeit sich sanft berieseln zu lassen…

Doch wenigstens findet sich bei den Neuerscheinungen ab und an ein unerwarteter Blockbuster, der es wegen Covid oder Netflix’ aus allen Nähten platzenden Bankkontos nicht ins Kino geschafft hat.

Wie z.B. Love and Monsters.

Da allein der Titel im Prinzip meine Lebensgeschichte in einer Nussschale ist, habe ich mir die Monsterkomödie natürlich sofort in die Hirnrinde geraspelt.

Und ich hätte meine Zeit durchaus dämlicher verbringen können.

Die apokalyptische Komödie mit Zombieland-Humor, Fallout-Vibes und Ray Harryhausen-Monsterfilm-Effektdichte hat mich wirklich nett unterhalten. Aber mehr auch nicht.

Die Prämisse des Films ist wunderbar trashig und verspricht ein Die geheimnisvolle Insel-Erlebnis oder zumindest Abenteuer-Fun auf dem Niveau eines beliebigen Materials von Jules Vernes:

Ein riesiger Komet droht die Welt zu zerstören. Doch glücklicherweise halten die Staaten der Erde endlich einmal zusammen und ballern das Ding mit vereinter Raketen-Power aus dem Orbit. Doof nur, dass der radioaktive Abfall, der auf die Erde plumpst, alles tierische Leben unkontrolliert mutieren und wachsen lässt. Und zack – sind die Menschen fast ausgerottet. Nur wenige Überlebende haben es in improvisierte Bunker geschafft.

Und da setzt die seichte Story ein.

Jeder in Joels (Dylan O’Brien) Unterschlupf vögelt sich mit seinem Partner durch die Apokalypse, während er sich nur per Radio mit seiner Freundin unterhalten kann. Er beschließt also, ohne zu wissen, ob seine Freundin ihn nach all der Zeit überhaupt noch liebt, und ohne jegliches Training, sondern – im Gegenteil – in dem sicheren Wissen, dass er eine handfeste Niete und durch seine paralysierenden Panikattacken sicheres Monsterfutter ist, 85 Meilen zu überbrücken, um sein Herzblatt zu besuchen.

Joa, genau. Stuss.

Aber irgendwie schafft er es, durch seine positive Einstellung und einen Fallout-Sidekick auf vier Beinen, den meisten Monstern zu entgehen. Bis er Michael Rooker und seine kleine Gefährtin trifft, die ihm die Zombieland-, äh, ich meine, die Monsterwelt-Regeln beinbringen und ihn im Umgang mit der Armbrust schulen.

Ab sofort kann er sogar selbst die gefährlichsten Monster mit einer selbstgebastelten Armbrust töten. Dabei sieht die Flugkurve der Geschosse so aus, als könnte ich die Armbrustbolzen mit dem Mund fangen. Außerdem frage ich mich, warum die Streitkräfte der Welt mit Panzern, Düsenjägern und Maschinengewehren nichts gegen die Monster ausrichten konnten, wenn es auch eine Kinderarmbrust tut?

Aber gut, zu viele Fragen dürfen wir dieser Monsterkomödie mit Zombieland-Hommage wohl nicht zumuten.

Immerhin sind die Monster alle schön in Szene gesetzt, der Humor lässt zumindest manchmal schmunzeln und … goddammit, es lief eben sonst nichts auf Netflix.

Der will nur spielen… © Netflix

Relativ dämlich und für Monster unangebracht fand ich auch den “die Augen als Fenster zu Seele”-Trope. Warum haben einige Monster, scheinbar vollkommen willkürlich, Baby-Kulleraugen und warum macht sie das friedliebend und “gut”? Wieso will der Riesenkrebs nicht einfach nur fressen? Sind da auch Gehirne mutiert?

Ebenso unglücklich fand ich den Versuch einen Antihelden darzustellen, der nichts kann und ab und an weint, aber trotzdem immer alles schafft. Für seine Beta-Male-Ausstrahlung bekommt er auch prompt die Quittung von seiner Freundin, für die er scheinbar irgendwie in die Friendzone gerutscht ist. Erst, als er gegen den Riesenkrebs plötzlich den Rambo auspackt, fällt sie ihm mit verträumtem Blick in die Arme.

Tja, Frauen heulen zwar immer nach den zarten Kriegern für soziale Gerechtigkeit, werden aber nach wie vor nur durch den Macho-Macher schwach. Oder was sollte hier die Botschaft sein?

Ich lass die Frage einfach mal so im Raum stehen. Höhö.

Letztlich ist Love and Monsters ein gut gemachter Unterhaltungsfilm mit schönen CGI-Monstern, dessen Handlung und Figuren jedoch einiges an Tiefe vermissen lassen.

Kann man nach einem stressigen Tag oder sonntags zum Auskatern runterplätschern lassen.

Über Thilo (1200 Artikel)
Hi, ich bin der Gründer dieses bekloppten Blogs. Außerdem Realitätsflüchter, Romantiker, Rollenspieler, Gamer, Fantasynerd, Kneipenphilosoph und hochstufiger Spinner. Manchmal jogge oder schwimme ich, doch meistens trinke ich Bier.