Bumblebee hat mir schön den Arsch massiert
8 von 10 niedlichen Autobots
Kennt ihr diese „Rappelsitze“? Hier im Kino heißen die „D–Box Motion Seats“. Es gibt nur acht Stück davon in der Mitte des Kinosaals und man sitzt leicht erhöht über dem Pöbel. Ich fühlte mich unweigerlich wie Cpt. Picard auf der Brücke und schielte erwartungsfroh auf den „Schubregler“, der bereits auf Maximum eingestellt war.
Bumblebee erschien mir dabei als der richtige Film, um dieses „Dein Arsch fährt live mit“-Feature mal auszuprobieren. Doch die Action auf der Leinwand wurde über weite Strecken des Films eher zärtlich für meinen Hintern übersetzt. Das war eben kein Michael Bay-Schlachtengemälde aus Metall, sondern ein Feel Good-Familienfilm von Regisseur Travis Knight. Auch wenn der Anfang auf Cybertron mich kurz überlegen ließ, ob ich die D-Box nicht früher oder später deaktivieren würde, um nicht entweder zum Orgasmus zu kommen oder meinen Vordermann vollzukotzen, geriet der Sitze immer mal wieder länger in Vergessenheit.
Würde ich die 2€ Aufpreis nochmal bezahlen? Vermutlich nicht. Zwar bringt Maschinengewehrfeuer angenehm die Hose zum Vibrieren und Explosionen sind eine nette Massage-Funktion, doch der Effekt nutzt sich noch schneller ab als gutes 3D. Am meisten hat die D-Box immer dann zur Atmosphäre beigetragen, wenn das Mädel mit ihrem Käfer rumgetuckert ist und ich durch das sanfte Vibrieren den Eindruck hatte ebenfalls in der Karre zu sitzen.
Doch abgesehen vom Butt-Kicker, wie war denn Bumblebee?
Als erstes fiel mir dazu folgende Frage ein:
Was passiert, wenn sich ein Transformer zu lange Top Gear anschaut und dann mit vor Erregung kochendem Kühlwasser Herbie oder Dudu durchvögelt?
Yep, dann heißt das Kind mit den niedlichen Kulleraugen-Scheinwerfern Bumblebee.
Der nunmehr sechste Transformers-Film ist definitiv nicht mit den ermüdenden Action-Orgien von Michael Bay zu vergleichen. Bumblebee versteht sich als Prequel des ersten Transformers-Films von 2007, also des einzigen Beitrags zum Transformers-Universum, den man gesehen haben muss.
Die Ausgangslange ist hier eine völlig andere, denn Bumblebee erinnert weniger an einen kampferprobten Transformer, als einen Superkäfer für Mädchen, die gerade 18 geworden sind. Warum und wie das funktioniert, ist im Plot halbwegs nachvollziehbar gelöst: Nach einem schweren Kampf mit einem anderen Transformer sind Bumblebees Speicherbanken nahezu zerstört. Das führt dazu, dass er sich wie ein tollpatschiges Baby aufführt und viele Dinge erst wieder ganz neu lernen muss.
Damit ist die niedliche und humorvolle Grundlage geschaffen, die den gelben Käfer geradewegs in mein Herz fahren ließ. Komplementär dazu sitzt die goldige Hailee Steinfeld hinterm Steuer, die mich schon vor acht Jahren in True Grit begeistern konnte. Sie ist nicht nur hübsch, sondern spielt ihren Charakter auch besser als jeder andere menschliche Sidekick in jedem anderen Transformers-Film. Sorry, Shabo LaBeef.
Im Kern ist Bumblebee die Geschichte eines Mädchens, das versucht den Tod des leiblichen Vaters zu überwinden und ihren Platz in der Welt zu finden. Dazu schraubt sie erfolglos nächtelang an einem Sportwagen rum, den sie einst mit ihrem Vater wieder flott machen wollte. Doch anscheinend muss erst ein gelbes Auto vom Himmel fallen, das sich selbst reparieren und ihr Freund sein kann, um sie aus ihrem Trauma zu erwecken. Wer die Symbolik hier nicht sieht, hat wohl die längste Zeit seines Lebens in einem dunklen Kofferraum verbracht.
Dass die Geschichte an vielen Ecken und Enden an E.T. erinnert, ist vielleicht wenig verwunderlich, wenn man unter den Executive Producern von Bumblebee Steven Spielberg entdeckt.
Bumblebee kann aber auch anders
Doch natürlich gibt es auch ausreichend Action in Bumblebee, die natürlich kein anderer als Michael „Transformers“ Bay produziert hat. Den müsste man wohl irgendwo anketten, damit er bei einem Transformers-Film mal zu Hause bleibt.
Trotzdem wirkten die Kämpfe für mich weitaus weniger unübersichtlich und auch die Transformers selbst sahen cooler Weise eher aus wie das eigentliche Spielzeug aus den 80ern – ohne dabei jedoch in ihren Verwandlungen unglaubwürdig zu wirken.
Bumblebee nimmt sich als Film auch viel weniger ernst als die anderen Transformers-CGI-Schlachten. Als zwei Decepticons auftauchen und mal eben gerne das Satellitennetz der Erde benutzen möchten, bringt es der von John Cena verkörperte Armee-Futzi schön auf den Punkt: Die heißen DECEPTICONS… da ist „Täuschung“ drin, läutet das hier echt bei niemandem die Alarmglocken?“ Cena hat mir in diesem Tongue in Cheek-Umfeld besonders gut gefallen. Sein Kühlschrank-Kinn und Overacting ließen ihn mir fast wie eine lebende Actionfigur erscheinen. Buzz Lightyear aus Toy Story wäre vermutlich kein schlechter Vergleich…
Ansonsten ist Bumblebee einfach ein lustiger und stimmiger Film für die ganze Familie. Er erfindet kein Rad neu und hätte sicherlich eine durchschnittliche Bewertung verdient. Doch wenn er gnadenlos den 80er-Nostalgie-Hammer schwingt, trifft er bei mir immer die richtige Birne. Obwohl er das Setting um 1987 gar nicht mal so militant in den Vordergrund spielt wie z.B. Stranger Things. Die Atmosphäre entsteht einfach aus den Handlungen der Charaktere: Wenn ein Film in den 80ern spielt, dann glotzen eben ständig alle Alf und der halbstarke Sohn im Karateanzug droht regelmäßig mit tödlichen Schlägen in die Milz. Zu viel Karate Tiger und American Ninja…
Häufig rutscht bei mir ein Film einen ganzen Punkt in der Wertung nach oben, wenn er es schafft mich mit einem wohligen Gefühl aus dem Kino zu entlassen.
Und da ich mir nun nichts sehnlicher wünsche, als eine Kaffeemaschine dich mich auch mal in den Arm nehmen kann, würde ich sagen: Mission Accomplished.