Spider-Man: No Way Home schießt Tom Holland an die Spitze
10 von 10 Supervillains
Ok, ich bin voreingenommen.
Ich LIEBE Dr. Strange.
Das heißt, allein die Tatsache, dass der Sorcerer Supreme, der auch noch vom wunderbaren Benebatch Cucumberson (oder wie der heißt) gespielt wird, in Spider-Man: No Way Home eine tragende Rolle spielt, lässt mich den Film schon einen ganzen Punkt besser bewerten.
Und spätestens, wenn beim Anblick von Dr. Strange jemand einen Dungeons & Dragons-Spruch bringt, sprudelt mir vor freudiger Erregung das Popcorn aus der Hose.
Alle Szenen mit ihm und Spidey sind derart unterhaltsam, dass der ganze Film nur von diesem Team-up hätte handeln können und ich wäre schon glücklich grinsend ins Nirvana gerutscht. Oder zumindest in die Spiegeldimension.
Doch Tom Hollands Spider-Man 3 hat natürlich noch einiges mehr an berühmten oder berüchtigten Visagen zu bieten. Manche davon sind bereits im Trailer aufgetaucht, andere sollten unter keinen Umständen gespoilert werden!
Aber lasst mal kurz überlegen: Wenn ich sämtliche Realfilme von anderen Regisseuren korrekt gezählt habe, müsste dies nun die achte Möglichkeit sein den famosen Wandkrabbler in Aktion zu sehen. Dabei scheint es fast unvermeidlich auf eine Metaebene zu gehen und auch Vergangenes Revue passieren zu lassen.
Doch was hier von einigen Reviews als bloßer Fanservice betitelt wird, ist in Wahrheit ein sehr intelligenter Twist, der den Tom Holland-Spider-Man an die Spitze aller Spider-Man-Inkarnationen schießt.
WINZIGER SPOILER JETZT!
Spider-Man: No Way Home ist so viel mehr als Fanservice
Denn Peter möchte die bösen Jungs aus dem Trailer nicht verkloppen, sondern sie heilen!
Das macht dann plötzlich Freunde zu Feinden und umgekehrt. Doch vor allem bringt es eine verdammt wichtige Botschaft rüber:
JEDER hat eine zweite Chance verdient!
Gerade in der heutigen Zeit, in der wohlstandsverwahrloste Hashtag-Schreihälse mit Geltungsdrang zwanzig jahrealte Tweets ausgraben, um eine ungeliebte Person zu canceln, ist diese Botschaft sowas von GOLD.
Denn Menschen verändern sich. Mein zwanzig- oder dreißigjähriges Ich möchte ich teilweise verprügeln. Das sind komplett andere Personen. Das bin ich nicht.
Eine Person auf eine VERBALE Aussage reduzieren und auf Grundlage dieser verbannen zu wollen, ist schon bekloppt genug.
Doch dafür auch noch vergangene “Versionen” einer Person bemühen zu wollen spricht für eine sehr verzerrte Sicht der Wirklichkeit. Ihr liegt nämlich die fälschliche Annahme zu Grunde, dass Personen in sich abgeschlossene Wesen mit festen Grenzen sind. Wahr ist aber, dass wir alle uns ständig verändernde Muster sind, sogar biologisch. Die Person die in einen Zug steigt, ist nicht mehr dieselbe, die eine Stunde später wieder aussteigt – und das sogar auf zellulärer Ebene.
Aber ich komme zu weit vom Thema ab.
Wichtig ist: Wir sind alle Menschen und machen Fehler. Das ist sogar das Wichtigste am Menschsein.
Und dass Peter Parker so viel Einsicht und Liebe an den Tag legt, selbst wenn er dafür Freunde zu Feinden macht und große persönliche Opfer bringen muss, hebt ihn für mich auf den Tron aller Web Shooter.
Überhaupt war ich überrascht, wie emotional Spider-Man: No Way Home geworden ist.
Zwischen all dem Bildschirm-erschütternden Eye Candy findet Regisseur Jon Watts immer noch genug Platz, um uns das Gesehene verdauen und hier und da ein paar Tränen kullern zu lassen. Ich meine, genau DAS ist für mich Marvel at its best.
Ach was sage ich: KINO at its best.
Ach was sage ich: LEBEN at its best.
Ich möchte lachen, weinen und alles dazwischen.
Spider-Man: No Way Home ist große Comic-Kunst
In gewisser Weise ist Spider-Man: No Way Home der Teil der Trilogie, indem Peter Parker endlich erwachsen werden muss.
Vorbei die Zeiten, in denen er einfach Tony Stark oder Nick Fury um Hilfe bitten konnte. Jetzt muss er zeigen, warum es nicht nur der Anzug und die Kräfte sind, die ihn zu einem Superhelden machen.
Doch trotzdem ist er nur ein Mensch und macht Fehler.
Anders kann ich es mir nicht erklären, warum er nach Absage der MIT-Universität nicht erstmal mit den Verantwortlichen spricht, sondern sofort seinen Avengers-Kumpel Dr. Strange um Hilfe bittet.
Ich meine, nicht, dass ich das nicht nachvollziehen könnte. Wie oft habe ich in der Schule oder der Uni gedacht “Fuck, jetzt kann mir nur noch Magie helfen”…
Doch auch hier bleibt der Film beim Thema. Selbst der Sorcerer Supreme ist nicht perfekt und lässt einen fehlerhaften Zauber vom Stapel, der “Into-the-Spiderverse“-Konsequenzen hat.
Und ich sitze da in der Dunkelheit und frage mich, wieso sind die alle so dämlich?
Und dann muss ich schmunzeln.
All diese vermeintlichen Fehler fördern die menschliche Seite an ihnen zu Tage. Selbst die mächtigsten Helden sind unter ihren Lagen von Kleidung, Superkräften und scheinbar überlegener Moral nur Menschen. Und das macht sie so schön nachvollziehbar, nahbar und sympathisch.
Das ist der Grund, warum mir der augenzwinkernde Rogue-Kumpel immer lieber sein wird, als der prinzipienreitende Paladin. Sorry, ab jetzt keine D&D-Vergleiche mehr, aber jemand, der die Schattenseite der menschlichen Seele verleugnet, mehr noch, ihre Unabdingbarkeit nicht erkennt, macht mir Angst.
Als Fazit kann ich sagen, dass Spider-Man: No Way Home für mich perfekte Comic-Kunst ist. Der Film jongliert gekonnt mit unaussprechlichen Superkräften und findet gleichzeitig herrlich schräge, aber auch nachvollziehbare (menschliche) Gründe, warum diese überhaupt bemüht werden müssen.
Es ist ein CGI-Feuerwerk mit überraschenden emotionalen Abgründen, in die ich mich nur allzu gerne habe fallen lassen. Dazu noch eine große Schaufel Fanservice und Humor und ich erkenne hier etwas, was der perfekte Spider-Man-Film sein könnte.
Wichtig noch zu erwähnen:
Es gibt wie immer zwei Abspannszenen.
Doch diesmal ist die zweite eigentlich ein Trailer für Doctor Strange in the Multiverse of Madness! Sitzen bleiben!