Nachgeholt: Resident Evil: Welcome to Raccoon City

© Constantin Film AG

6 von 10 brennenden Truckern

Vorsicht: Da der Film schon letztes Jahr erschienen ist, werde ich nicht auf Gedeih und Verderb versuchen Spoiler zu umschiffen!

Gestern Abend war es endlich mal wieder so weit: Der Minderjährige in den Federn und die Angetraute ausgeflogen. Perfekte Gelegenheit, um in der sturmfreien Filmhöhle einen “Special Interest”-Film nachzuholen.

Meine Wahl fiel auf Resident Evil: Welcome to Raccoon City, der eigentlich fast nur schlechte Bewertungen bekommen hat. Doch meine Hoffnung war, dass er sich als Guilty Pleasure entpuppen könnte, dessen Unterhaltungswert für Resident Evil-Fans (und Gestörte wie mich) höher liegt, als die Bewertungen vermuten lassen.

Sollte meine Hoffnung erfüllt werden?

So halb würde ich sagen. Ziemlich präzise in der Mitte durchgeschnitten. Sprichwörtlich.

Aber ich fange am besten vorne an.

Resident Evil: Welcome to Raccoon City hat nichts mit den mittlerweile 6 Filmen von unterschiedlicher Qualität zu tun, in denen sich Milla Jovovich durch die Hirnfresser ballern durfte.

Regisseur Johannes Roberts hat in erster Linie versucht eine Videospiel-Adaption aus dem Hut zu zaubern.

Und das ist ihm zunächst auch wirklich gut gelungen. Der unheimliche Anfang im Waisenhaus, das ganze Farbschema des Films und natürlich die Kulisse der typisch amerikanischen Kleinstadt am Rande des wirtschaftlichen Untergangs erschaffen, mit etwas Dauerregen vermischt, ziemlich authentisch die Atmosphäre des Videospiele.

Hinzu kommt der gekonnte Einsatz von 80er und 90er-Elementen wie Musik der damaligen Charts oder Requisiten wie alte Videorekorder.

Im Verlauf der Handlung werden typische Spielszenen fast naturgetreu nachgebaut, um die Fans der Spiele durch Nostalgie-Direkteinspritzung für sich zu gewinnen. Und tatsächlich funktionierte das bei mir auch sehr gut.

Nur hätte man sich vielleicht für entweder Resident Evil 1 oder 2 entscheiden, und nicht ständig zwischen den Schauplätzen der Handlung hin und her springen sollen. Ich wurde das Gefühl nicht los, dass hier eine zu lange Liste, zu viel Fanservice, abgearbeitet werden sollte. Das tat der manchmal etwas konfusen Handlung keinen Gefallen.

Leider waren auch alle Darsteller so gut ausgearbeitet, tiefgründig und glaubhaft wie die Figuren eines Survival Action Games. Das fängt beim völlig überzeichneten Choleriker-Polizeichef an und hört irgendwo beim furchtlosen Polizei-Neuling, der im richtigen Moment plötzlich einen Raketenwerfen bedienen kann, auf.

Aber dafür waren alle klingenden Namen versammelt:

© Constantin Film AG

Albert Wesker, Jill Valentine, Brad Vickers und Chris Redfield. Die nicht im Bild zu sehende Resident Evil 2-Ada Wong wurde, der Vollständigkeit halber, in einer Post Credits-Szene nachgereicht.

Soweit hätte das alles immerhin noch eine Guilty Pleasure für Hardcore-Fans der ersten Videospiele sein können. Doch leider baut Resident Evil: Welcome to Raccoon City ungefähr nach der Hälfte extrem ab.

Den Einschnitt markiert für mich der lichterloh brennende Trucker, der zu Jennifer Paiges Popsong Crush in das Polizeirevier spaziert und vom Chief unbeeindruckt erschossen wird.

So eine Szene kann durch den Kontrast der fröhlichen Musik und der Absurdität des gezeigten Horrors funktionieren. Diese tut es nicht.

Überhaupt wirkte es irgendwann so, als ob manche Handlungsstränge nur existierten, um Szenen aus den Games abzuarbeiten.

Was jedoch immerhin zu einem der unfreiwillig trashigsten und unterhaltsamsten B-Movie-Finales der Zombiefilmwelt führte. Und ich hatte mich schon gefragt, wie sie den Endgegner ohne Raketenwerfer bezwingen wollten…

Da war es natürlich hilfreich, dass der Noob, der vorher noch nicht mal eine Pumpaction bedienen konnte, nun mit einem Raketenwerfer so gut umgehen konnte, dass nur das Monster zerfetzte, aber seine genau danebenstehenden Gefährten noch nicht mal angekratzt wurden. Dialog im entgleisten Zug:

“Ein Raketenwerfer???”

“Jo, habe ich in der ersten Klasse gefunden.”

Film zu Ende.

Ok.

Lol.

Letztlich zeigt Resident Evil: Welcome to Raccoon City wieder mal was passiert, wenn man versucht zu nah an einem Videospiel zu bleiben. Es hat eben Gründe, warum ein Videospiel ein Videospiel ist und ein Film ein Film. Da sind einfach andere inszenatorische Mittel am Werk. Das eine kann das andere inspirieren, Lore oder den groben Plot liefern, aber auch nicht mehr.

Tja, ich hatte irgendwie trotzdem meinen (trashigen) Spaß.

Für Fans der Spiele, Trash-Connaisseure und Zombie-Fanatiker ist der auf jeden Fall sehenswert. Besonders, wenn man ihn nicht zu ernst nimmt und ein paar bierselige Freunde dabei hat…

Allen anderen, die Bock auf einen Zombiefilm mit “Resident-Evil-Flair” haben, würde ich nach wie vor Operation Overlord ans Herz legen. Immer noch einer meiner liebsten Filme des Genres.

Über Thilo (1200 Artikel)
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