Carnival Row ist düster, sexy und bereits verlängert
Seit einigen Tagen fantasiere ich davon, dass eine Fairy-Dame vor Lust ganz wild mit ihren Libellenflügeln schlägt, während sie auf mir reitet.
Danke, Carnival Row.
Doch die neue Neo-noir-Fantasy-Krimi-Serie von Amazon hat noch etwas mehr zu bieten, als die recht plakativen Sexszenen, die uns wohl daran erinnern sollen, dass wir eine Serie für Erwachsene eingeschaltet haben.
Ich gestehe, dass ich als alter Anglist und Fan des viktorianischen Zeitalters in erster Linie durch die Optik auf die Serie aufmerksam wurde. Das herrlich Düster-Dreckige der Stadt erinnerte mich stellenweise nicht umsonst an die Karlsbrücke und das umliegende Prag, denn genau dort wurde auch größtenteils gedreht. Durch die namensgebende Strasse „Carnival Row“, die als Brennpunkt der Handlung dient, führt außerdem eine Hochbahn, die dem viktorianischen Setting einen schönen Steam-Punk-Anstrich verpasst. Und letztlich hatten Satyren, die durch die Gassen stampfen, und umher flatternde Feen schnell mein Fantasy-Rollenspieler-Herz erobert. „The Burgue“ hätte für mich auch Greyhawk, Waterdeep oder sonst eine Stadt aus meinem Lieblings-Rollenspiel-Kosmos D&D sein können.
Doch worum geht es überhaupt in Carnival Row?
Carnival Row geht davon aus, dass Tír na nÓg und andere mystische Orte der „Anderswelt“ aus der irisch-keltischen Mythologie vollkommen real sind.
Da abseits der Haupthandlung ein Krieg tobt, flüchten sich viele Fabelwesen aus den Krisengebieten in die Stadt, „The Burgue“, wo infolgedessen politische und ethnische Spannungen zwischen Einwohnern und Migranten entstehen. In der Carnival Row ermittelt Orlando Bloom als Polizeibeamter Rycroft Philostrate (kurz Philo), um eine Mordserie aufzuklären, bis die flüchtige Fee Vignette Stonemoss (Cara Delevingne) auftaucht und ihn dazu zwingt sich mit einer Kriegsvergangenheit auseinanderzusetzen, die er eigentlich vergessen wollte.
3 Gründe Carnival Row zu schauen
1. Die tollen Schauspieler: Bisher kannte ich Legolas nur durch seine Rollen als Orlando Bloom und Will Turner. Schön, dass sich nun noch ein säuerlicher Detektiv dazu gesellen darf. Alle anderen Gesichter, egal ob mit Hörnern oder ohne, sind ebenfalls sehr hochkarätig besetzt. Teilweise mit Game of Thrones-Darstellern wie Indira Varma als Piety Breakspear.
2. Gothic-Steampunk-irgendwas: Auch wenn die Serie manchmal etwas selbstverliebt vor sich hin plätschert, ist ihre Atmosphäre stets sehr dicht. Wenn sich Fabelwesen auf den Türmen gotischer Kathedralen unterhalten und Monster in zwielichtigen Kanalisationstunneln gejagt werden, fällt es mir schwer mich zu langweilen. Eine Serie, an der Guillermo del Toro mitgewirkt hat, muss man ohnehin abhaken.
3. Adelsgehabe und Rassismus: Nicht neu und nicht gerade subtil in Szene gesetzt, aber durchaus sehr unterhaltsam. Carnival Row schafft es mühelos Rassismus als das lächerliche Gedankenkonstrukt zu entlarven, das es ist. Wenn Weiße UND Schwarze jemanden im Raum meiden, der ihnen an Manieren, Status und Lebenserfahrung weit überlegen ist, nur weil er Hörner hat, werden wir als Zuschauer von Wellen des Fremdschams hinfort gespült. Sehr interessant ist es in diesem Zusammenhang auch das Prinzip der Kreisform aller Dinge, bzw. der heimlichen Einheit der Gegensätze zu beobachten: Wenn etwas so hässlich ist, dass es schon wieder schön ist. Wenn etwas so sehr verabscheut wird, das man es am Ende lieben muss. So, wie es z.B. die sauberen Gentlemen vormachen, die sich gegen die Einwanderung der „Andersartigen“ aussprechen, im Verborgenen jedoch das Feen-Freudenhaus aufsuchen. Schaut es euch einfach an. Aber lasst es lieber, wenn euch Rassenvermischung ängstigt.
Eine weitere Staffel wird bereits produziert und ich freue mich auf einen weiteren Besuch in der Carnival Row.