Review: Thor ist bildgewaltig und humorvoll
Ich muss vorwegschicken, dass ich nie Thor Comics gelesen habe. Deshalb kann ich natürlich nicht beurteilen wie gut der Held aus dem Comic auf die Leinwand übersetzt wurde. Da ich jedoch die Edda mit ihrer Götterwelt sehr gut kenne, auf der die Comics ja aufbauen, kann ich nur vor Marvel den Hut ziehen. Maximal weit von der Realität entfernt und im Reich der Götter und Legenden angesiedelt, ist Thor sicherlich eine der kompliziertesten Comic-Verfilmungen der letzten Jahre.
Ich denke aber, dass der Film, im Rahmen der Möglichkeiten wie man so ein Projekt anfassen kann, ganz gut gelungen ist:
Ein paar winzige Spoiler liegen nun vor euch!
Ich denke, mit der Verpflichtung des britischen „Hamlet“-Regisseurs Kenneth Branagh hat Marvel eine unkonventionelle aber richtige Wahl für die Leinwandadaption seines Comicsuperhelden getroffen. Die Darstellung der Götter-Familie um Odin und seine Nachkommen weiß durch Branaghs Shakespeare-Erfahrung mit der richtigen Dramatik zu überzeugen. So hält sich der Film sogar grob an die aristotelischen Komponenten des klassischen Bühnendramas, komplett mit Katharsis-Moment des gefallenen Thor und Wiederaufstieg zum Gott.
Nun habe ich einige Stimmen gelesen, die behaupteten die Götter, insbesondere Thor, seien charakterlich zu flach und eindimensional angelegt. Zugegeben, Thor-Darsteller Chris Hemsworth gewinnt in seiner Rolle in erster Linie durch Aussehen und Physis. Doch was erwartet man von unsterblichen Göttern, die es nicht gewohnt sind, auf Wiederworte, ganz zu schweigen, auf Widerstand zu treffen? Wenn mein täglicher Job darin bestehen würde, Armeen von unwürdigen Monstern mit meinem Superhammer zu zerlegen, wäre meine Haupt-Charaktereigenschaft vermutlich auch Arroganz…
Aber gerade mit dieser Arroganz des Donnergottes spielt Branagh ganz gezielt und schafft so die richtige Mischung aus Comic-Relief und Ernsthaftigkeit. Der Kontrast zwischen den Götter-Allüren des stark unter Hybris leidenden Wikinger-Gottes Thor und der Bodenständigkeit seiner irdischen Umwelt sind köstlich. Vor allem dann, wenn Thor die große Klappe eines Gottes an den Tag legt, aber nicht mehr über die damit assoziierten Kräfte verfügt. Die daraus resultierenden Situationen möchte ich hier nicht vorwegnehmen, denn sie machen einen Großteil des Charmes dieses Films aus.
Alle anderen Charaktere sind ebenfalls recht gut getroffen und erfüllen Ihren Zweck. Einzig der Gott des Schabernacks, Loki, war mir in der Tat etwas zu eindimensional. Die Prinzen Thor und Loki (Tom Hiddleston) rivalisieren bereits seit ihrer Kindheit um die Gunst ihres übermächtigen Vaters Odin (Anthony Hopkins), dem Herrscher des Königreichs von Asgard. Was Loki jedoch anstellt, um an die Macht in Asgard zu gelangen, bzw. aus welchem Beweggrund, ist für den Gott des Chaos und der Schelmerei ein wenig dürftig ausgefallen, soll hier aber ebenfalls nicht vorweggenommen werden.
Natürlich liegt es auch in der Natur der Sache, wenn man versucht Geschichten aus der nordischen Götterwelt zu verfilmen, dass einige Story-Fetzen ein wenig unlogisch wirken. So fragt man sich beispielsweise, ob sich der Brückenwächter Heimdall als ewiger und unverrückbarer Wächter auf dem Bifröst nicht zu Tode langweilt. Immerhin kann er durch seine ihm angeborene Gabe jederzeit in alle Dimensionen und Galaxien blicken. Vermutlich ist es ihm in seiner Rolle als größter Spanner des Universums letztendlich doch nicht SO langweilig…
Noch kurz zur Optik des Films: Durch die Annahme, dass die „Götter“ nichts anderes sind, als hochentwickelte Außerirdische, bei denen Technik und Magie dasselbe sind, entsteht eine ganz eigene, aber wie ich finde, gelungene Welt. Asgard mit seinen fliegenden Türmen und erhabenen Gebäuden wirkt sehr majestätisch. Doch besonders die optische Umsetzung der Regenbogenbrücke „Bifröst“ als hochtechnologische Glasbrücke, die auf alle Welten und Planeten ausgerichtet werden kann, um die Asgard-Bewohner mittels Wurmlöchern (Subraumtunneln, Superlichtstrahlen…k.a.) reisen zu lassen, fand ich besonders gelungen. Nur den Aufschlag für die 3D-Vorstellung kann man sich getrost sparen – dank Nachkonvertierung halten sich dreidimensionale Aha-Effekte stark in Grenzen.
Diesmal gab es bereits während des Films viele Anspielungen auf den kommenden Avengers-Film. Doch für besonders Tapfere (nicht-Dumme) mit gutem Sitzfleisch gab es nach dem Abspann natürlich wieder den berühmten Auftritt von Samuel L. Jackson als Nick Fury. Wenigstens hat in dieser Szene auch der tückische Loki nochmal seine Finger im Spiel…
Fazit: 7 von 10 Regenbogenbrücken