Warum du für Red Dead Redemption 2 einen Therapeuten brauchst
Wieso sollte man bei so vielen Games auf der Platte noch brandneue Spiele kaufen? Man kommt ja kaum hinterher. Am besten man angelt sich eins aus dem riesigen Pile of Shame und wartet bis die neuen Titel günstig werden.
Was?! Red Dead Redemption 2 ist ab morgen draußen! Vielleicht hat’s der Saturn ja schon heute Abend!? Preis? Egal!!!
So viel zum üblichen Gedankengang der meisten Gamer wie mir am vergangenen Donnerstag. Mein Name ist Jörg und ich möchte heute in unserer kleinen Selbsthilfegruppe über die Gründe für den Verrat meiner Prinzipien sprechen.
Da wäre zum einen die atemberaubende Optik der Amerikanischen Pionierzeit. Schneeverwehte Winterlandschaften, schroffe Bergwelten, malerische Ebenen und die unwirtliche Wüste. Hier wird einiges geboten. Dazwischen noch kleine Dörfer und Städte, die man in dieser Detailverliebtheit vermutlich selten digital bewundern durfte.
In dieser offenen Spielwelt ist man im Gegensatz zum Vorgänger nicht alleine auf geheimer Mission unterwegs sondern als Teil einer Bande von Outlaws. Rockstar, die Macher von Red Dead Redemption 2, haben sich hier viel Mühe gegeben, damit diese Gang nicht nur bewaffnete NPCs für diverse Zug-, Kutsch- und Banküberfälle sind, sondern auch eine familiäre Gemeinschaft. Geht man durch das Lager der Gang kann man so unglaublich viele individuelle Dialoge hören und führen, dass man fast schon glauben will die gesamten 8 Jahre Entwicklung sind nur in das Storytelling geflossen.
Dieses beinhaltet auch eine zentrale Hauptstory will aber als umfassendes Gesamtwerk gesehen werden. Überall passiert etwas und die Umgebung reagiert darauf. Hatte man eine Barschlägerei, wird im Dorf darüber geredet, hilft man einem Fremden am Wegesrand aus einer Notlage, trifft man diese Person vielleicht später wieder in einer Stadt und es hat Auswirkungen in der Handlung. Auch das eigene Auftreten, ob in zerschlissenen Klamotten, blutbeschmiert oder nur dreckig, ruft verschiedene Reaktionen hervor.
Achtsamkeit statt Burnout im Wilden Westen
Es ist durchaus Absicht des Spiels einem dabei kleine Dinge auf die To Do Liste zu schreiben. Und wenn man in der Outlaw Gemeinschaft auch nur dem Nachwuchs beibringt zu Angeln. Klingt belanglos, hat aber große Wirkung.
Das Spiel möchte einen komplett in der Westernwelt versinken lassen. Dazu gehören das Ergänzen vieler kleiner Dinge und das Weglassen von großen Dingen, die man in Open World-Spielen fast schon fest erwartet. So kann man nicht mehr wie im Vorgänger zu jedem Wegpunkt per Schnellreise springen, wenn man ein Lager aufschlägt. Will man nicht zu einem der wenigen Bahnhöfe oder Stadtzentren, dann muss Outlaw Arthur, unser Alter Ego, durch die riesige Welt mit seinem Pferd reiten. Und dabei darauf achten, dass er und das Pferd genug essen. Keine Sorge, Survival Stress kommt nicht auf. Diese Mechaniken sollen helfen die Immersion zu erhöhen und entschleunigen das Spiel im Vergleich zu Red Dead Redemption 1 oder GTA V.
Vielleicht ist das auch das innovativste an dem Game und ein Trend für zukünftige Open World Titel. In den vergangenen Jahren wurden hier die Welten immer größer und die Geschwindigkeit immer höher um die großen Welten zu bereisen. Open World ist meistens eine Action Arcade Sandbox, bei der man vor lauter Hektik gar nicht tief genug in die schön gestaltete Welt eintaucht. Red Dead Redemption 2 ist Chillout-Wild West, um mit allen Zutaten in den Tiefen in der Welt zu versinken.
Aber keine Sorge, es wird auch geballert in Red Dead Redemption 2
Und zwar nicht zu knapp. Outlaws dürfen für Ihren Lebensunterhalt nicht zimperlich sein im Wilden Westen. Und die Gesetzgeber schon gar nicht. Zur Story wird an dieser Stelle aber nichts verraten.
Mit welchem Therapieprogramm komme ich jetzt am besten wieder von diesem wundervollen Westerntrip runter?
Ah ja, die Steuerung. Die ist wirklich zum Abgewöhnen. Klar ein Pferd ist kein Auto und mehr Realismus bedeutet auch mehr Möglichkeiten und damit mehr Menüs und Funktionen. Hier hätte ich aber wirklich mehr erwartet. Der eigene Weg von Rockstar, bei der Controllerbelegung von eingespielten Mechaniken abzuweichen, die fast alle Triple-A-Titel verwenden, tut sein Übriges. Und dann sind da noch die verschachtelten Menüs, um überhaupt mal heraus zu finden was man jetzt tun muss. Quest Log? Fehlanzeige. Dafür hat Arthur ein schönes, handgemaltes Tagebuch in dem nicht viel Aussagekräftiges steht. Immersiv, aber wenig hilfreich.
Ne, das reicht einfach nicht um einen Schatten auf dieses Game zu legen. Ich breche unsere Sitzung hier und jetzt ab, sattle meine Xbox und diskutier das Ganze mit meiner Gang weiter.
Giddy up!