The Shape of Water definiert Monsterliebe ganz neu

© Twentieth Century Fox

9 von 10 Fischeiern

Ich hatte schon viel von Guillermo del Toros Arthouse-verdächtigen The Shape of Water gehört, doch ihn noch in keinem Kino entdeckt. Kein Wunder, denn der Film bewegt sich mit seiner Thematik ein wenig am Mainstream vorbei. Fündig wurde ich gestern eher zufällig (nebenan ist ein Irish Pub…hust) im Programmkino meiner Kindheit, dem Rex Lichtspielhaus.  

Die Nostalgie bringt mich um…!

Da bin ich das letzte Mal für Ewoks – Kampf um Endor gewesen. Also vor einer halben Ewigkeit. Damals konnte mein Dreikäsehoch-Ich kaum über die Brüstung des Balkons in der ersten Etage schauen. Die Filme sind seitdem etwas weniger trashig geworden und sprechen eher die Zielgruppe der Möchtegern-Intellektuellen oder die Besoffenen aus dem Pub an. Was ja fast dasselbe ist. Die tiefgründigen und verstörenden Arthouse-Dramen haben dann so Namen wie „Der prätentiöse Rotwein des Mr. Snillesby“ oder „Tote Dichter im Baum des Seins“.

The Shape of Water ist jedoch trotz seines sicherlich vorhandenen Anspruchs, auch auf einer Popcorn-Ebene unterhaltsam genug, dass man ihn ruhig in den gängigen Kinos hätte unterbringen können.

Für mich hat Guillermo del Toro damit endlich das abgeliefert, was ihm trotz seiner vielen genialen Monsterfilme noch fehlte: DAS EINE Meisterwerk für die Nachwelt. Bisher war das für mich eigentlich Pan’s Labyrinth, doch die unverhoffte Liebe zwischen einer stummen Putzfrau und einem Kiemenmann vom Amazonas hat meinen Lieblingsfilm von del Toro nun vom Thron gestoßen.

In gewisser Weise scheint sich del Toro in der stummen Eliza Esposito (Sally Hawkins) selbst verkörpert zu haben. Denn seine faszinierte “Sprachlosigkeit” gegenüber Monstern, wird nur noch getoppt von seiner Liebe zu diesen, die im Film durchaus als „ausufernd“ bezeichnet werden kann.

© Twentieth Century Fox

Fans von ihm werden einige Einflüsse aus seinen bisherigen Filmen in Shape of Water wieder finden. Das Monster ist natürlich offensichtlich der Creature from the Black Lagoon (Der Schrecken vom Amazonas) entlehnt, weist jedoch – gerade durch seine Intelligenz – auch Züge des Hellboy-Fischmanns Abe Sapien auf. Beide Kiemenmänner werden übrigens von Doug Jones gespielt. Außerdem dürfen wir wieder Zeuge werden von Del Toro’s morbider Faszination für eklige (Gesichts-)wunden, die mir bei Pans Labyrinth schon Alpträume bescherte.

Ansonsten ist dieser Film einfach verdammt gutes Filmhandwerk. Er überzeugt durch wunderschöne Aufnahmen und gekonnte Kamerafahrten und Nahaufnahmen in sehr atmosphärischen Settings. Ich bin mir nicht sicher, aber ich glaube der Film hat zeitweise auch einen leichten Blau- oder Grünstich, um eine gewisse „Aquarium“-Optik auszustrahlen. Kann aber auch Einbildung gewesen sein. Die Musik der 60er Jahre und der Hintergrund des kalten Krieges tun ihr übriges, um zu der einzigartigen Atmosphäre beizutragen.

© Twentieth Century Fox

Ich möchte vom Inhalt eigentlich gar nicht so viel verraten. Doch wer mal einen etwas unkonventionelleren Monsterfilm zu schätzen weiß, der auf verstörende, aber auch wunderschöne Weise zeigt, wie Liebe jegliche Rassengrenzen einreißen kann, der sollte sich del Toros Oscar-Anwärter definitiv mal anschauen. Für mich nahezu perfekt der Film. Ein Unterwasser-Märchen auf dem Land.

Der Mann, der ja auch bei den Hobbitfilmen seine Finger im Spiel hatte und für einige meiner Lieblingsfilme, wie Pans Labyrinth, Pacific Rim, die Hellboy Filme oder Blade 2 verantwortlich zeichnet, hat mit The Shape of Water seiner eigenen Monster-Menagerie ein neues Juwel hinzugefügt. Klare Empfehlung. Aber nichts für Xenophobe.

Über Thilo (1205 Artikel)
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