The Orville ist ein besseres Galaxy Quest als Serie
Als ich das erste Mal davon hörte, dass Seth MacFarlane mit The Orville einen Star Trek-Spoof in der Röhre hätte, bei dem er als Regisseur, Drehbuchautor und Hauptdarsteller fungiert, war ich erstmal etwas skeptisch. Insgesamt mag ich natürlich MacFarlanes Mischung aus albernem und schwarzem Humor, doch manchmal uriniert er auch einfach etwas zu weit über den Tellerrand. Ich finde das war ein gar nicht so unpassendes Bild für seinen Humor. Während ich seinen lebenden Teddy in Ted 1 und 2 eigentlich ziemlich witzig fand, wurden ja andere Werke von ihm, wie A Million Ways to Die in the West (2014), auch schon mal zu recht runtergebügelt.
Doch The Orville schien mal wieder ein Volltreffer des Family Guy-Schöpfers zu sein.
Denn schon im Vorfeld der deutschen Erstausstrahlung waren von vielen englischsprachigen Seiten Lobeshymnen zu vernehmen, die The Orville im Vergleich zu Star Trek Discovery als die „bessere Star Trek-Serie“ anpriesen. Und nach nur zwei Folgen kann und möchte ich mich vorbehaltlos anschließen. The Orville ist geil, weil kompromisslos unterhaltsam, und Star Trek Discovery verblasst dagegen wie Raumpatrouille Orion gegen Star Wars.
Das hat verschiedene Gründe. Und die sind leicht zu benennen und kommen jetzt. Ohne Werbeunterbrechung.
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- Die Crew
Neben Captain Mercer (Seth Macfarlane) und dessen 1. Offizier und Exfrau Commander Kelly Grayson (Adrianne Palicki), habe ich jetzt schon jedes einzelne Crewmitglied lieb gewonnen. Sie sind alle so unterschiedlich und interessant, wie ich es von einem bunt durchgemischten Star Trek-Rassen-Universum erwarte. Während ich bei Star Trek Discovery eigentlich nur den asiatischen Captain, die genialer Weise sofort stirbt, und den wunderbar schrulligen Fischmann Commander Saru, der ständig mit seinen rassenbedingten Anxiety Issues zu kämpfen hat, mochte, gibt es bei The Orville so viele interessante Figuren: z.B. Isaac, den Roboter, der sich Menschen überlegen fühlt. Oder Sicherheitsoffizier und Beinahe-Kryptonier Alara Kitan, die auch schon mal Türen aus Angeln schlägt. Oder den Moclaner Bortus, der zur Fortpflanzung Eier legt. Oder… jeden beliebigen anderen aus der Crew.
- Story und Philosophie
Auch hier komme nicht natürlich nicht umhin den Direktvergleich zu Star Trek Discovery zu suchen. Das „böse“ Paralleluniversum, das die Discovery per Sporen-Antrieb unfreiwillig erreicht, war sicherlich nicht jedermanns Sache. Und ob die Crew des Schiffs wirklich immer so gehandelt hat, wie man es von erwachsenen Wissenschaftlern eines fortschrittlichen Jahrhunderts erwarten würde, darf wohl auch bezweifelt werden (siehe dazu meinen kurzen Erguss).
The Orville hingegen belastet sich (bis jetzt) gar nicht erst mit einer schweren Metastory, sondern fühlt sich mit seiner Monster- bzw. Adventure of the Week-Struktur eher wie Star Trek TNG an:
Im Jahr 2419 übernimmt Ed Mercer das Kommando des Forschungsraumschiffs Orville. Mit seiner aus Menschen und Außerirdischen bestehenden Crew soll er nun verschiedene Abenteuer bestehen.
Betörend simpel. Doch damit thematisch auch sehr flexibel. Was jetzt schon an moralischen Seitenhieben ausgeteilt und an philosophischen Exkursen gefahren wurde, hat mich für eine Comedy Serie wirklich überrascht. Machtmissbrauch, Rassenhass, Verblödung durch die Medien und viele andere schwerer verdauliche Themen wurden bereits, trotz allen Humors, mit dem nötigen Respekt und Ernst behandelt. Bravo. Davon konnte Discovery, die EIGENTLICHE Star Trek-Serie, so gut wie nichts aus dem Hut zaubern.
- Humor
The Orville ist nicht (immer) ganz so schrullig-albern wie seinerzeit Galaxy Quest, aber natürlich auch Lichtjahre von der „Ernsthaftigkeit“ eines Star Trek Next Generation entfernt. Trotzdem nimmt es sich selbst durchaus ernst (siehe auch Punkt 2) und würzt den Humor nur an den richtigen Stellen rein. Häufig entstehen auch dadurch lustige Situationen, dass die Charaktere einfach herrlich menschlich sind und das auch schonungslos offen mitteilen. Wenn z.B. Offiziere in einem heftigen Gefecht die Befürchtung haben, dass sie „heute nicht pünktlich um 17.00 Uhr Feierabend machen können“, dann sagen sie das auch. Klar schlägt immer mal wieder Macfarlanes „Untenrum-Humor“ durch, doch es hält sich sehr im Rahmen und ist häufig mit zuvor erwähnter „Menschlichkeit“ verbunden. Ich empfand es sogar als unglaublich erfrischend, unverkrampft und progressiv, dass die Mitglieder der Orville-Crew kein Blatt vor den Mund nehmen. Denn man sollte doch meinen, dass im goldenen Zeitalter der Raumfahrt und Wunscherfüllung per Knopfdruck am Replikator, ein Großteil des menschlichen Maskenspiels, inklusive gespielter Seriosität und alberner militärischer Etikette, zu den Akten gelegt und durch Aufrichtigkeit ersetzt wurde. So viel Erleuchtung erwarte ich einfach von der Zukunft der Menschheit.
Abschließend bleibt mir also wirklich keine andere Wahl als The Orville als die derzeitig „beste Star Trek-Serie“ zu küren. Der Humor ist für mich dabei ein unterhaltsamer Bonus. Wenn die Staffel so weitergeht, werde ich doch noch zum richtigen Trekkie. Nur nicht durch eine Star Trek-Serie. Um diesen „Spuck“ von Star Wars zu zitieren: Faszinierend.