Filmkritik: Star Wars: The Force Awakens ist eine neue Hoffnung

Das Glimmen der Hoffnung am Horizont?

Das Glimmen der Hoffnung am Horizont?

10 von 10 epischen Bildern

SPOILER ALARM! Erst den Film schauen, dann gerne wieder kommen!

Star Wars: The Force Awakens ist fast sprichwörtlich eine neue Hoffnung, Freunde. Denn Star Wars Fans bekommen hier endlich eine Fortsetzung der Saga im Spirit der „alten Teile“, die beinahe wie eine einzige Hommage an Star Wars: Episode IV – A New Hope wirkt. Von Anfang bis Ende war Episode 7 anzumerken, dass Abrams das Debakel von Episode I-III nicht vergessen hat und überaus bemüht war stattdessen die Atmosphäre der Ursprungstrilogie einzufangen. Und tatsächlich hatte er im Vorfeld berichtet, dass er sich mit seinem Drehbuchteam hingesetzt und lange gebrainstormed hat, was einen guten Star Wars Film ausmacht. Da müssen in meiner Vorstellung wohl Kommentare gefallen sein wie:

  • Als Kulissen müssen ein bisschen Tatooine, ein bisschen Hoth, ein bisschen Endor und natürlich ganz viel „Raumstation“ her.
  • Hmmm, „Raumstation“… so ein Todesstern ist immer eine gute Idee. Einfach größer und krasser diesmal. Nichts was man mit einem Mond verwechseln könnte, nehmen wir einfach einen richtigen Planeten!
  • Mindestens ein Charakter ist am Ende tot oder hat die Hand ab – für Drama, Baby!
  • Wir brauchen auch eine Cantina Band.
  • etc.

Das Ergebnis ist in vielerlei Hinsicht ein gepimptes A New Hope, aber das ist überhaupt nicht schlimm. Man fühlt sich als Zuschauer sofort wohlig zuhause und wird mit witzigen Anspielungen überhäuft. Außerdem hat Abrams sein Werk natürlich mit zeitgemäßen „Upgrades“ gewürzt, Stichwort „Frauenpower“. Und doch bricht er an den richtigen Stellen mit der Tradition, deren Aufrechterhaltung ich mir im Vorfeld gewünscht hatte. Doch Pustekuchen! Gleich nachdem das erste Blut gespritzt und ein blutiger Handabdruck auf dem Helm eines Storm Troopers aufgetaucht ist, wird klar, dass Abrams lieber den Weg des etwas raueren Realismus gegangen ist. Doch diese neue „Treffsicherheit“ der Storm Trooper, bzw. der etwas realistischere Ansatz bei der Darstellung der Gewalt, sorgt für mehr Spannung und Action.

Und überhaupt ist The Force Awakens eine wunderbare Mischung aus Spannung, Witz und Drama. Die meiste Zeit war ich einfach nur wie betäubt von dieser brachial ausgewalzten Star Wars-Macht, die sich da vor mir auf der Leinwand entlud. Tieffliegende Raumschiffe wirbeln Wasserfontänen empor, getroffene Gegner werden meterweit durch die Luft geschleudert und all das ist untermalt von bestem Star Wars-Bombast-Soundtrack. Und gleichzeitig zeichnet Abrams dabei epische Bilder und Panoramen, die wir bald bestimmt in Form von Postern und Bildern an unzähligen Fan-Wänden finden werden.

Star Wars: The Force Awakens Ph: Film Frame ©Lucasfilm 2015

Chewie, wir sind zu Hause! In der Tat. Endlich. Lasst uns Episode I-III einfach auf der goldenen Bare von Episode VII zu Grabe tragen.

Gerade weil Abrams sich nicht in einer Effektorgie verloren hat, wie Lucas, sondern Wert auf handgemachte Kulissen, liebenswerte Charaktere und stimmige Dialoge gelegt hat. Besonders letzteres ist mir angenehm aufgefallen. Kein Prequel-Bullshit mehr der Marke „Dummbeutel Anakin“: „Padme, ich hab schon wieder Sand in der Arschrille. Das Zeug kommt wirklich überall hin. Mir gefällt das nicht.“

Tja, und was das Ableben von Han Solo anbelangt – ich hatte es ja im Vorfeld schon irgendwie befürchtet, dass er ein sehr heißer Kandidat für die Kategorie „Drama“ ist. Harrison Ford war ja auch in Indy 4 schon altersbedingt dazu auserkoren eine Machte in den Bauch zu bekommen. Dass es nun ein Lichtschwert geworden ist, gibt höchstens noch mal einen Bonus in der Haltungsnote. Ich denke, es verdient einfach Respekt, dass er seinen Leinwandtod noch 7 Jahre rausgezögert hat. Sind wir mal ehrlich, es war an der Zeit. Der Mann ist über 70. Und von einem schöneren Lichtschwert hätte er ja nun wirklich nicht durchbohrt werden können.

Überraschender Weise hat mich die Szene zwar berührt, doch wirklich Tränen (der Nostalgie) hatte ich erst ganz am Ende in den Augen, als der äußerst charismatisch gealterte Luke am Rande dieser malerischen Klippe offenbart wird.

Also, was bleibt als Fazit zu sagen? Auch wenn Abrams hier teilweise etwas zu energisch Fan Service abgeliefert hat, so ist dieser Film doch eine verdammt runde Sache, an der ich gerade vergeblich Unreinheiten suche. Das verdient einfach volle Punktzahl. Auch nur einen Punkt abzuziehen, bei so viel liebevoller High End-Unterhaltung wäre meines Erachtens kleinkariert.
Trotzdem darf der nächste Film sich gerne wieder in etwas experimentelleres Terrain vorwagen. Der Midi-Chlorianer-Quatsch ist mittlerweile wegtherapiert und wir sind durch Episode 7 alle mehr oder weniger besänftigt. Wenn das Gerücht stimmt, dass nun jedes Jahr ein Star Wars-Film kommen soll, dann wäre ich für alle Herangehensweisen offen.

Ich bin auf jeden Fall überaus begeistert wie der Mythos der Jedi und der Hype um Star Wars generell wieder Fahrt aufgenommen hat durch Episode 7. Überall entstehen die tollsten Ableger und beinahe jede Branche weiß den Hype für sich zu nutzen. Siehe z.B. diesen Speedpainting-Künstler bei wirkaufendeinauto. Einen Darth Vader BMW würde ich sofort kaufen!

Während ich das hier schreibe, bin ich übrigens ziemlich durch den intergalaktischen Wind, da ich gestern aus Verzweiflung noch in die englische Originalfassung um nach Mitternacht gegangen bin und nur vier Stunden gepennt habe. Und in einer Stunde muss ich auch schon wieder los, um mir noch mal die deutsche Fassung reinzuziehen. Vielleicht schreibe ich dann hier noch ein Update über die Qualität der Synchronisation rein.

BTW, was mir gerade noch einfällt: Was mich persönlich am meisten zum Lachen gebracht hat, waren Kylo Rens Anger Management-Probleme. Ich hab mich weggeschmissen bei seinen kolerischen Anfällen! Was fandet ihr am witzigsten?

Über Thilo (1210 Artikel)
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