Filmkritik: Die drei Musketiere (2011) – Zu Lande, zu Wasser und in der Luft!
7,5 von 10 Luftschiffen
Nun gut, man wollte wohl unter dröhnender “Hans Zimmer-Musik” das Erfolgskonzept von “Fluch der Karibik” – Historisches Material mit einem Schuss Fantasy und Ulk versehen – benutzen, um die geniale Literatur Vorlage “Die drei Musketiere” von Alexandre Dumas zielgruppengerecht als Actionfilm aufzubereiten.
Wer das nicht versteht, bzw. trotzdem verbissen an seinen altbackenen Mantel- und Degen-Vorstellungen festhält und sich ständig auf die Originalstory im Buch beruft, wird bei diesem Film kaum seinen Spaß haben.
Die 2011er Version der drei Musketiere von Paul W. S. Anderson fühlt sich beinahe wie ein Hochglanz-Komik an, werden doch die wichtigsten Charaktere mittels kurz eingeblendeter Portraits wie die Teenage Mutant Hero Turtles vorgestellt. Jeder Musketier hat seine eigenen Stärken und Methoden, so dass man schon beim Schauen des Films eine “Lost Vikings“-artige Computerspiel-Umsetzung erwartet.
Man muss sich einfach auf diese Version der drei Musketiere einlassen können. Hier wurden Handlung und roter Faden hinter wunderschönen Kulissen, Schauplätzen und Schauspielern zurück gestellt. Doch mir haben die tollen Schauspieler und die wunderschönen Drehorte in Würzburg (Mainbrücke, Residenz und Festung, gepaart mit ein paar CGI-Landschaften) vollkommen ausgereicht, um einen tollen Popcorn-Abend zu haben.
Wer darüber hinwegsehen kann, dass das haarsträubende Finale des Films komplett in die Wolken an Bord von Luftschiffen verlegt wurde, oder sogar einen fetten Nerd-Ständer dabei bekommen würde, wie ich ihn hatte, wird den Film von Anfang bis Ende vermutlich recht gelungen finden. Natürlich fragt man sich, warum Luftschiffe (die sich fast magisch am Himmel bewegen und zeitlich wohl etwas zu früh dran sind) im Duell erstmal lange auf das gegnerische Schiff und dessen Besatzung schießen, anstatt einfach ein Loch in den Ballon darüber zu machen, doch es ändert nichts an der epischen Atmosphäre, die durch den Luftkampf an sich entsteht.
Es gibt viele Momente, die so “cheesy” sind, dass man glaubt einen frischen Edamer auf der Zunge zu schmecken, doch dies ist nun mal die überzeichnete Grundhaltung des Films. Ich finde den Ansatz einen Mantel und Degenfilm mit seiner “Swashbuckling-Action” komplett zu übertreiben sehr valide und hatte trotz Handlungs- und Logik-Schwächen durchaus eine Menge Spaß. Und da der Film so sehr von der Schönheit seiner Kulissen und Gesichter lebt, lohnt es sich die Schauspieler noch einmal Revue passieren zu lassen:
- D’Artagnan (Logan Lerman): Hübsches Milchgesicht mit jugendlich übermütiger Attitude. Passt für die Rolle als Maul- und Degenheld.
- Athos (Matthew MacFayden): Der adlige mit den von Lebenserfahrung funkelnden Augen. Hat mich als Musketier am meisten überzeugt.
- Porthos (Ray Stevenson): Gut gewählt für den “Bruder Tuck” der Musketiere. Seine Statur macht ihn, wie auch schon in “Rom”, perfekt als Träger der “groben Kellen”.
- Aramis (Luke Evans): Der Priester-Musketier. Ebenfalls optisch und manierlich gut gewählt.
- Planchet (James Corden): Der britische Comedian ist für die Rolle als Diener der Musketiere perfekt gewählt.
- Milady de Winter (Milla Jovovich): Nur gut gewählt, wenn man meint, dass jemand mit “Winter” im Namen kalt und emotionslos sein muss. Ich glaube, Milla und ich werden nie so ganz warm miteinander werden. In 5th Element war sie ja noch ganz witzig, doch in allen folgenden Filmen (besonders der Resident Evil-Reihe) hat sie mich von ihrer Unfähigkeit, Mimik und Emotionen darzustellen, überzeugt. Für die Rolle vielleicht nicht ganz unpassend, aber die schlechteste Rolle im Film.
- Constance (Gabriella Wilde): Ich stehe ja mehr auf Brünette als Blonde, aber bei diesem zuckersüßen Häschen müsste man fortpflanzungstechnisch wohl eine Ausnahme machen. Sie ist ein ultra leckeres Dessert-Törtchen von weicher und cremiger Konsistenz. Ich schweife ab…
- Buckingham (Orlando Blum): Er spielt wie immer den Affektierten. Egal ob Legolas, Will Turner oder Buckingham – durch sein schickes, androgynes Gesicht lassen sich alle seine Rollen auf diesen gemeinsamen Nenner bringen. Aber den hochnäsigen Samt-Träger spielt er zumindest immer gut.
- Kardinal Richelieu (Christoph Waltz): Seit Inglorious Basterds und Green Hornet, setzt er für mich seinen Siegeszug als Fiesling mit Haifischlächeln fort. Grandios. Wie schafft er es nur so viele Rasierklingen in seiner Stimme mitschwingen zu lassen?
- Rochefort (Mads Mikkelsen): Ich liebe ihn als Schauspieler. Es ist der Abgesandte des glorreichen skandinavischen Films. Wenn er nicht in Schrottfilmen wie “Kampf der Titanen” verheizt wird, ist er immer erste Wahl für…fast alles.
- Der alberne Venezianer (Til Schweiger): Armer Til… willst Du wirklich der nächste Ralf Möller werden? Einige Deutsche schaffen eben den Sprung nach Hollywood nicht. Bleib doch einfach bei bodenständigen, deutschen Familien-Komödien. Das ist völlig ok. Niemandem ist geholfen, wenn Du dich in den ersten 5 Minuten eines Films als Nebendarsteller töten lässt. Mach dich nicht zum Hampelmann wie Ralf Möller.
Fazit: Wer nicht gerade vor wenigen Tagen das Buch gelesen hat und einfach nur einen optisch und atmosphärisch aufregenden Blick in die Renaissance mit ihren überzeichneten Degenkämpfer werfen möchte, ist mit den drei Musketieren gut beraten. Und tatsächlich ist diesmal auch das Prädikat “Real 3D” verdient, da der Film eine angenehme Tiefenwirkung erzielt und nicht wie bei “Alice im Wunderland” Schablonenhaft und aufgesetzt gewirkt hat.